Historische PremiereNach Aufhebung der Immunität – das droht Roger Köppel
Die Immunitätskommission des Nationalrats will, dass die Behörden gegen SVP-Nationalrat Roger Köppel ermitteln dürfen. Er würde aber nur milde bestraft, sagen Experten.
Darum gehts
Es ist das erste Mal, dass die seit 2012 bestehende Immunitätskommission des Nationalrats einem amtierenden Mitglied des Parlaments die Immunität abspricht. Am Mittwochnachmittag hat sie es im Fall von SVP-Nationalrat Roger Köppel getan, wie Kommissionspräsidentin Aline Trede (Grüne) vor den Medien sagte.
Mit fünf zu drei Stimmen bei einer Enthaltung habe die Kommission nach einer längeren Diskussion entschieden, dass die Bundesbehörden gegen Roger Köppel ermitteln dürfen, nachdem er mutmasslich Informationen aus der aussenpolitischen Kommission in einem Video-Talk preisgegeben hatte. Im Fall von Nationalrat Fabian Molina (SP), der an einer unbewilligten Demonstration teilgenommen hatte, tritt die Kommission nicht auf das Gesuch um Aufhebung der Immunität ein. Die Demo-Teilnahme habe nichts mit seinem Amt zu tun, entschied die Kommission.
Köppel droht eine bedingte Geldstrafe
Doch was geschieht nun mit Roger Köppel, wenn auch die Rechtskommission des Ständerats die Immunität aufhebt? Laut Strafgesetzbuch kann er mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden. Rechtsexperten sind sich jedoch einig, dass die Strafe relativ mild ausfallen wird. «In der Schweiz bekommen Ersttäter in der Regel bedingte Strafen», sagt Nora Markwalder, Strafrechtsprofessorin an der Universität St. Gallen. Eine Gefängnisstrafe sei ohnehin nicht denkbar, denn die gebe es nur für schwere Delikte.
Der Zürcher Anwalt und Strafrechts-Experte Amr Abdelaziz beurteilt die Situation ebenso: «Aufgrund der Strafandrohung im Gesetz und da Herr Köppel nicht vorbestraft sein dürfte, wird ihm wohl lediglich eine bedingte Geldstrafe drohen.» Wie hoch diese ausfalle, sei abhängig von verschiedenen Faktoren wie dem Verschulden und den Vermögensverhältnissen. «Gut situierte Personen werden zu höheren Geldstrafen verurteilt als Armengenössige.»
«Konfliktträchtige Kombination»
Dass er sein Nationalratsmandat verlieren könnte, wegen einer solchen Strafe, sei unwahrscheinlich, sagt Abdelaziz. «Dies nur dann, wenn seine Wählerinnen und Wähler ihn bei den Erneuerungswahlen abstrafen würden. Davon gehe ich aber nicht aus.»
Mitte-Nationalrat Alois Gmür sieht ein Problem in der Doppelrolle von Roger Köppel. Auch Urs Saxer, Professor für Verfassungs- und Medienrecht an der Universität Zürich, beurteilt die Kombination von Politik und Journalismus als «konfliktträchtig», wie er sagt. «Roger Köppel hat darin nie ein Problem gesehen, doch jetzt ist er reingelaufen.» Das werde für ihn selbst keine verheerenden Konsequenzen haben, doch der Vorfall sei ein Zeichen: «Es handelt sich hier um einen Rollenkonflikt. Ich sage nicht, dass Medienschaffende sich nicht mehr in politische Ämter wählen lassen dürfen. Aber man muss diese Rollen dann konsequent auseinanderhalten und sich vielleicht einmal auf die Zunge beissen.»