Mordversuch in Laufner AltersheimNach dem Morgentee war sie für sechs Tage auf der Intensivstation
Eine Ex-Pflegerin eines Laufner Altersheims muss sich wegen versuchten Mordes an einer Bewohnerin vor dem Strafgericht verantworten. Eine Arbeitskollegin ist wegen Gehilfenschaft angeklagt.
Darum gehts
Im Winter 2018 musste eine Bewohnerin eines Laufner Altersheims nach einer Vergiftung hospitalisiert werden.
Das Gift in den Tee gemischt hatte ihr mutmasslich ihre Vertrauenspflegerin.
Das Tatmotiv dürfte Geld gewesen sein. Die betagte Dame hatte der Beschuldigten eine Vollmacht über ein «geheimes» Konto gegeben.
Die Pflegerin und eine Arbeitskollegin müssen sich nun wegen versuchten Mordes und Gehilfenschaft vor Gericht verantworten.
Sollte nach ihrem Tod noch Geld auf dem Konto sein, dürfte sie darüber verfügen, eröffnete die alte Dame ihrer Vertrauenspflegerin im Laufner Altersheim Rosengarten am 8. August 2018. Sie übergab ihr eine Vollmacht für das Konto, auf dem sich an jenem Tag noch 80’739,45 Franken befanden, damit sie ihr im Bedarfsfall Taschengeld besorgen könnte. Niemand sonst, weder ihre Kinder noch ihr Treuhänder hätten Kenntnis von der Existenz dieses Kontos, verriet sie der Pflegerin ausserdem.
Die 32-Jährige überlegte nicht lange und fasste gemäss Anklageschrift der Baselbieter Staatsanwaltschaft spätestens am 5. September den Entschluss, die alte Dame zu töten, um auf das geheime Konto zuzugreifen und das Vermögen für sich zu nutzen. Drei Jahre später muss sie sich nun ab Montag wegen mehrfachen versuchten Mordes, versuchter vorsätzlicher Tötung, Veruntreuung und entsprechender Vorbereitungshandlungen vor dem Basler Strafgericht verantworten. Mitangeklagt ist auch eine Arbeitskollegin der Ex-Pflegerin wegen Gehilfenschaft.
Sie bemerkte das braune Pulver und ass nur den Lachs
Was ist schief gelaufen? Die Beschuldigte recherchierte, wie sie die vermögende alte Dame vergiften könnte und informierte sich über die Herstellung von Rizin. Dafür benutzte sie offenbar nicht nur ihr iPhone, sondern auch einen Arbeitscomputer. Ihrer mitbeschuldigten Arbeitskollegin erzählte sie, sie plane ihren Ehemann zu vergiften. Ihre Eheprobleme waren der Kollegin schon länger bekannt. Die 45-Jährige schien aber ein schlechtes Gewissen zu haben. Am 6. September googelte sie: «Wann ist Mitwisserschaft strafbar? Ist Mitwisserschaft von einem Mord strafbar?»
Laut Anklage ist jedoch nicht klar, ob sie je in den tatsächlichen Plan ihrer Arbeitskollegin eingeweiht wurde, die vermögende Bewohnerin zu töten oder stets davon ausging, dass das Mordkomplott dem Ehemann galt.
Tat es aber nicht. Am 13. September kam es zum ersten Versuch, die alte Dame zu vergiften. Diese schickte ihre Vertrauenspflegerin nichtsahnend in die Gourmessa-Abteilung der Migros, um belegte Brötchen zu kaufen. Die Pflegerin präparierte die Brötchen danach vermutlich mit Rizinussamen-Pulver, das sie auf die Mayonnaise streute und danach wieder mit Lachs und Crevetten bedeckte. Die alte Dame bemerkte das braune Pulver aber und ass nur Lachs und Crevetten und warf den Rest weg.
Beim zweiten Versuch am 19. September mit einem präparierten Erdbeertörtchen ass sie immerhin die Hälfte, was sie in der folgenden Nacht bereute, es brachte sie aber nicht um.
Nach dem Tee sechs Tage auf der Intensivstation
Am 1. Dezember setzte die Pflegerin zum dritten Versuch an. Diesmal mischte sie das Gift, mutmasslich wieder Rizinussamen-Pulver, in den Morgentee. Um 9.47 Uhr zeigte die alte Dame Vergiftungssymptome und war kaum mehr ansprechbar. Unverzüglich wurde sie ins Universitätsspital Basel gebracht, wo sie sechs Tage lang auf der Intensivstation behandelt wurde.
Wie die mordverdächtige Pflegerin und ihre mutmassliche Gehilfin aufflogen, ist der Anklage nicht zu entnehmen. Bekannt ist aber, dass das Opfer Anzeige erstattete, weil ihre Vertrauenspflegerin 20’000 Franken von ihrem geheimen Konto abbuchte, womit sie unter anderem private Schulden bezahlte. Am 28. Dezember wurde sie in Untersuchungshaft genommen und Ende Januar 2019 wurden die Mordversuche publik.
Bei Bewerbung Strafregisterauszug
Heimleiter Michael Rosenberg zeigte sich zutiefst erschüttert über die Vorfälle in seinem Heim. Als Folge davon, werden seither von neuen Mitarbeitenden Strafregisterauszüge verlangt und Referenzen eingeholt. «Trotzdem können wir den Menschen nicht in den Kopf schauen», sagte er damals. Alle Mitarbeitenden seien ausserdem laut einer Charta, die 2010 vom Dachverband der Schweizer Heime und Institutionen Curaviva ausgearbeitet wurde, verpflichtet, Verstösse umgehend zu melden.
Die Hauptverhandlung vor dem Baselbieter Strafgericht ist auf zwei Tage angesetzt. Das Urteil wird voraussichtlich am Donnerstag eröffnet. Für die Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.
Bist du oder ist jemand, den du kennst, von sexualisierter, häuslicher, psychischer oder anderer Gewalt betroffen?
Hier findest du Hilfe:
Polizei nach Kanton
Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz
Lilli.ch, Onlineberatung für Jugendliche
Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein
Zwüschehalt, Schutzhäuser für Männer
Agredis, Gewaltberatung von Mann zu Mann, Tel. 078 744 88 88
LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147