Wie im MittelalterNach Katzenbiss die Pest bekommen
Paul Gaylord ist dem Tod gerade noch von der Schippe gesprungen: Der Vietnam-Veteran erkrankte im US-Bundesstaat Oregon am Schwarzen Tod, nachdem ihn ein hilfsbedürftiges Büsi gebissen hatte.
Paul Gaylord ist hart im Nehmen. Der Vietnam-Veteran geht nicht sofort zum Arzt, wenn es ihm schlecht geht, schreibt die «Seattle Times». Wenn der 59-Jährige den Doktor konsultiert, ist es also ernst. Nach einem Büsi-Biss wird zuerst die Katzenkrankheit bei ihm festgestellt, doch die Medizin hilft nicht. In einem anderen Krankenhaus folgt später die Schock-Diagnose: Paul hat die Pest.
Paul wollte bloss Büsi Charlie helfen
Eingefangen hat er sich die Plage am 2. Juni, als er einer Katze helfen wollte, die an einer Maus zu ersticken drohte. So sehr er auch im Rachen des Tieres zog und rückte: Er konnte das Tier namens Charlie nicht von dem Nager befreien, der ihm die Luft abschnitt. Stattdessen biss das Büsi bei der Aktion mehrmals in Pauls Hand. Der Ex-Soldat gab dem Vierbeiner schliesslich den Gnadenschuss und begrub ihn im Vorgarten.
Am 4. Juni erwachte Paul mit Schüttelfrost und Fieber. Er besuchte ein spezielles Veteranen-Spital, doch weil so viele Patienten da waren, ging er unverrichteter Dinge nach Hause. Am Folgetag war ihm bereits derart schlecht, dass er eine Notfallklinik aufsuchte, wo die Fehldiagnose Katzenkrankheit gestellt wurde. Die Medikamente bewirkten keine Besserung – im Gegenteil. Ihr Bruder habe in Schweiss gebadet, sagte Diana Gaylord: «Sein Lymphknoten unter dem Arm war auf die Grösse einer Zitrone angeschwollen.»
«Ich werde alle Finger an beiden Händen verlieren»
Paul besucht abermals das Spital und wird an ein anderes Krankenhaus verwiesen. Hier bekommt er die korrekte Diagnose: Paul hat die Pest. Er wird nach Bend, Oregon, in eine grössere Klinik verlegt, wo er einen Monat lang mit dem Tod ringt. «Die Ärzte sagten, er werde es nicht schaffen», erinnerte sich seine Nichte Andrea Gibb im Gespräch mit dem US-Sender MSNBC. «Es gab Höhen und Tiefen, aber er war sehr stark.»
Nun erholt sich der Schweisser langsam von der üblen Krankheit. Wer aber sagt, Paul sei glimpflich davongekommen, vergisst, wie schwerwiegend die Pest ist. «Ich glaube nicht, dass ich meinen Job noch machen kann», sagte Paul laut «Seattle Times». «Ich werde alle Finger an beiden Händen verlieren. Ich weiss nicht, was mit den Daumen ist. Die Zehen, die werde ich vielleicht auch alle verlieren.»
Katzen sind oft Überträger
Der Schwarze Tod gilt im Westen als weitgehend ausgerottet. Im Südwesten der USA kommt es aber pro Jahr immer noch zu sieben bis zehn Erkrankungen. Präriehunde gelten dort als Pest-Reservoir. Flöhe, Mäuse und auch Katzen werden von ihnen infiziert und übertragen dann die Bakterien auf den Menschen. Grössere Epidemien gibt es heute «nur» noch in Afrika.
Pauls Familie sammelt nun Geld für den Patienten, denn sein Eigenheim ist ziemlich feucht und schimmelig. Nicht gerade die ideale Umgebung für ein angegriffenes Immunsystem. Doch wenn Paul wieder zu Hause ist, setzen die Gaylords nicht nur auf monetäres, sondern auch auf göttliches Erbarmen, so Schwester Diana. Eigentlich seien sie ja keine Kirchgänger. «Wir beten so, wie wir wollen. Aber jetzt weiss ich nicht mehr.» Nun will sie ihr Verhältnis zur Kirche noch einmal überdenken.