BaselNach Lockerung des Bettelverbots «tummeln» sich Banden in der Stadt
Wirkt ausgerechnet das neue Basler Übertretungsstrafgesetz auf organisierte Bettelbanden wie ein Magnet? Kaum sei es im Juli in Kraft getreten, tummelten sich die Banden wieder in der Stadt, stellt der Basler CVP-Präsident Balz Herter fest. Die Polizei relativiert.
Darum gehts
- In Basel ist seit dem 1. Juli nur noch bandenmässiges Betteln verboten.
- Auf Twitter stellt der Basler CVP-Präsident nun fest, dass sich osteuropäische Bettlerbanden nun wieder in der Stadt tummeln.
- Die Sanktionierung von bandenmässiger Bettelei sei in der Praxis schwierig, erklärt die Polizei.
«Als ob wir es geahnt hätten: Kaum ist das gelockerte Übertretungsstrafgesetz in Kraft, tummeln sich wieder osteuropäische Bettlerbanden in Basel», schrieb der Basler CVP-Präsident Balz Herter vor wenigen Tagen auf Twitter. Der Post zog eine Lawine an Reaktionen nach sich. So wurde etwa der ehemalige Basler Stadtentwickler Thomas Kessler beim Lunch im Kleinbasel gestört. «In kurzem Abstand kamen mehrere aufsässige Bettler. Sie waren offensichtlich organisiert», schreibt er. Andere berichten von Bettelbanden am Bahnhof oder Claraplatz.
Könnte es sich nicht auch um einen Post-Lockdown-Effekt handeln? «Es ist sicher beides», sagt Herter. «Es war aber lange nicht mehr so auffällig.» Diesen Eindruck bestätigt die Kantonspolizei nur teilweise. Tatsächlich stelle man seit der Wiedereröffnung der Landesgrenzen eine Zunahme von bettelnden Personen fest, heisst es auf Anfrage. Das sei aber auch schon früher so gewesen in den Sommermonaten, darum sei es zu früh, um einen Zusammenhang mit dem Übertretungsstrafgesetz herstellen zu können. Wie sich dies mittelfristig auf die Anzahl Bettler auswirken werde, lasse sich noch nicht sagen.
Aus Polizeikreisen weiss Herter aber, dass es die neuen Bestimmungen im Übertretungsstrafgesetz schwierig machen, die Bandenmässigkeit zu beweisen. Auf dieses Problem wies schon Justizdirektor Baschi Dürr in der Vernehmlassung hin.
Gerichtsfester Beweis in der Praxis schwierig
«Ein gerichtsverwertbarer Nachweis nach einem begründeten Anfangsverdacht lässt sich nur durch Prüfungen jedes Einzelfalls und allfälliger Zusammenhänge erbringen», schreibt Polizeisprecher Martin Schütz auf Anfrage. Das sei in der Praxis – etwa mit Blick auf die Aussagebereitschft der Betroffenen – komplex und aufwendig. In den ersten knapp drei Wochen, in denen das revidierte Übertretungsstrafgesetz nun in Kraft ist, ist denn auch noch keine einzige Sanktion in diesem Zusammenhang ergangen.
Für Herter kaum ein Zufall. Er ist sich sicher: «Diese Banden sind gut organisiert und schauen sich die Gesetzeslage ganz genau an.» Braucht es also Nachbesserungen? Dazu äussert sich der CVP-Politiker nur zurückhaltend. Zuerst wolle er mit der Polizei das Gespräch suchen.
Betteln erlaubt
Anders als viele Schweizer Städte kennt Basel seit dem 1. Juli 2020 kein allgemeines Bettelverbot mehr. Dieses wurde mit dem neuen Übertretungsstrafgesetz abgeschafft. Verboten ist in Basel nur noch das bandenmässige Betteln. So wird nur noch gebüsst, wer «andere zum Personen zum Betteln schickt oder als Mitglied einer Bande handelt». Just der Nachweis der Bandenmässigkeit wurde von der SVP scharf kritisiert. Die Bandenmässigkeit sei kaum nachzuweisen, Basel würde so zu einem Mekka krimineller Bettlerbanden aus Osteuropa, fürchtet die Partei. Mit dem neuen Gesetz würden die Lebensrealitäten von Menschen am Rande der Gesellschaft entkriminalisiert, argumentierte die SP. Im November 2019 wurde das neue Übertretungsstrafgesetz von 56,1 Prozent des Basler Stimmvolks angenommen.