Nachfolge Alain BersetFrist abgelaufen – so stehen die Chancen der SP-Bundesratsanwärter
Bis Sonntagmittag konnten sich Interessierte für die Berset-Nachfolge melden. Nun werden die fünf Bewerber und eine Bewerberin auf Herz und Nieren gecheckt. Wir ordnen die Chancen ein.
Darum gehts
Fünf Männer und eine Frau wollen die Nachfolge von Alain Berset antreten.
Wir bringen dir die Übersicht und zeigen, wer welche Vor- und Nachteile mitbringt.
Zuerst müssen die Kandidierenden aber die eigene Partei überzeugen, um aufs Ticket zu kommen.
Das Rennen um die Nachfolge von Alain Berset geht in die heisse Phase. Seit dem Anmeldeschluss durchleuchtet die parteiinterne «Prüfungskommission» die Kandidatin und die Kandidaten auf etwaige Leichen im Keller, bevor diese sich an vier öffentlichen Hearings dem Volk vorstellen.
Gleichzeitig weibeln die Kandidierenden intensiv um Unterstützung in den eigenen Reihen, denn bevor sie von der Bundesversammlung gewählt werden, müssen sie es aufs Ticket der SP schaffen.

Daniel Jositsch (SP)
20min/Matthias SpicherDaniel Jositsch, Ständerat Zürich
Jositsch ist im Volk der beliebteste Anwärter, das zeigt auch die Nachwahlbefragung von 20 Minuten und Tamedia. 26 Prozent würden ihn wählen, Jon Pult folgt als Zweitbeliebtester der Antretenden, allerdings abgeschlagen mit nur sieben Prozent. Doch Jositsch hat ein Problem. SP-intern nimmt ihm die Fraktion sein Verhalten im letzten Jahr, als er für die Nachfolge von Simonetta Sommaruga kandidierte, immer noch übel. Er düpierte damals die Fraktion, sagt Polit-Analyst Mark Balsiger. «Wenn Jositsch es aber auf das Ticket schafft, ist er gewählt», sagt Balsiger weiter. Denn seine liberalere Haltung macht ihn bei Bürgerlichen beliebt. Und auch von seinem Format her könnte er das Amt jedenfalls ausfüllen, sagt der Analyst weiter: «Ich kenne niemanden, der sagt, Jositsch sei nicht fähig. Damit gehört er zu einer ganz kleinen, exklusiven Gruppe im Parlament.»

Jon Pult (SP)
20min/Matthias SpicherJon Pult, Nationalrat Graubünden
Er sei ein Schwergewicht in Parlament und Partei – obwohl er erst seit vier Jahren im Nationalrat sitzt, sagt Balsiger. Er gilt als sattelfest in seinen Dossiers und könne auf Podien oder in der «Arena» äusserst dynamisch reagieren. Auch traut ihm Balsiger zu, sich schnell in neue Dossiers einzuarbeiten. Und zu guter Letzt sei er «stammtischtauglich», sagt der Polit-Analyst. «Er ist ein Menschenfreund.»
Pults grösste Nachteile: Er ist mit 39 Jahren noch sehr jung. Und er hat wenig Exekutiv-Erfahrung vorzuweisen. «Ein Junger bleibt womöglich lange im Amt und steht allen im Weg, die auch gerne irgendwann einen Platz in der Regierung anstreben», sagt Mark Balsiger.

Beat Jans (SP)
20min/Stefan LanzBeat Jans, Regierungsrat Basel
Er bringt viel mit, was es für die Landesregierung braucht. Er hat in der Basler Regierung ein schwieriges Departement übernommen, welches er gut führe, heisst es weitherum. Zudem geniesst er einen guten Ruf im Nationalrat, dem er bis 2020 angehörte. Balsiger bringt noch einen weiteren Punkt: «Beat Jans stammt nicht nur aus dem akademischen Klüngel der SP. Er machte zunächst eine Lehre zum Landwirt und studierte erst später an die ETH.» Mit den Bauern hat er aber keine einfache Beziehung, sagt Balsiger weiter. Er sei ihnen als Nationalrat ein paar Mal «an den Karren gefahren», so der Analyst.
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Evi Allemann (SP)
20 MinutenEvi Allemann, Regierungsrätin Bern
Sie ist «durch und durch Politikerin», sagt Mark Balsiger. «Sie wurde so jung in den Nationalrat gewählt, dass sie seit jeher als Berufspolitikerin gilt. Sie wirkt aber trotzdem immer noch erfrischend», so der Analyst. Mit 45 Jahren sei sie mit im perfekten Alter, und zudem hat sie zwei Kinder im schulpflichtigen Alter, das macht sie für die SP-Basis zum idealen Aushängeschild. Wie Jositsch, war auch Allemann Teil des sozialliberalen Flügels, das macht sie wählbar für Bürgerliche. Ein Nachteil ist ihre Berner Herkunft, der Kanton ist mit Albert Rösti bereits im Bundesrat vertreten.
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Roger Nordmann (SP)
20min/Matthias SpicherRoger Nordmann, Nationalrat Waadt
Als Fraktionspräsident gelang es ihm, viel Aufmerksamkeit zu erhalten. Er ist darum in Bundesbern bekannt und gut vernetzt über die Parteigrenzen hinaus, ausserdem hat er sich als Energie-Politiker einen Namen gemacht. Sein Nachteil: Er ist Romand und die lateinische Schweiz ist derzeit im Bundesrat übervertreten. «Aber ich bin sicher, er hat gut durchgerechnet, ob er Chancen hat», sagt Mark Balsiger. Ein Handicap dürfte etwas anderes sein: Er gilt als übermotiviert, «im direkten Umgang bekunden einige Mühe mit seiner Art», sagt Balsiger.

Matthias Aebischer (SP)
20min/Stefan LanzMatthias Aebischer, Nationalrat Bern
Seine Kandidatur hatte ihm und der Berner SP noch mal Schub für die nationalen Wahlen gegeben, sagt Mark Balsiger. Wenn er es nun nicht aufs Bundesrats-Ticket schaffen würde, sei das keine Niederlage für ihn. Aebischer ist ein Quereinsteiger, der es geschafft hat, in der Profi-Politik Fuss zu fassen. Allerdings stehe er in der Fraktion nicht zuvorderst, das könnte zum Nachteil werden, zudem kommt er aus Bern, und dieser Kanton stellt bereits einen Vertreter im Bundesrat. Aebischer könnte seine Popularität durch die Kandidatur aber nutzen, um nächstes Jahr in den Berner Gemeinderat, die Stadtregierung, zu wechseln, vermutet der Analyst. Dort stehen nächstes Jahr Wahlen an.
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