607 Kinder in Quarantäne«Negativ getestete Kinder sollen weiterhin zur Schule gehen dürfen»
In Lenzburg bleibt aufgrund mehrerer Coronafälle das Primarschulzentrum zehn Tage geschlossen, 29 Klassen müssen bis Mitte September zuhause bleiben. Was sagen die betroffenen Eltern dazu?
Die Co-Schulleiterinnen Doris Lehmann und Linda Villiger der Primarschule Angelrain äussern sich zu den Covid-Fällen.
dkDarum gehts
In Lenzburg AG stiegen die Covid-Fälle im Primarschulzentrum Angelrain in den letzten Tagen und Wochen rasant an.
Wie das Departement Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau informierte, sei man mit den Testkapazitäten an den Anschlag gelangt.
Daher habe man sich dazu entschieden, die ganze Primarschule und die drei Kindergartenklassen zu schliessen und die Kinder unter Quarantäne zu stellen.
Noch am Montag waren alle vierten Klassen der Schule zu Besuch bei der örtlichen Feuerwehr.
Betroffene Eltern äussern nun Kritik.
Die 607 Schülerinnen und Schüler der Lenzburger Primarschule Angelrain müssen in den nächsten zehn Tagen zuhause bleiben - aufgrund mehrerer Corona-Infektionen wird die Schule bis zum 16. September geschlossen, wie das Aargauer Gesundheitsdepartement am Dienstagmorgen bekannt gab.
Bei den betroffenen Eltern, die am Montagabend über die Massnahme informiert wurden, sei man nicht nur auf Verständnis gestossen, sagen die Co-Schulleiterinnen Linda Villiger und Doris Lehmann im Gespräch mit 20 Minuten (siehe Video oben). Laut einer betroffenen Mutter* von zwei Schulkindern habe es sich abgezeichnet, dass die steigenden Corona-Fälle in der Schule ausser Kontrolle geraten: «Mit eine Rolle spielte etwa, dass die Schule nach den Sommerferien positive Corona-Fälle zunächst gar nicht den Eltern kommunizierte und so eine Eindämmung der Verbreitung verunmöglichte.» So habe man keine Chance gehabt, Massnahmen zu ergreifen, um das eigene Umfeld zu schützen.
Schule für getestete Kinder
Zudem seien repetitive Tests im Vergleich zu anderen Schulen erst spät eingeführt worden. «Was ganz krass ist: Bei einem positiven Pool-Test in einer Klasse werden Einzeltests angeordnet. Bis das Resultat des Einzeltests eintrifft, bleiben jedoch alle trotzdem in der Schule», sagt die Mutter. «Es ist ziemlich unverständlich, wieso man die ganze Klasse nicht nach Hause schickt, bis klar ist, welche Kinder positiv sind.» Bei all diesen Schnitzern müsse man sich nicht wundern, wenn der Kanton die Schule schliesst, so die Frau.
Ihrer Meinung nach müsste man den Schulbetrieb für die negativ getesteten Schülerinnen und Schüler jedoch weiterhin aufrechterhalten: «Eltern, die ihre Kinder nicht testen lassen wollen, sollen die vollen Konsequenzen tragen und sie bei positiven Pool-Tests in Quarantäne nehmen.»
«Ich bin mittlerweile für eine Durchseuchung»
«Es ist eine sehr schwierige Situation», sagt eine weitere Mutter*. Sie und viele andere Mütter seien berufstätig und müssten sich nun neu organisieren. «Einige haben Nannys organisiert, jene, die können, arbeiten von zuhause aus.» Immerhin habe ihr Sohn und die anderen Schülerinnen und Schüler für die schulfreie Zeit Lernmaterial und Aufträge für die einzelnen Tage zu Hause erhalten.
Eine andere Mutter* kann sich die Betreuung zwar temporär gut organisieren - macht sich aber Sorgen um die Zukunft der Schulen: «Nach den Herbstferien sind wir wieder genau gleich weit.» Für die Kinder sei zudem die Quarantäne grauenhaft, sagt sie. «Ich bin mittlerweile für eine Durchseuchung. Das wäre für die Psyche der Kinder gesünder.» Sie bezweifle, dass sich viele der betroffenen Kinder an die Quarantäne halten: «Wir planen demnächst einen Ausflug in die Badi in der Nachbargemeinde – ich bin mir sicher, dass wir dort Klassenkameraden meines Sohns treffen werden.»
Die zwei zehnjährigen Schülerinnen H.* und F.* finden die Situation gar nicht so schlimm: «Zwar dürfen wir nicht mehr raus, aber wir müssen auch nicht mehr so früh aufstehen.» Der beste Tag der Woche sei sowieso schon rum: Am Montag sei ihre Klassenstufe – vier Klassen – bei der örtlichen Feuerwehr zu Besuch gewesen. Auf Anfrage von 20 Minuten zeigt sich der dortige Kommandant Marcel Willi trotz des ungünstigen Timings kurz vor Ausrufung der Quarantäne unbesorgt: «Der Grossteil der Veranstaltung fand im Freien statt und das Schutzkonzept wurde eingehalten.» Zudem gebe es keine Hinweise darauf, dass infizierte Kinder am Anlass teilgenommen hätten.
*Namen der Redaktion bekannt.
Hast du oder hat jemand, den du kennst, Mühe mit der Coronazeit?
Hier findest du Hilfe:
BAG-Infoline Coronavirus, Tel. 058 463 00 00
BAG-Infoline Covid-19-Impfung, Tel. 058 377 88 92
Dureschnufe.ch, Plattform für psychische Gesundheit rund um Corona
Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen
Branchenhilfe.ch, Ratgeber für betroffene Wirtschaftszweige
Hotline bei Angststörungen und Panik, Tel. 0848 801 109
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
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