Gefälschter Honig: Schweizer Imker fordern Kontrollen

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Neue TestsGefälschter Billig-Honig flutet den europäischen Markt

Neue Tests aus Deutschland und Österreich legen nahe, dass massenhaft gefälschter Honig verkauft wird. Auch in der Schweiz kann das nicht ausgeschlossen werden.

Tests in Deutschland und Österreich haben gezeigt, dass bis zu 80 Prozent der Honige aus Supermärkten mit Zuckersirup gestreckt sind.
Imker Roger Rohrer macht sich Sorgen.
Er glaubt, dass auch die Schweiz von diesen Billig-Honig-Fakes nicht verschont bleibt.
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Tests in Deutschland und Österreich haben gezeigt, dass bis zu 80 Prozent der Honige aus Supermärkten mit Zuckersirup gestreckt sind.

Screenshot ORF2

Darum gehts

  • Gefälschter Billig-Honig aus Asien überschwemmt den europäischen Markt.

  • Tests in Deutschland und Österreich zeigen, dass bis zu 80 Prozent der Honige gepanscht sind.

  • Die Fälschungen sind so gut, dass sie standardisierte EU-Tests bestehen.

  • Schweizer Supermärkte könnten ebenfalls betroffen sein, obwohl sie regelmässige Kontrollen betonen.

  • Schweizer Imker fordern strengere Kontrollen und moderne Analysemethoden.

Das ist passiert

Die Berufsimker in Österreich und Deutschland sind in Aufruhr. Der Grund: Offenbar flutet gefälschter Billighonig aus dem asiatischen Raum die Regale deutscher Detailhändler. Tests in Deutschland haben gezeigt: Bis zu 80 Prozent der Honige aus deutschen Supermärkten waren gepanscht, also etwa mit Zuckersirup gestreckt. In Österreich hat der ORF gerade ähnliche Untersuchungen durchführen lassen mit «schockierenden Erkenntnissen», die aus juristischen Gründen noch unter Verschluss sind.

Wieso fällt das erst jetzt auf?

Das Problem ist, dass Honigfälschungen sehr schwer zu entdecken sind. Die Fälscher entwickeln immer neue Methoden, um gängige Tests zu unterlaufen. «Die Fälschungen seien mittlerweile so gut geworden, dass sie den standardisierten Test in der EU bestehen können», bestätigt Sebastian Theissing-Matei, Greenpeace-Landwirtschaftsexperte, gegenüber dem ORF. Der deutsche und der europäische Berufsimkerverband haben deshalb die Honigproben aus den Regalen der Supermärkte in ein modernes Labor in Estland geschickt, wo die Proben mittels DNA-Analyse untersucht worden sind. So flogen die Fälschungen auf.

Wieso ist das ein Problem?

Einerseits, weil es illegal ist, Honig ohne Kennzeichnung zu strecken. Theissing-Matei sagt: «Wenn sich die skandalösen deutschen Testergebnisse auch für Österreich bewahrheiten, dann sprechen wir von einer der grössten Konsumenten-Täuschungen seit vielen Jahren. Wir alle haben vielleicht bereits Honig zu Hause, der ohne unser Wissen mit Zuckersirup gepanscht wurde.» Und andererseits, weil die deutschen und österreichischen Imker mit den extrem tiefen Preisen der ausländischen Honige konkurrieren müssen.

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Wie sieht es in der Schweiz aus?

Das ist schwierig zu sagen. Lidl, Migros und Aldi bieten alle sehr günstige Honige aus Nicht-EU-Ländern an. Die Detailhändler betonen unisono, dass all ihre Honige zertifiziert seien und regelmässig Stichproben durchgeführt würden, Qualität stehe an oberster Stelle. Der Verdacht liegt aber nahe, dass zwar auch die ausländischen Billig-Honige in den Regalen von Schweizer Supermärkten geprüft worden sind, ausgeklügelte Fälschungen aber möglicherweise nicht entdeckt wurden. Einzig die Migros sagt, sie verzichte konsequent auf den Import von Honig aus den betroffenen Regionen.

Was tut die Schweiz dagegen?

Honig mit Zuckersirup zu versetzen, ohne das anzugeben, ist illegal, wie das Bundesamt für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit festhält. Aber: «Lebensmittelbetrug ist auch in der Schweiz eine Realität. Betroffen sind vor allem hochpreisige Produkte, bei denen sich ein Betrug finanziell lohnt, wie zum Beispiel teure Gewürze, Honig, Fisch oder Olivenöl», sagt Mediensprecherin Tiziana Boebner-Lombardo. Verantwortlich für die Kontrolle seien in erster Linie die Verkäufer, also die Detailhändler.

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Werden Kontrollen durchgeführt?

Neben den Händlern sind die kantonalen Labore zuständig. Laut Patrick Edder, Kantonschemiker von Genf und Vizepräsident des Verbands Schweizer Kantonschemiker (VKS), gibt es «keine konkreten Hinweise darauf, dass die Schweiz von diesem Phänomen betroffen ist». Es gebe darum auch keine nationale Strategie.

Edder sagt aber auch: «Ob die Labore Analysemethoden wie jene, mit denen in Deutschland und Österreich die Honigfälschungen entdeckt worden sind, entwickelt haben, weiss ich nicht. Dazu kann ich keine Auskunft geben.» Tatsache ist also: Niemand weiss, ob die Billig-Honige der Schweizer Grosshändler die modernen, spezialisierten Tests tatsächlich bestehen würden. Oder wie hoch die Fälschungsrate bei diesen Honigen ist.

Wie reagieren Schweizer Imker?

Der Verband Bienen Schweiz anerkennt zwar, dass es auch in der Schweiz ein Problem mit gefälschtem Billig-Honig aus dem Ausland geben könnte. Zentralpräsident Martin Schwegler sagt aber: «Die allermeisten Schweizer Imker tun das nebenberuflich aus Leidenschaft. Wir versuchen gar nicht, mit den Preisen von ausländischem Billighonig zu konkurrieren, weil wir andere Absatzkanäle haben. Darum hat das Problem für uns nicht oberste Priorität.»

Anders sieht das Imker Robert Rohrer: «Wir haben einen Berufsstolz und die Pflicht, dafür zu kämpfen, dass dort, wo Honig draufsteht, auch Honig drin ist. Die Politik muss die Grosshändler in die Pflicht nehmen und die Labore müssen ihre Tests auf den neuesten Stand bringen.» Alle Argumente der beiden Imker findest du im zweiten Artikel zum Thema.

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