Sechseläuten in Zürich: «Nicht zeitgemäss» und «rassistisch» – Kritik an Zünftern wegen «Brownface»

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Sechseläuten in Zürich«Nicht zeitgemäss» und «rassistisch» – Kritik an Zünftern wegen «Brownface»

Sind die braun geschminkten Gesichter der Kämbel-Zünfter rassistisch? Die Meinungen sind geteilt.

Die Kostüme sind laut Zunftmeister Christian Bretscher nicht diskriminierend, sondern drücken im Gegenteil die Wertschätzung der Zunft gegenüber der arabischen Kultur aus.
Laut Pascal Pernet, Stiftungsrat der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA), ist Brownface im Jahr 2022 nicht mehr zeitgemäss.
Trampeltiere aus dem Zoo Zürich nehmen regelmässig am Sechseläuten teil.
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Die Kostüme sind laut Zunftmeister Christian Bretscher nicht diskriminierend, sondern drücken im Gegenteil die Wertschätzung der Zunft gegenüber der arabischen Kultur aus.

Zunft zum Kämbel

Darum Gehts

Die Zünfter der Zunft zum Kämbel liefen am Sechseläuten in arabischen Trachten, brauner Schminke im Gesicht sowie mit Kamelen, dem Wappentier der Zunft, durch die Innenstadt. Für Alex* (28) unverständlich: «Ich habe die Bilder des Umzugs gesehen und mich gefragt, wie es sein kann, dass eine solche Kostümierung basierend auf Stereotypen heutzutage öffentlich getragen werden kann.» Er selbst stamme ursprünglich aus dem Nahen Osten und empfinde eine solche Kostümierung als verletzend. «Vor allem im Zusammenhang mit der braunen Farbe im Gesicht. Für mich ist das klar rassistisch.» 

Die Kostüme sind laut Zunftmeister Christian Bretscher nicht diskriminierend, sondern drücken im Gegenteil die Wertschätzung der Zunft gegenüber der arabischen Kultur aus. «Menschen aus dem arabischen Raum reagieren denn auch durchwegs positiv auf unsere Kostüme», sagt Bretscher. Auch den Vorwurf, die braun geschminkten Gesichter seien rassistisch, will er nicht gelten lassen. «Die braune Schminke passt zu unserer Kostümierung», so Bretscher. Einen Plan, die Kostümierung anzupassen, gebe es deshalb nicht.

«Dieser Fall zeigt ein klassisches ‹Othering›»

Laut Pascal Pernet, Stiftungsrat der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA), ist Brownface im Jahr 2022 nicht mehr zeitgemäss. «Dieser Fall zeigt ein klassisches ‹Othering›. Es wird sich also auf herablassende Weise über eine Minderheit lustig gemacht», so Pernet. Bei einer Kostümierung sollte man auf stereotype und ethnisierende Verkleidung verzichten. Er hofft, dass man sich über den Umgang mit herabwürdigenden Stereotypen Gedanken macht. Denn «solches Verhalten geht auf Kosten der eigentlich schönen Zunftkultur». 

Ähnlich sieht es Natalie Wenger, Sprecherin bei Amnesty International. «Die arabische Kultur wird hier aufgrund von Brownfacing auf ein Stereotyp reduziert. Die Kostümierung hat daher klar einen rassistischen Hintergrund.» Laut Johan Göttl, Sprecher von Stopp Rassismus, der Beratungsstelle beider Basel gegen Rassismus und Diskriminierung, ist Brownface grundsätzlich problematisch und hat in vielen Fällen einen rassistischen Hintergrund. «Zusätzlich sollte man aber schauen, in welchen Kontext das Brownface im jeweiligen Fall eingebettet  ist», so Göttl.

*Name der Redaktion bekannt

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