Online-WarriorsNo-Billag-Gegner greifen in Kommentarspalten ein
Da im Netz Kommentare der No-Billag-Befürworter überwiegen, setzen die Gegner auf eigene Kommentarschreiber. Für die Initianten hingegen zählt nun die Mobilisierung.
Der Kampf um die Meinungshoheit bei der No-Billag-Initiative hat die Kommentarspalten erreicht. Der Grund dafür: Während sich laut der 20-Minuten-Abstimmungsumfrage Gegner und Befürworter die Waage halten, sieht es in den Kommentaren anders aus: Hier dominieren die Pro-Stimmen.
«Facebook- und Onlinekommentare sind ein wichtiger Kampfplatz für die Meinungsbildung», sagt Mark Balsiger, Kampagnenleiter des Komitees «Nein zum Sendeschluss». Die Kommentatoren seien freiwillig im Einsatz, um «sachlich und mit guten Argumenten aufzuzeigen, welche verheerenden Konsequenzen ein Ja für die Medienlandschaft hätte».
Laut Balsiger arbeiten die Kommentarschreiber selbstständig, sie orientieren sich inhaltlich am Argumentarium des Komitees. Balsiger stellt fest, dass in den Kommentarspalten teils ein sehr rauer Ton herrsche. «Es ist sehr schwierig, mit Argumenten beizukommen, denn die allermeisten Kommentarschreiber hätten gefestigte Meinungen. «Beim Onlinedialog geht es folglich gar nicht darum, sie umzustimmen», sagt Balsiger. Vielmehr wolle man die passiven Leser erreichen. «Weit mehr als 90 Prozent aller Medienkonsumenten würden selbst nie einen Kommentar hinterlassen, sie lesen aber mit und bilden sich auch auf diese Weise eine Meinung.»
Operation Libero beschäftigt 40 Online-Warriors
Die Operation Libero, die mit ihrer Crowdfunding-Aktion bereits mehr als 460'000 Franken gegen No-Billag gesammelt hat, ist in den Kommentarspalten ebenfalls präsent. «Wir entlarven Falschbehauptungen mit Fakten und suchen die Debatte», sagt Kampagnenleiterin Laura Zimmermann. Dafür verfassen bei Operation Libero rund 40 Freiwillige aus Überzeugung und in eigenem Namen Kommentare auf Social Media oder auf Newsportalen. Laut Zimmermann dürften aber noch mehr Gegner in die Tasten hauen: «Viele nerven sich zwar ob der vielen haltlosen Kommentaren aus dem Ja-Lager, schreiben aber selbst keine Kommentare.»
Die eigenen Botschaften auch in die Online-Debatten zu tragen, ist nicht neu: Im Abstimmungskampf um die Abzocker-Initiative, die Managerlöhne begrenzen wollte, heuerte Economiesuisse 2012 laut «Tages-Anzeiger» gar Studenten im Stundenlohn an, die unter falschem Namen gegen die Initiative anschrieben. Mark Balsiger bezeichnete dies damals als «hässliche Blüte, die der Abstimmungskampf getrieben hat». Deshalb publizieren die Kommentarschreiber des Komitees «Nein zum Sendeschluss» mit ihren Klarnamen.
Auch die Operation Libero, der ein massgeblicher Einfluss auf das Scheitern der Durchsetzungsinitiative zugeschrieben wird, setzte schon in der damaligen Abstimmung 2016 auf 30 freiwillige sogenannte Online-Warriors, die «die ganzen Trollkommentare auf Social Media bekämpfen» sollten. «Wir gehen davon aus, dass dies einige Unsichere noch ins Nein-Lager gezogen hat», sagt Laura Zimmermann. Auf denselben Effekt hofft sie bei No-Billag.
No-Billag-Initianten: «Die Meinungen sind gemacht»
Kein Bedarf, in den Kommentarspalten aktiv zu werden, sehen hingegen die No-Billag-Initianten selbst. «Im Netz haben unsere Argumente verfangen, das zeigen die vielen Pro-Kommentare auf Social Media und in den Kommentarspalten», sagt Co-Initiant Silvan Amberg. Deshalb liege der Fokus ihrer Kampagne nicht auf der Meinungsbildung in den Kommentarspalten. «Die Meinungen sind weitgehend gemacht», glaubt Amberg. Nun gehe es darum, möglichst viele Befürworter auch an die Urne zu bringen. «Dafür haben wir einige grosse Flyer-Aktionen geplant.»
Auch Kampagnen-Profi Daniel Graf glaubt, dass sich die meisten Bürger schon entschieden haben, was sie stimmen werden. Er ist deshalb skeptisch, ob es sich noch lohnt, freiwillige Helfer als Online-Warriors einzusetzen. «Mit Argumenten die Debatte zu prägen, ist zwar ein guter Ansatz.» Doch in der jetzigen Phase gehe es darum, wer sein Lager motivieren könne, auch an die Urne zu gehen. «Ich glaube, dies wird bei der No-Billag-Abstimmung entscheidend sein.»