Noch 30 Tage für «Street View»

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SuchmaschinenNoch 30 Tage für «Street View»

Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte ist unzufrieden mit Google und hat dem Unternehmen ein letztes Ultimatum gesetzt, Stellung zu Fehlern in seinem Panoramadienst zu nehmen.

von
Henning Steier

In einer Mitteilung auf seiner Webseite schreibt Hanspeter Thür, dass Google unter anderem eine «verbesserte Lösung zur vollständigen Unkenntlichmachung von Gesichtern und Autokennzeichen» liefern muss und «sowohl eine Woche vor den Aufnahmen als auch eine Woche vor deren Auf­schaltung informiert, welche Städte und Dörfer betroffen sind». Sollte der Suchmaschinenanbieter die Empfehlung des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragen binnen 30 Tagen nicht annehmen oder keine Stellungnahme abgeben, erwägt Thür den Gang vors Bundesverwaltungsgericht.

Peter Fleischer, Datenschutzbeauftragter des Unternehmens, kritisierte Thür, der bei einem Treffen am 2. September in Bern bereits erste Verbesserungen angemahnt hatte, in einer Medienmitteilung offen: «Wir haben uns sehr gefreut, von den Schweizer Datenschutzbehörden grünes Licht für die Veröffentlichung des Produkts zu bekommen und damit die Bestätigung unserer Auffassung, dass es den Schweizer Gesetzen entspricht. Diese Freude verwandelte sich allerdings in Enttäuschung, als Herr Thür wenige Tage nach dem Launch seine Meinung änderte und sich dafür einsetzte, die Nutzer daran zu hindern, den Anblick der Schweizer Städte und Gemeinden in Street View zu geniessen.»

Wie 20 Minuten Online mehrfach berichtete und in der Bilderstrecke deutlich wird, ist «Street View» zwar bei vielen Nutzern beliebt, weil sie mit Googles Tool virtuelle Stadtspaziergänge am Rechner unternehmen könnten. Gleichzeitig weckt das Angebot aber Datenschutzbedenken, weil die automatische Verwischungstechnologie zur Unkenntlichmachung von Gesichtern und Nummernschildern nicht reibungslos funktioniert. Zu Letzgenannten sagte Fleischer: «Es hat sich herausgestellt, dass die Schweizer Nummernschilder sehr ungewöhnlich sind, verglichen mit den Nachbarländern – sie sind kleiner und deswegen schwerer erkennbar. Unsere Entwickler legen grosse Aufmerksamkeit auf diesen Punkt, um unsere Technologie entsprechend umzuschulen. So versuchen wir, mit diesen aussergewöhnlichen Eigenschaften besser zurechtzukommen und die Verwischung der Schweizer Nummernschilder zu verbessern.» Ausserdem gebe es seit kurzem eine neue Software zur Unkenntlichmachung von Gesichtern, welche demnächst in «Street View» integriert werde. Wann genau, dazu machte Fleischer keine Angaben.

Unvollständige Liste

Thürs Forderungen, die Bürger zu informieren, wo und wann Googles Fahrzeuge Fotos schiessen, konterte Fleischer mit dem Verweis auf eine Google-Website, auf der diese Informationen zu finden sein sollen. Allerdings sind auf dieser Seite nur die Städte aufgelistet. Zeitangaben fehlen. «Schlechtes Wetter, die Verkehrslage oder andere unvorhersehbare Ereignisse bedeuten für unsere Fahrer oft Fahrplanänderungen in letzter Minute», kommentierte Googles Datenschutzbeauftragter diese Unzulänglichkeit.

Ebenfalls unzulänglich sind Googles Kontrollen von Userwünschen. Denn wie ein Test von 20 Minuten Online kürzlich zeigte, kann man leicht beispielsweise Häuser und Autos entfernen lassen, um beispielsweise Konkurrenzhotels zu schaden. Denn über den Link namens «Ein Problem melden» kann man Objekte markieren und Google eine anonyme Mail schreiben, in der man um Entfernung derselben bittet. Wie Peter Fleischer selbst einräumt und auch der Test zeigte, wird die Löschung in der Regel innerhalb weniger Stunden durchgeführt, ohne die Identität und die Berechtigung des Nutzers zu überprüfen.

Kein Einspruch auf europäischer Ebene

Laut seiner Mitteilung will Thür Google ausserdem verpflichten, Aufnahmen von umfriedeten Orten wie Höfen und Gärten zu entfernen und künftig die Auto-Kameras entsprechend niedriger zu montieren. In Japan ist Letztgenanntes bereits der Fall, wie 20 Minuten Online berichtete. «In der Schweiz werden keine Google-Fahrzeuge mit tiefer montierten Kameras auf die Strassen geschickt werden», kündigte Peter Fleischer in einer Telefonkonferenz mit Journalisten an. Googles Datenschutzbeauftragter erneuerte seine Kritik an Thür, indem er betonte, dass es in keinem europäischen Land derartige Konflikte um «Street View» gegeben habe wie hierzulande. «In einer Arbeitsgruppe auf europäischer Ebene hatte übrigens keiner der Delegierten aus 27 Ländern Probleme mit unserem Produkt», merkte Fleischer an. Thür ist allerdings nicht Mitglied der Artikel-29-Datenschutzgruppe, weil es sich dabei um ein EU-Beratergremium handelt. Er zeigte sich entschlossen, den Panoramadienst auch vor Gericht zu verteidigen, falls Thür diese Karte spielte: «An unserer Überzeugung, dass «Street View» in der Schweiz absolut legal ist, hat sich nichts geändert.»

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