Wohnungsnot: Nur kinderlose Paare erwünscht – Hausbesitzer verärgert junge Familie

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WohnungsnotNur kinderlose Paare erwünscht – Hausbesitzer verärgert junge Familie

Verwaltungen und Hausbesitzer setzen Kriterien bei der Vergabe von Wohnungen. Kinder sind teils nicht erwünscht. Sehr zum Ärger von Familien.

Der Zürcher Dominik G. stiess vergangene Woche auf ein Wohnungsinserat im Internet. Der Hausbesitzer erwähnte in den Vergabekriterien explizit, dass das Objekt nur an kinderlose Paare oder Singles vermietet wird.
G. zeigt sich darüber empört: «Viele Hausbesitzer nehmen sich mit dem Verzicht von Familien mit Kindern etwas heraus, was nicht okay ist.»
Hausbesitzerinnen, Hausbesitzer und Verwaltungen haben laut G. wegen der extremen Wohnungsknappheit eine «riesige Macht».
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Der Zürcher Dominik G. stiess vergangene Woche auf ein Wohnungsinserat im Internet. Der Hausbesitzer erwähnte in den Vergabekriterien explizit, dass das Objekt nur an kinderlose Paare oder Singles vermietet wird.

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Darum gehts

  • Dominik G. ist auf der Suche nach einer neuen Wohnung in der Stadt Zürich.

  • Als er auf ein Inserat stösst, in dem explizit auf kinderlose Paare vermerkt wird, zeigt er sich empört.

  • Der Vater von zwei Kindern fordert Rechte und Regeln bei der Vermietung von Wohnungen und Häusern.

  • Der Druck einer Elternorganisation könnte in diesem Fall erfolgreich sein, sagt Walter Angst vom Mieterinnen- und Mieterverband Zürich.

Im Wissen, dass es schwierig ist, in der Stadt Zürich eine bezahlbare Wohnung zu finden, macht sich Dominik G., der mit seiner Partnerin und zwei kleinen Kindern in der Stadt lebt, bereits jetzt auf die Suche nach einem geeigneten Mietobjekt. «Wir sind mit unserer derzeitigen Wohnung sehr zufrieden. Wenn die Kinder grösser werden, wird sie aber zu klein», sagt G.

Als er vergangene Woche auf ein Wohnungsinserat im Internet stiess, verschlug es ihm allerdings die Sprache – und das nicht wegen des verlockenden Angebots. Zwar war die Wohnung mit 110 Quadratmetern, verteilt auf vier Zimmer, im Zürcher Vergleich für eine Mittelschichtfamilie noch knapp bezahlbar. Aufgrund der Vergabekriterien sah der Vater allerdings davon ab, sich für die Wohnung zu bewerben.

«Die Wohnung wird an kinderlose Singles und/oder Paare vermietet», ist in der Beschreibung aufgeführt. G. zeigt sich darüber empört: «Viele Hausbesitzer nehmen sich mit dem Verzicht von Familien mit Kindern etwas heraus, was nicht okay ist.» Hausbesitzerinnen, Hausbesitzer und Verwaltungen haben laut G. wegen der extremen Wohnungsknappheit eine «riesige Macht», welche sie zu oft missbrauchen. Es brauche Regeln und Rechte.

Eine Elternrevolution

Zurzeit sind auf dem Immobilienmarktplatz Homegate nur zwölf Wohnungen ausgeschrieben, die zwischen vier und fünfeinhalb Zimmer verfügen und maximal 2000 Franken kosten. Zwischen 2000 bis 4000 Franken sind 41 Mietwohnungen leer stehend.

In Anbetracht dieser Tatsache ist G. der Meinung, dass sich eine Elternorganisation zusammentun sollte, um gegen den Mietpreiswucher anzugehen. «Eine Elternrevolution? Wieso nicht! Wenn andere mitmachen, bin ich dabei.»

Wohnungsmarkt wird zum Politikum

Die Wohnung im Zürcher Kreis 6, die 3050 Franken inklusive Nebenkosten kosten soll, wäre auf März bezugsbereit. Daraus wird für G. und seine Familie nichts. Für ihn aber verkraftbar, da keine Eile bestehe, eine Wohnung zu finden.

Grundsätzlich sei der Zürcher Wohnungsmarkt miserabel. «Ausserdem verfügen längst nicht alle Leute über ein Budget wie wir.» Darum fordert der Vater: «Es braucht mehr bezahlbare Wohnungen in Zürich.» G. denkt dabei beispielsweise an eine Mietpreisdeckelung und zieht dabei auch die Politik in die Verantwortung.

In einem Wahljahr kann man ein Ungleichgewicht demokratisch angehen. Dies will G. nutzen. «Ich wähle Parteien, die sich für die Rechte der Mietenden und bezahlbare Wohnungen einsetzen.»

«Es gibt eine Kehrseite der Medaille»

Vom Inserat und dem Hausbesitzer, der keine Kinder in seinem Eigentum haben will, hat Nadia Loosli von Immomailing Kenntnis. Sie kann den Frust verstehen. Jedoch sagt sie, dass es verschiedene Gründe gebe, weshalb sich Eigentümer oder Eigentümerinnen gegen Kinder aussprächen. «Es gibt aber auch Vermieter, die explizit Familien ansprechen. Am Schluss zählt die freie Marktwirtschaft», so Loosli.

In diesem speziellen Fall sei es so, dass der Besitzer nichts gegen Kinder habe und auch kein Immobilien-Hai sei: «Andere Wohnungen des Besitzers wurden beispielsweise an ukrainische Flüchtlinge vermietet.»

Loosli sagt, dass die Wohnsituation in Zürich noch nie so schlimm war wie jetzt. Den Ausweg sieht sie einzig beim Bauen. «Es muss mehr, schneller und einfacher gebaut werden dürfen, damit sich die Preise wieder entspannen.»

Organisation könnte Wirkung zeigen

Ein forsches Vorgehen von Eltern könnte laut Walter Angst vom Mieterinnen- und Mieterverband Zürich eine Wirkung zeigen. «Es ist sicher nicht falsch, Verwaltungen sowie Eigentümerinnen und Eigentümer ins Rampenlicht zu stellen, die Familienwohnungen nicht an Familien vermieten», so Angst.

Sinn mache es, vorgängig auf die Verwaltung zuzugehen, die Wohnungsangebote mit dem Hinweis «nicht für Familien mit Kindern» publiziert hat. «Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass es einen plausiblen Grund für den Ausschluss von Familien mit Kindern gibt.» Denkbar sei, dass man sich mit den Eigentümer finden und sich für die Wohnung bewerben kann. «Entmutigen lassen sollte man sich aufgrund solcher Vergabekriterien nicht», sagt Angst.

Dürfen Hausbesitzer und Hausbesitzerinnen von einer Vermietung an Familien absehen?

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