Bauer sichtet bei Feldarbeiten Männer bei Handjob

«Das ist doch nicht mehr normal», sagt der Oberbipper Landwirt Anton K.* (22) in einer Mischung aus Belustigung und Bestürzung zu 20 Minuten. Als er am Montagnachmittag mit seinem Traktor Kartoffeln legte, blieb sein Blick bei der angrenzenden Autobahnraststätte Nord haften. Hinter dem mit farbigen Schriftzügen besudelten Stromhäuschen erblickte er zwei Männer, von denen der eine den anderen offensichtlich mit einem Handjob beglückte.

Beinahe täglich könne er Männer beobachten, welche gegenseitig ihre Lust unter freiem Himmel stillen, erzählt der junge Bauer. Meist wenn es bereits eingedunkelt habe, manchmal aber auch – so wie im vorliegenden Fall – am helllichten Tag. Oft seien bei den Sexualpraktiken mehr als nur zwei Personen im Spiel. «Zu fünft, manchmal auch zu zehnt bilden sie einen Kreis, wobei einer in der Mitte kniet und die anderen der Reihe nach oral befriedigt.» Manche Akteure würden in hoher Regelmässigkeit die Raststätte aufsuchen – was unschwer an deren Fahrzeugen zu erkennen sei, so Anton K.

Der 22-Jährige stört sich insbesondere daran, dass die zweifelhafte  Kundschaft ihre Triebe nicht nur bei der Raststätte selbst auslebt, sondern auch immer wieder in die Büsche auf dem Land seiner Familie ausweicht. Die «Überreste» aus den erotischen Begegnungen, etwa Kondome oder Gay Toys, seien schon mehrmals im Tierfutter gelandet, moniert Anton K. Der Anblick der Hinterlassenschaften sei zudem auch für die vielen Familien mit Kindern befremdlich, die dem Feldweg entlang radeln oder spazieren.

Die Autobahnraststätte Oberbipp-Nord ist seit längerem als Treffpunkt für schwule Männer und schnellen Sex berüchtigt. 2011 veröffentlichte die «Berner Zeitung» einen Artikel mit dem Titel «Dorf wehrt sich gegen Sextreff». In einem Schreiben an das Bundesamt für Strassen bezeichnete die Gemeinde die Raststätte als «Schandfleck» und forderte Massnahmen zur Verbesserung der Situation.

In den vergangenen Jahren habe sich die Lage leider nicht zum Besseren gewendet, sagt Gemeindepräsident Thomas Beer auf Anfrage von 20 Minuten. Eher im Gegenteil: «Seit Corona ist die Hemmschwelle, ihre Sexualität in der Öffentlichkeit auszuleben, bei gewissen Leuten noch weiter gesunken», so Beer. Dies zeige sich vor allem darin, dass die sexuellen Aktivitäten vermehrt am helllichten Tag vonstatten gingen.

Ein Dorn im Auge ist der Gemeinde auch das Ausgangstor, durch welches man die Raststätte verlassen und auf die Oberbipper Feldwege gelangen kann. «Entsprechend haben wir dort mit Hinterlassenschaften zu kämpfen», so der Gemeindepräsident. Dazu gehöre vor allem das Littering von Zigarettenstummeln, aber eben auch von Kondomen. Bereits 2011 habe man den Bund um die Schliessung des Tors gebeten; dies sei aber bis heute nicht erfolgt.

Zwar sei der Rastplatz relativ weit weg vom Oberbipper Wohngebiet, räumt Beer ein. Zugleich handle es sich bei den dahinter liegenden Feldwegen um ein Naherholungsgebiet, das von Spaziergängern, Hunde- und Pferdehaltern und -halterinnen häufig frequentiert werde. «Für die ist das keine angenehme Situation.»

Dem Bundesamt für Strassen (Astra), das den Rastplatz verwaltet, «ist der Sachverhalt bekannt, dass sich am Rastplatz Oberbipp-Nord gewisse Personen treffen und dabei sexuelle Handlungen stattfinden», schreibt das Astra auf Anfrage von 20 Minuten. Der Bund stehe diesbezüglich in Kontakt mit der Kantonspolizei Solothurn, die für den betreffenden Autobahnabschnitt zuständig ist, und erarbeite geeignete Massnahmen. Welche das sind, will das Astra indes nicht verraten; zum aktuellen Zeitpunkt wolle man sich nicht weiter zur Thematik äussern.

Gemeindepräsident Beer hofft indes, dass sich die Situation im Rahmen des Ausbaus der A1 auf sechs Spuren zum Besseren wendet; dann nämlich würden auch bei der Raststätte Oberbipp bauliche Massnahmen vorgenommen.

*Name geändert