Obergericht BernMann fordert Sexaufnahmen von 13-Jähriger – freigesprochen
Ein 30-jähriger Mann wurde vom Obergericht Bern vom Vorwurf der sexuellen Handlungen mit Kindern freigesprochen. Das entsprechende Urteil eines Regionalgerichts wurde aufgehoben.

Obergericht Bern: Ein 30-jähriger Mann wurde am Donnerstag freigesprochen. Er war wegen sexueller Handlungen mit einer Minderjährigen angeklagt.
20min/Matthias SpicherDarum gehts
Das Obergericht Bern hat einen 30-jährigen Mann freigesprochen, der zuvor wegen Verleitens einer Minderjährigen zu sexuellen Handlungen verurteilt worden war.
Der Mann und ein 13-jähriges Mädchen lernten sich auf der Plattform Antiland kennen. Im Anschluss tauschten sie auf Snapchat intime Inhalte aus.
Der Angeklagte mit ausländischer Staatsangehörigkeit bestreitet, das Alter des Mädchens gekannt zu haben, und betont sein Interesse an Frauen über 20 Jahren.
Dafür sprechen auch die Untersuchungsergebnisse seiner elektronischen Geräte, wie der Verteidiger des Mannes sagt.
Das Mädchen hält sich nicht mehr in der Schweiz auf, weswegen sie nicht vor Gericht aussagen konnte.
Das Obergericht des Kantons Bern hat am Donnerstag einen heute 30-jährigen Mann freigesprochen, der wegen sexueller Handlungen an einer Minderjährigen angeklagt war.
Lernten sich über Dating-Plattform kennen
Der Mann und ein zum Tatzeitpunkt 13-jähriges Mädchen lernten sich auf der Plattform Antiland kennen und führten ihren Chat danach auf Snapchat fort. Dort soll der Mann die 13-Jährige aufgefordert haben, von sich intime Fotos und Videos bei der Selbstbefriedigung zu machen und ihm diese zu senden. Die beiden tauschten mehrere entsprechende Videos und Fotos aus.
Mit der Anmeldung auf der Plattform Antiland bestätigt man, dass man mindestens 18 Jahre alt ist. Die Nutzerkennung des Mädchens hatte die Endung 1995, wobei dies als Angabe des Geburtsjahres interpretiert werden kann. «Mein Mandant konnte auf keinen Fall davon ausgehen, dass die Frau minderjährig ist», sagt der Verteidiger des Beschuldigten vor dem Obergericht.
«Ich bin an Frauen zwischen 20 und 30 interessiert»
Auf Snapchat soll die 13-Jährige dem Mann ihr Alter mitgeteilt haben. Allerdings werden als Belege nur die Aussage des Mädchens und der Screenshot eines Chats zwischen dem Mädchen und einer Freundin angeführt. Der Beschuldigte bestreitet, das Alter des Mädchens erfahren zu haben. Auch an den konkreten Chat mit der Minderjährigen erinnert sich der Mann nicht: «Es kann schon sein, dass ich mit ihr geschrieben habe, aber ich kann mich nicht genau erinnern.»
Der Mann mit ausländischer Staatsangehörigkeit sagte vor dem Obergericht, dass er mit vielen Frauen erotische Bilder und Videos ausgetauscht habe, die er über die Plattform Antiland kennen gelernt habe. Er sei an Frauen zwischen 20 und 30 interessiert und habe in dem betreffenden Zeitraum mit bis zu zehn Frauen erotische Aufnahmen ausgetauscht. Die Bilder und Videos habe er zur Selbstbefriedigung genutzt.

Das Mädchen und der Beschuldigte lernten sich auf der App Antichat kennen, das heute Antiland heisst.
IMAGO/Depositphotos«Sie ist von ihrer Mutter unter Druck gesetzt worden»
Schon die Verurteilung durch das Regionalgericht stützte sich massgeblich auf die Aussage des zum Tatzeitpunkt 13-jährigen Mädchens. Dieses wurde im Beisein seiner Mutter von der Polizei befragt. «Sie ist von ihrer Mutter aus einem anderen Kulturkreis unter Druck gesetzt worden, stand unter Zugzwang, um sich selbst nicht zu belasten», argumentiert der Verteidiger des Beschuldigten. Auch eine Befragung durch die Verteidigung oder vor Gericht sei nicht erfolgt.
«Ich stehe nicht auf Minderjährige», unterstreicht der Beschuldigte vor Gericht. Dafür spreche auch die Durchsuchung seiner elektronischen Geräte und Suchverläufe, wie sein Rechtsanwalt argumentiert. Dabei seien keine Videos, Fotos oder Suchverläufe gefunden worden, die auf eine pädophile Neigung hindeuten.
Tätigkeitsverbot mit Minderjährigen
Der heute 30-jährige Mann war 2023 vom Regionalgericht wegen Verleitens eines Kindes zu sexuellen Handlungen und Anstiftung zur Herstellung pornografischer Bildaufnahmen und des Zugänglichmachens von Pornografie an ein Kind verurteilt worden und hatte Einspruch eingelegt.
Er wurde damals zu einer Geldstrafe von 17'000 Franken verurteilt. Zudem wurde ihm jede berufliche und jede organisierte ausserberufliche Tätigkeit, die einen regelmässigen Kontakt zu Minderjährigen umfasst, lebenslänglich verboten. Auch dieses Verbot wurde nun vom Obergericht aufgehoben. Das Tätigkeitsverbot hätte für den Betroffenen ein Problem dargestellt, da er im beruflichen Kontext mit Lehrlingen zu tun habe, wie er vor Gericht ausführt.
«Mein Mandant ist sehr erleichtert»
«Mein Mandant ist über das Urteil des Obergerichts natürlich sehr erleichtert. Wir sind überzeugt, dass damit ein Fehlurteil korrigiert worden ist», sagt Rechtsanwalt Oliver Köhli nach der Urteilsverkündung zu 20 Minuten. «Es war für uns von Anfang an unverständlich, dass mein Mandant ohne jegliche Befragungsmöglichkeit der einzigen Belastungszeugin erstinstanzlich verurteilt worden ist.»
Das mutmassliche Opfer sollte vor dem Obergericht aussagen, ist inzwischen jedoch nicht mehr erreichbar. Die junge Frau soll die Schweiz verlassen und sich in einem islamisch geprägten Land aufhalten, weshalb eine Befragung nicht mehr möglich ist.
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