Obi-CEO Gundel: «Am Ende verdienen wir in der Schweiz nicht mehr Geld»

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Obi-CEO Gundel«Am Ende verdienen wir in der Schweiz nicht mehr Geld»

Die Schweizer Obi-Filialen wurden von der Migros an die Deutsche Muttergesellschaft übergeben. Die Nähe zum Kunden soll dabei aber nicht leiden. «Im Gegenteil», versichert CEO Sebastian Gundel im Interview.

Obi-CEO Sebastian Gundel war auf der Redaktion von 20 Minuten zu Besuch.
Insgesamt zehn Obi-Filialen in der Schweiz werden seit dem 1. April vom deutschen Mutterkonzern betrieben.
Weitere drei Standorte werden bald eröffnet.
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Obi-CEO Sebastian Gundel war auf der Redaktion von 20 Minuten zu Besuch.

20min/Michael Scherrer

Obi: Darum gehts

  • Der Obi-Konzern hat die Schweizer Filialen von Migros übernommen und plant drei neue Standorte.

  • CEO Sebastian Gundel betont im Interview die Bedeutung von Kundennähe und lokalem Verständnis.

  • Der Online-Shop wird ab 2026 mit einer breiteren Produktpalette für die Schweiz verfügbar sein.

Die Schweiz ist für Obi mehr als nur ein Hobby: Der deutsche Baumarkt- und «Do it yourself (DIY)»-Riese führt seit dem 1. April die hiesigen Obi-Filialen in Eigenregie. Der Milliardenbetrieb mit Hauptsitz in Wermelskirchen, Nordrhein-Westfalen, hat die zehn bestehenden Filialen übernommen, die seit Markteintritt 1999 in Form eines Migros-Franchise betrieben worden waren. Drei weitere werden bald eröffnet.

Pünktlich zum Schweiz-Neustart stattete CEO Sebastian Gundel (44) 20 Minuten einen Besuch ab und erklärte, wie er mit Zementsack, Gartenhaus und Deko-Pflanzen den Markt erobern will.

Herr Gundel, Sie müssen beruflich nun immer öfters in die Schweiz. Gefällt es Ihnen auch in der Freizeit hier?
Die Schweiz ist ein traumhaft schönes Land, da gibt es keinen Zweifel. Ich war als Kind oft in der Schweiz – etwa im Berner Oberland oder in Zermatt. (lacht) Damals wäre ich wohl lieber ans Meer, aber das Wandern lernt man irgendwann zu schätzen.

Nun sind Sie aber hier, um im Schweizer Bau- und Hobbymarkt einen Pfahl einzuschlagen. Neben Jumbo, Bauhaus und Co.: Wieso sollte ich bei Obi einkaufen?
Wir sind als erstes immer auf Augenhöhe mit den Kunden. Wir wollen unseren Kunden ein vertrauensvoller und langjähriger Partner sein – und sie in erster Linie befähigen.

Fun Fact: Weisst du, woher der Name «Obi» kommt?

Der Name Obi hat seinen Ursprung nicht etwa im Deutschen, sondern ist ein französisches Wortspiel: Der Gründer der deutschen Baumarktkette hatte ursprünglich ein Lizenzabkommen (1970) mit einer französischen Baumarktkette namens «Obi». Dieses «Obi» war wiederum eine französische Abwandlung des englischen Begriffs «Hobby» – ausgesprochen auf Französisch klingt «hobby» wie «obi».

Befähigen?
Ja. Eine zentrale Eigenschaft des DIY-Markts ist es, dass der Kunde nicht alles sofort weiss, sich an gewisse Projekte zum ersten Mal herantraut. Dort wollen wir ein verlässlicher Partner sein, der durch Nähe zum Kunden besticht und dann jeweils das richtige Angebot bereithält.

Sie setzen also mehr auf Service und Produktbreite anstatt auf Preiskampf?
Das Angebot besteht immer aus Service, Artikel und Preis. Also alle drei zusammen. Wir werden immer für gute Angebote stehen. Aber es ist auch wichtig, den lokalen Kunden zu verstehen.

«Wir werden etwas dekorativer und farbenfroher werden»

Sebastian Gundel, CEO von Obi

Funktioniert dieser anders in der Schweiz als in Deutschland?
Der Schweizer liebt lokale Marken und lokale Prägungen, dem wollen wir natürlich Rechnung tragen. Der grösste Unterschied liegt aber im Baumarkt-Verständnis: Kreativität gehört in der Schweiz zum Baumarkt dazu. Wir werden etwas dekorativer und farbenfroher werden.

Ich habe zwei linke Hände. Beraten mich bei Obi jeweils Fachpersonen? (lacht) Dann sind Sie bei uns genau richtig. Unsere Verkäufer sind in vielen Bereichen Fachpersonen – beispielsweise Mitarbeitende mit Erfahrung als Gärtner oder Handwerker. Es wird aber auch in der Schweiz bald ein «Do it for me»-Angebot, anstatt nur «Do it yourself» geben.

Sebastian Gundel ist seit 2022 an der Spitze des Milliardenkonzerns.

Sebastian Gundel ist seit 2022 an der Spitze des Milliardenkonzerns.

20min/Michael Scherrer

Was heisst das?
Das heisst, man kann mithilfe unserer Partner auch gleich die Umsetzung des Vorhabens kaufen. Wir holen alle Stufen der handwerklichen Geschicktheit ab.

Werden gezielt nach Schweizer Produkten und Lieferanten gesucht?
Das haben wir bereits in den letzten 25 Jahren gemacht. Aber ich denke, da können wir sicherlich auch noch stärker werden – obwohl es bereits eine gewisse Swissness gibt.

Die Sprache von Obi ist für hiesige Verhältnisse durchaus ziemlich teutonisch. Inwiefern lassen Sie die Swissness in das Branding einfliessen?
Das werden wir im Marketing lokal entscheiden. Uns ist immer wichtig, dass die Funktionen, die nahe am Kunden sind, so lokal wie möglich gestaltet sind.

«Rund 50 Prozent unserer Marktbesucher waren vorher online»

Sebastian Gundel, CEO von Obi

Wie meinen Sie das?
Das heisst, wir haben in jedem Land lokale Teams, die genau das Lokale – hier die Swissness – abbilden und anbringen, so dass sich der Kunde verstanden fühlt.

Stichwort Lokalität: Ich habe letzte Woche in der Stadt einen Lichtschalter kaufen wollen – ohne Erfolg. Wie bringen Sie Baumarkt- oder DIY-Angebot in die urbanen Gebiete der Schweiz? 
Obi.ch. (lacht) Nein im Ernst: Aufgrund der Mieten und unserer Produktbreite – ein Obi-Markt hat typischerweise 40'000 bis 50'000 verschiedene Produkte – ist das sehr schwierig. Wir setzen hier zunächst auf die Mischung aus stationär und online. Ob wir später dann auch noch in kleinere Filialen investieren, hat momentan keine Priorität.

Ist der Onlinehandel für Sie die Verlängerung des stationären Einkaufserlebnisses?
Nicht ganz. Wenn der Kunde anfängt, sich mit etwas zu beschäftigen, recherchiert er zunächst online – idealerweise bei uns. Da müssen wir präsent sein und ihn beim Informieren, Planen und Navigieren unterstützen.

Neben zehn bestehenden Schweizer Obi-Filialen sollen bald drei weitere eröffnet werden.

Neben zehn bestehenden Schweizer Obi-Filialen sollen bald drei weitere eröffnet werden.

IMAGO/Sven Simon

... und dann geht er in den Laden.
Genau. Dann geht der Kunde in der Regel in den Baumarkt. Rund 50 Prozent unserer Marktbesucher waren vorher online – und 50 Prozent unserer Website-Besucher bereiten in der Tat einen Kauf vor. Die eigentliche Verlängerung findet erst danach statt.

Inwiefern?
Der Online-Shop hat natürlich die viel breitere Produktpalette mit rund 500'000 Artikeln in Deutschland. Diese werden ab 2026 auch für Schweizer Kunden zugänglich sein mit einem allgemein stark ausgebauten Digitalangebot samt langfristiger Kontaktmöglichkeit mit dem Kundenberater.

Meine Nachbarin regte sich zuletzt grausam auf, weil Pflanzen und Kräuter aus Baumarkt angeblich immer wesentlich weniger lang leben als solche aus dem Bioladen oder der Gärtnerei um die Ecke. Ist das Absicht?
Das höre ich jetzt ehrlich gesagt zum ersten Mal. Das ist absolut nicht das Ziel, im Gegenteil: Das Zuhause ist der persönlichste Ort, den man hat. Da geht es auch viel um Vertrauen. Schnell sterbende Pflanzen haben dort keinen Platz. Und sollte es doch einmal passiert sein: Kommen Sie zurück, wir ersetzen die. Versprochen!

«Selbermachen spart Geld»

Sebastian Gundel, CEO von Obi

Wenn wir schon beim Versprechen sind: Versprechen Sie, dass Sie die Hochpreisinsel nicht mit überteuerten Produkten schröpfen?
Schauen Sie, die Produkte sind in der Schweiz teurer als etwa in Deutschland. Aber es ist nicht so, dass wir in der Schweiz am Ende mehr Geld verdienen, wenn man alles runterrechnet. Die Mieten, Löhne, Energiepreise und sämtliche Vorleistungsprodukte sind wesentlich teurer – und die müssen mitverdient werden. Aber: Preiswürdigkeit ist wichtig. Und selbermachen spart Geld.

Wie stellen Sie das sicher?
Auf der einen Seite müssen wir mit unseren Lieferanten gut verhandeln, um die Produkte noch günstiger anbieten zu können. Und auf der anderen Seite die Kunden dazu animieren, noch mehr zu kaufen, damit wir sie noch günstiger ein- und verkaufen können.

Der Kunde soll also möglichst viel kaufen, damit es günstiger wird. Hilfe zur Selbsthilfe quasi. Typisch Schweizerisch.
Genau. (lacht) Das Preisniveau ist höher, aber wir sind vor 25 Jahren in die Schweiz gekommen, weil es neben Deutschland und Österreich ein natürlich-strategischer Ort ist, um unser Angebot an den Markt zu bringen. Und nicht, um astronomische Preise zu verrechnen. Wir wollen ja auch in 25 Jahren noch existieren.

In welcher Baumarkt-Kette kaufst du am liebsten ein?

Inwiefern sind Ihre Lieferketten von Trumps Strafzöllen und anderen geopolitischen Entwicklungen betroffen.
Noch sind keine unserer Produktgruppen spezifisch betroffen. Grundsätzlich sind es aber natürlich keine guten Zeiten für Konsumenten. Grosse Unsicherheit in der Industrie führt letztlich zu schlechter Kauflaune. Deshalb haben wir gerade die «Don't stop me now»-Kampagne lanciert: Lass uns die Ärmel hochkrempeln und weitermachen.

Apropos USA. Auf den Tiktok-Kanälen aus Übersee gibts einen neuen Trend: Der Baumarkt wird an Samstagen zur Dating-Plattform, schliesslich seien Heimwerkerinnen und Heimwerker attraktiver als Menschen im Club. Wird auch Obi bald zur Partner-Börse?
Schuster, bleib bei deinen Leisten. (lacht) Nein, das ist nicht vorgesehen. Was der Kunde sonst noch so für Erlebnisse bei uns hat neben des eigentlichen Kaufbesuchs, ist allerdings ihm überlassen.

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