Blog Neat-WanderungOhropax, Sonnenhut und Hüttenfinken
Reporterin Annette Hirschberg wandert der Neat entlang über den Gotthard – von Hütte zu Hütte. Die erste Herausforderung: Der Rucksack soll nur sechs Kilo wiegen.
Eine Hüttenwanderung – davon träume ich schon lange. Darum habe ich sofort zugeschlagen, als die Mammut Alpine School anbot, auf den Spuren der Neat über den Gotthard zu wandern. Wir beginnen in Erstfeld und gehen in fünf Tagen bis nach Airolo. Es ist eine Art Bildungswanderung – immer wieder schauen wir uns Tunnelbauorte an und hören uns Geschichten an. Aber wir wandern auch richtig, erklimmen den Chrüzlistock, den Pazolastock und den Piz Borel, laufen dem Tomasee und dem Ritomsee entlang und überqueren mit Steigeisen den Maighelsgletscher. Geschlafen wird in Massenlagern.
Lange war die Vorfreude extrem gross. Doch jetzt, wo die Wanderung vor der Tür steht, habe ich gemischte Gefühle. Meine erste Sorge: Der Rucksack soll so leicht wie möglich sein – alles, was ich nicht unbedingt brauche, muss zu Hause bleiben. Doch eigentlich möchte ich immer für alle Eventualitäten gewappnet sein. In die Ferien nehme ich grundsätzlich mehr mit, als ich brauche. Eigentlich lege ich danach immer einen recht grossen Teil meiner Kleider, Kosmetika und Schuhe ungebraucht zurück.
Ausserdem bin ich ein Gfrörli. Wenn andere im T-Shirt rumsitzen, habe ich oft noch einen Faserpelz-Pulli an. Und das derzeitige Regenwetter – in den Bergen hat es vielerorts auch geschneit – verspricht vor allem eins: Kälte und Nässe. Darum würde ich am liebsten ganz viel einpacken: Haufenweise warme Unterwäsche, Pullis und dicke Socken. Ich bin so richtig im Dilemma.
Zweites Thema ist die Hüttenromantik. Jetzt, wo die erste Nacht im Massenlager vor mir liegt, kommen Erinnerungen an andere solche Erlebnisse hoch. Auf der Maturareise etwa bestiegen wir am ersten Tag einen Gipfel und übernachteten in einer Hütte im Massenlager. Natürlich wollte niemand auf der Matratze neben dem Lehrer schlafen. Das Los fiel mir zu. Und raten Sie mal: Ja, mein Französischlehrer hat geschnarcht, als wollte er mehrere Wälder zersägen. Immerhin: Die Ohropax habe ich eingepackt.
Die Wanderungen hingegen betrachte ich als Peanuts. Im Schnitt laufen wir etwa fünf Stunden täglich, die längste Strecke misst neun Kilometer und der höchste Aufstieg beträgt 950 Höhenmeter. Mit meinem Partner Werner, der auch mit auf die Wanderung kommt, habe ich schon viel anstrengendere Touren gemacht. Das haben wir uns zumindest grinsend gegenseitig versichert. Doch wir sind noch nie fünf Tage am Stück gewandert. Und schon gar nicht bei strömendem Regen mit dem gesamten Gepäck auf dem Rücken.
Und: Seit ich am Mittwoch nach einem Tötungsdelikt stundenlang durchs aargauische Fislisbach und den angrenzenden Wald gestiefelt bin, habe ich am rechten Fuss drei Blasen. Ich war an jenem Morgen nichtsahnend mit etwas unpassenden Schuhen in die Redaktion gekommen. Das viele Laufen in den durch Regen durchnässten Schuhen hat darum seine Spuren hinterlassen. Durch solche Sachen muss man durch. Aber für die Wanderung sind die Blasen halt schon nicht ideal.
Aber natürlich erzähle ich meine Bedenken niemandem. Schliesslich bin ich jetzt die Vorzeige-Wander-Journalistin, die Ihnen in den nächsten fünf Tagen schwärmend von ihrer tollen Tour erzählt. Wenn Sie wissen wollen, wie es mir ergeht – lesen Sie meinen Wander-Blog.
Mammut Alpine School
Die Mammut Alpine School, die der Schweizer Bekleidungs- und Ausrüstungshersteller Mammut 2008 gegründet hat, soll Kunden das Testen der Produkte und das Erleben des Bergsports unter professioneller Führung ermöglichen. Die Schule bietet Aktivferien in den Alpen von der Wanderung über die Hochgebirgstour bis hin zum Klettern/Bouldern. Im Winter gibt es Lawinentraining, Skitouren und Schneewandern. Auch Trekkings im Ausland wie Bhutan oder Marokko gehören zum Angebot. Dabei steht bei Mammut ein schonungsvoller Umgang mit der Natur im Zentrum.