25 Kilo weniger«Meine ganze Familie nimmt es» – so gross ist der Hype um Ozempic
Der Hype um die Abnehmspritze Ozempic ist riesig. Viele schwärmen von dem Medikament – doch für Diabetiker bedeutet der Boom nichts Gutes.
Darum gehts
Der Hype um Abnehmspritzen ist riesig – in Europa kommt es deswegen zu Lieferengpässen.
Anna (53) schwärmt vom Medikament: «Ich habe 25 Kilo abgenommen», sagt sie. Bezahlt habe sie das selber.
Für Diabetes-Betroffene bedeutet der Boom, dass sie lange auf ihr Medikament warten müssen.
Bekim* ist seit drei Monaten ohne Ozempic: «Das ist ein erschreckendes Gefühl.»
Lieferengpässe und Wartelisten in Apotheken: Auch befeuert durch Social Media ist der Hype um Abnehmspritzen wie Ozempic oder Saxenda (siehe unten) riesig. Viele schwärmen von dem Medikament. So etwa Anna aus dem Kanton Bern: «Seit März habe ich 25 Kilo abgenommen», sagt sie.
Seit über zwanzig Jahren kämpfe sie mit ihrem Gewicht: «Ich bin 1,69 Meter gross und wog 130 Kilo.» Egal, was sie versucht habe: Nichts habe geholfen, so die Landwirtin und Gastronomin. Nun wiege sie etwas über 100 Kilo – dank Ozempic: «Es ist fast wie ein Wundermittel.» Sie wolle es nehmen, bis sie ihr Wunschgewicht von 90 Kilo erreicht habe.
«Habe ein schlechtes Gewissen»
Ihre guten Erfahrungen mit dem Medikament hätten auch andere angesteckt: «Meine ganze Familie nimmt jetzt Ozempic», sagt Anna. Ihr Mann und Sohn seien aus genetischen Gründen stark übergewichtig.
Dass es jetzt Lieferengpässe für Diabetikerinnen und Diabetiker gibt, mache ihr Sorgen: «Ich habe schon ein bisschen ein schlechtes Gewissen.» Sie sage sich aber: «Ich habe wirklich alles andere probiert.» Sie sei dagegen, wenn man es nur benutze, um zwei oder drei Kilo abzunehmen. Und: Sie sei selbst für die Kosten aufgekommen.
Hype kostet Prämienzahler Hunderte Millionen
Arzt bietet Verschreibung an
Das sagt auch der 57-jährige Antonio*: «Ich zahle das selbst und belaste die Krankenkasse nicht.» Er hat die Abnehmspritze ebenfalls verwendet: «Ich sagte meinem Arzt, dass ich gerne einige Kilos loswerden würde. Daraufhin hat dieser angeboten, mir Ozempic zu verschreiben.» Unter regelmässiger ärztlicher Kontrolle habe er das Medikament über drei Monate konsumiert.
In dieser Zeit habe er rund zwölf Kilo abgenommen und wiege nun 84 Kilo bei 1,75 Meter Grösse. «Mittlerweile verwenden auch viele Bekannte von mir Ozempic.» Von Engpässen für Diabetes-Betroffene habe er gehört. Ein schlechtes Gewissen habe er deswegen aber nicht.
Hast du schon mal von Ozempic gehört?
Diabetiker: «Erschreckendes Gefühl»
Für Diabetikerinnen und Diabetiker wie den Bekim* bedeutet der Hype nichts Gutes. Mittlerweile sei er seit drei Monaten ohne Ozempic: «Ich bin bei vier Apotheken auf der Warteliste», so der 27-Jährige. Es sei für ihn das erste Mal, dass ein Medikament nicht lieferbar ist: «Das ist ein erschreckendes Gefühl.»
Ohne Ozempic müsse er seine medikamentöse Behandlung ändern: «Das ist eine sehr grosse Umstellung.» Ein Drittel mehr Insulin nehme er nun: «Ich habe zugenommen und schlechtere Blutzuckerwerte.»
Bekannte von ihm hätten ihn auch schon gefragt, ob er ihnen Ozempic zum Abnehmen besorgen kann. Schlussendlich hätten sie es gar selbst verschrieben bekommen: «Es ist dann auch schon vorgekommen, dass ich kein Medikament mehr hatte und sie schon. Das ist ein sehr unschönes Gefühl.»
Diabetiker sollen Vorrang haben
«Es ist bedrückend», sagt auch Tanja. Die Diabetikerin nimmt seit 18 Monaten Ozempic, um ihren Blutzucker im Griff zu halten. Da ihre Tochter in der Apotheke arbeite, sei sie bisher nicht von den Lieferengpässen betroffen gewesen: «Das ist ein Privileg.» Sie wisse aber nicht, ob sie es weiterhin schaffe, das Medikament zu bekommen: «Das macht schon Angst.» Für die 46-Jährige bräuchte es eine Gesetzesänderung: «Bei Ozempic müssten die Diabetiker und Diabetikerinnen Vorrang haben.»
*Namen geändert
Keine News mehr verpassen
Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.