Mit Corona im AusgangPartygäste können Isolations-Verweigerer verklagen
280 Partygänger müssen in Quarantäne, weil eine positiv auf Corona getestete Person trotz angeordneter Isolation feiern ging. Für letztere könnte das bei einer Klage teuer werden.
Darum gehts
- 280 Personen sind in Quarantäne, weil eine infizierte Person Party machte, statt sich zu isolieren.
- Wissentlich krank an eine Party zu gehen, könnte sogar als Körperverletzung gelten.
- Zudem muss sich der Isolations-Verweigerer auf Klagen wegen Einnahmeausfällen gefasst machen.
280 Personen schickte der Solothurner Kantonsarzt am Donnerstagabend in Quarantäne, weil eine Person die nach einem positiven Corona-Test angeordnete Isolation verstiess und Party machte. Gilt das schon als Körperverletzung?Andreas Faller, Anwalt spezialisiert auf Gesundheitsrecht: Diese Frage stellt sich durchaus. Es wurden beispielsweise Personen wegen Körperverletzung verurteilt, die positiv auf HIV getestet wurden, trotzdem ungeschützten Sex hatten und dabei andere ansteckten. Die Person hat mit ihrem Verhalten bewusst in Kauf genommen, andere Menschen mit dem Coronavirus anzustecken. Ob das schon unter Körperverletzung fällt, käme darauf an, wie gefährlich der Krankheitsverlauf der Angesteckten ist. Je gravierender der Verlauf und allfällige bleibende Schäden, desto eher geht es in Richtung Körperverletzung.
Missachtung der Quarantänepflicht
Bis zu 10000 Franken Busse
Neben möglicher Klagen kommt auch eine hohe Busse auf den Partygänger mit Corona zu. Im Falle einer vorsätzlichen Missachtung der Quarantänepflicht droht der Person laut Thomas Jud vom Kanton Solothurn eine Busse von 10’000 Franken und im Falle fahrlässigen Missachtens eine von 5000 Franken. «Zurzeit wird geprüft, ob rechtliche Schritte eingeleitet werden und welche Missachtung überhaupt vorliegt.»
Welche Strafe würde der Person bei einer Verurteilung drohen?Die Strafdrohung bei einfacher Körperverletzung ist Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, sofern eine angesteckte Person einen Strafantrag stellt. Schwere Körperverletzung wird von Amtes wegen verfolgt, dort geht die Strafdrohung bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe.
Ist es realistisch, dass der positiv getestete Partygänger dafür effektiv bestraft wird?Daran habe ich grosse Zweifel. Das Problem ist, zu beweisen, dass wirklich genau er die andere Person angesteckt hat. Beim Coronavirus ist das kaum möglich. Sein Anwalt kann einwenden, die betroffene Person habe sich im Tram oder im Supermarkt angesteckt.
Könnten Besucher der Party den Isolations-Verweigerer verklagen, weil sie jetzt in Quarantäne müssen?Das wäre ein mögliches Szenario. Als Betroffener würde ich es versuchen. Dort ist klar, er hat die Quarantäne durch sein Erscheinen verursacht. Ein Selbständigerwerbender könnte dann zum Beispiel seinen Einnahmeausfall einklagen. Denkbar wäre das etwa bei einem Handwerker, der seine Arbeit 10 Tage lang nicht mehr machen kann. Angestellte hingegen haben keinen Schaden, weil sie ihren Lohn auch während der Quarantäne erhalten. Dort könnte allenfalls der Arbeitgeber eine Forderung stellen.
Wie verhält es sich, wenn jemand nicht mit einem positiven Test, aber mit Fieber an eine Party geht?Das reicht sehr wahrscheinlich nicht, um jemanden erfolgreich haftbar zu machen, da die Beweisführung extrem schwierig wäre. Dazu muss die Person sich bewusst sein, dass sie infiziert ist und trotzdem in den Ausgang gehen. Wenn aber jemand mit klaren Symptomen fahrlässig handelt, ist selbst dann eine Haftung denkbar, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Person mit Corona infiziert war.
Es kam nun zu Ansteckungen in Clubs. Kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer deshalb den Ausgang verbieten?Nein, nicht solange es erlaubt ist, in Clubs zu gehen und sich der Arbeitnehmer an alle Regeln hält. Man muss nicht davon ausgehen, nach einem Clubbesuch in Quarantäne gehen zu müssen wie bei der Rückkehr von einer Ferienreise in ein Risikoland.
Zur Person

Andreas Faller ist Rechtsanwalt und Berater im Gesundheitswesen. Er leitete in Vergangenheit bereits den kantonsärztlichen Dienst Basel-Stadt und war als Vizedirektor im Bundesamt für Gesundheit tätig.