In Schweizer Pflegeheimen gibt es Bettgitter und Fixiergurte

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Freiheitsbeschränkungen«Wenn Heime Bettgitter verwenden, wirft das Fragen auf»

In wenigen Schweizer Pflegeheimen werden Bettgitter oder Fixiergurte eingesetzt. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Würde und Selbstbestimmung müssten laut einer Expertin geschützt werden. (Symbolbild)
Es gibt Alternativen, um auf Bettgitter und Fixiergurte zu verzichten. (Symbolbild)
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Würde und Selbstbestimmung müssten laut einer Expertin geschützt werden. (Symbolbild)

Christophe Gateau/dpa

Darum gehts

  • In wenigen Pflegeheimen in der Schweiz würden nach wie vor Gitter oder Fixiergurte eingesetzt.

  • Das sei nicht tolerabel, heisst es von Fachleuten.

  • Die Gründe dafür liegen unter anderem im Fachkräftemangel.

  • Es gibt Alternativen – wie tiefere Betten oder gezieltes Training.

Eine Auswertung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) durch den «SonntagsBlick» bringt Erschreckendes ans Tageslicht: In der Schweiz gibt es Pflegeheime, wenn auch in der Minderheit, die Fixiergurte oder Bettgitter als sogenannte Freiheitsbeschränkungen einsetzen. Sie seien zwar in Ausnahmefällen erlaubt, dennoch selten nötig.

In 80 von etwa 1300 Heimen würden zehn Prozent der Bewohnenden mit Gurten oder Gittern eingeschränkt werden, in 15 Heimen seien es gar 20 bis 50 Prozent. In absoluten Zahlen bedeutet dies gemäss der Zeitung: Im Jahr 2021 hätten schweizweit mindestens 3300 Seniorinnen und Senioren ein Bettgitter gehabt, rund 680 seien angegurtet worden.

Übermässiger Einsatz nicht tolerabel

«Wenn Heime bei 20 oder gar 50 Prozent der Bewohnenden Bettgitter verwenden, wirft das Fragen auf», sagt Albert Wettstein, Vorsitzender der Unabhängigen Beschwerdestelle für ältere Menschen in Zürich. Ein übermässiger Einsatz sei nicht tolerabel. Und Christina Zweifel vom Branchenverband Curaviva ergänzt, dass «Würde und Selbstbestimmung besonders geschützt» werden müssten.

Als Begründung für solche Massnahmen werde genannt, dass auffällige Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz besser unter Kontrolle zu haben sind. Manchmal würden auch Angehörige Bettgitter verlangen.

Eine Pflegewissenschaftlerin der Universität Basel, die die Daten der Untersuchung wissenschaftlich begleitet hat, nennt einen weiteren Grund für den Einsatz solcher Massnahmen: der Fachkräftemangel und fehlende Ressourcen. «Meistens gibt es viele Möglichkeiten, um auf Bettgitter und Fixationen zu verzichten.» Das aber brauche Zeit, Fachwissen und Kreativität.

Mögliche Lösungen seien gezieltes Training von Muskeln und Balance, tiefere Betten oder Matratzen auf dem Boden. In manchen Pflegeheimen werden auch Beruhigungsmittel eingesetzt, was Albert Wettstein Sorgen bereitet.

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