Think pink!Pink ist in Gefängniszellen Trendfarbe Nr. 1
Immer mehr Haftanstalten stecken aggressive Insassen zur Beruhigung in rosarote Räume. Die Selbsthilfegruppe für Häftlinge findet dies demütigend.
Die sprichwörtlich rosarote Brille zeigt im Justizvollzug Wirkung: Gefängnisse in der ganzen Schweiz haben mittlerweile pinkfarbene Räume, die als Beruhigungszellen dienen. Jüngstes Beispiel ist die rosa Zelle in Cham ZG, die am Montag in Betrieb ging. Die Zuger Kantonspolizei bewog die beruhigende Wirkung des Pink-Tons zum Anstrich: «Man geht von einer geringeren Aggressivität ab etwa 15 Minuten in der Zelle aus. Die maximale Aufenthaltsdauer beträgt zwei Stunden», sagt Sprecherin Judith Aklin.
Seit 2006 die erste pinke Zelle im Gefängnis Pfäffikon ZH eröffnete, folgten Dutzende weitere. «Im Justizbereich sind es etwa 20 im deutschsprachigen Raum und nochmals so viele im sozialen und medizinischen Bereich – also Betreuungseinrichtungen oder Kliniken», sagt Farbentwicklerin und -psychologin Daniela Späth, die das «Cool Down Pink» (siehe Box) entwickelt hat. Sie schätzt, dass sich das beruhigende Pink in den Institutionen künftig durchsetzen wird: Die Methode sei kostengünstig und niederschweillig, die Wirksamkeit wissenschaftlich bewiesen. «Es gab schon Häftlinge die sagten: Ich will gar nicht mehr aus der Zelle raus», so Späth.
«Pink ist für die Insassen demütigend»
Nicht gut kommt die Farbe hingegen bei der Selbsthilfegruppe für Strafgefangene und Ausgegrenzte Reform 91 an: «Ich zweifle an der Wirksamkeit. Und dass die Zelle ausgerechnet pink sein muss, ist doch eine Demütigung für die Insassen», sagt Geschäftsleiter Peter Zimmermann. Die Betreiber der Pfäffiker Gefängnisses schwärmen jedoch. «Man habe bisher positive Erfahrungen gemacht. Die Zellen werden häufig zur Entschärfung einer Situation benutzt, etwa wenn ein Insasse seine Zelle beschädigt hat», so Rebecca de Silva, Sprecherin des Zürcher Amts für Justizvollzug.
Der Zuger Baudirektor Heinz Tännler, der die rosarote Zelle am Wochenende eröffnete, fühlte sich von der Farbgebung inspiriert: «Ich empfehle, dass Polizisten künftig pinke Hemden tragen», so Tännler. Die Polizei winkt aber ab. «Das war ein Scherz. Die Zuger Polzei erhielt erst letztes Jahr neue Uniformen und trägt blau», so Sprecherin Aklin.
Was macht Pink?
Der beruhigende Effekt von «Cool Down Pink» ist wissenschaftlich bewiesen: In Farbkabinen liess Entwicklerin Daniela Späth an die 200 Personen den rosaroten Ton anschauen innert einer bis fünf Minuten sank deren Blutdruck. Warum ausgerechnet Pink diese Wirkung hat, ist indes unklar: Die Assoziation mit Babys und Weiblichkeit könnte eine Rolle spielen oder das Rosarot ans Licht im Uterus erinnern. Es gibt aber auch «Aussreisser»: Gewisse Menschen lehnen Pink ab und werden ob dessen Anblick noch aggressiver.