Vielversprechende ResultatePolitik drängt auf Beschaffung des Corona-Medikaments von Roche
«Die Schweiz sollte auf jeden Fall bestellen», sagt der Ex-BAG-Vize. Der Bund verhandelt derzeit, während sich Deutschland schon den Zugang gesichert hat. Schweizer Politiker fordern nun Tempo.
Darum gehts
Roche hat ein vielversprechendes Corona-Medikament entwickelt.
Deutschland hat sich bereits 200’000 Dosen gesichert.
Die Schweiz hat noch nicht bestellt – ist aber in Verhandlung.
Politiker fordern rasche Bestellungen.
Laut dem Ex-Vizedirektor des BAG könnte ein schneller Bezug für die Schweiz möglich sein – wenn Alain Berset aus dem Lonza-Wirrwarr lernt.
Ein Antikörper-Cocktail gegen das Coronavirus macht Hoffnung: Die Kombination der sogenannten monoklonalen Antikörper Casirivimab und Imdevimab verringert das Risiko symptomatischer Corona-Infektionen laut einer Studie um etwa 81 Prozent. Bei Patienten mit symptomatischer Infektion klangen die Symptome demnach im Durchschnitt innerhalb einer Woche ab, verglichen mit drei Wochen in der Placebo-Gruppe. Unerwartete ernste Nebenwirkungen seien nicht aufgetreten. Dies zeigte jüngst eine Phase-3-Studie. Hinter dem Corona-Medikament stehen der Schweizer Konzern Roche und die US-Firma Regeneron. Die Therapie erhielt bereits Ex-Präsident Donald Trump nach seiner Corona-Infektion.
Frühere Untersuchungen zeigten zudem, dass das Medikament das Risiko eines schweren Verlaufs oder des Todes um 70 Prozent senkt. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft das Präparat derzeit. In den USA hatte das Mittel eine Notzulassung erhalten.
Deutschland hat bereits gekauft
Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn hat aufgrund der vielversprechenden Aussichten bereits zugeschlagen: Im Januar gab er bekannt, dass die Regierung 200’000 Dosen zweier Corona-Medikamente, die auf dieser Technologie basieren, gekauft habe. Kostenpunkt: 400 Millionen Euro. Bei einem Präparat hat Deutschland das Produkt von Roche berücksichtigt.
Roche erklärt, man sei derzeit in Verhandlungen mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG). Zu Details äussere man sich nicht. Das BAG will am Dienstag zur Beschaffung Stellung nehmen. Roche hat bei Swissmedic am 10. März ein Gesuch auf Zulassung eingereicht. «Swissmedic prüft die eingereichten Unterlagen und entscheidet auf Basis der Begutachtungsergebnisse», heisst es auf Anfrage.
Zur Frage, welche Rolle das Medikament bei der Bekämpfung des Coronavirus spielen könne, verweist der Basler Konzern auf die guten Ergebnisse der Phase-3-Studie. Produziert wird der Antikörper-Cocktail in Vacaville in Kalifornien. «Wir erwarten, dass wir gemeinsam mit unserem Partner Regeneron pro Jahr mehr als zwei Millionen Dosen des Antikörper-Cocktails herstellen können werden.»
«Schweiz braucht prioritären Zugang»
Politiker drängen nun aufs Tempo: Franz Grüter, Nationalrat und Vizepräsident der SVP, sagt: «Die volkswirtschaftlichen und sozialen Kollateralschäden der Massnahmen sind so gross, dass die Schweiz alles bestellen sollte, was helfen kann.» Man müsse aus dem Impfdebakel lernen: Besser zu viel und von verschiedenen Anbietern bestellen, als dann mit leeren Händen dastehen.
Grüter findet, man müsse auch prüfen, ob eine Herstellung in der Schweiz möglich sei. Auf jeden Fall müsse Gesundheitsminister Alain Berset schleunigst mit der Roche-Spitze Kontakt aufnehmen, um der Schweiz einen prioritären Zugang zu sichern.
Andreas Faller, Ex-BAG-Vizedirektor, sagt: «Die Schweiz sollte auf jeden Fall bestellen.» Ein solches Medikament könne die Impfung zwar nicht ersetzen, da es nicht vor Ansteckung schützt. Es könne aber schwere Verläufe und Todesfälle bei bereits Infizierten verhindern. «Auf dem Weg zurück in die Normalität hilft das enorm, weil weniger Menschen auf der Intensivstation landen.» Er erwarte nun, dass die zuständigen Bundesstellen aus dem Lonza-Wirrwarr gelernt hätten und so rasch als möglich das Gespräch suchten. «Bei Tamiflu gab es die Möglichkeit eines schnellen Bezugs für die Schweiz – es ist gut denkbar, dass dies auch diesmal wieder möglich sein wird.»
«Damit können wir schneller öffnen»
FDP-Fraktionschef Beat Walti sieht im Roche-Medikament eine «Chance, die Alain Berset jetzt nutzen muss». Ein solches Medikament könne die perfekte Ergänzung für die Impfung sein. Und mit Roche verfüge man über einen Hersteller, zu dem die Schweiz einen direkten Draht habe. Eine Beschaffung für die Schweiz werde, da Roche die Rechte am Produkt, und nicht nur am Wirkstoff besitze, beim Medikament noch einfacher.
«Wir müssen nun alles investieren, damit wir schneller öffnen können», sagt Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel. Jeder Tag im Shutdown koste Millionen. «Wenn das Medikament wirkt und Spitalaufenthalte verringert, dann ist es jetzt enorm wichtig, dass der Bund den Zugang dazu ermöglicht.» Gemäss Covid-19-Gesetz kann die Zulassung für therapeutische Behandlungen beschleunigt werden – im Gegensatz zu den Impfstoffen. «Die Pandemie hat gezeigt, dass wir nicht knausrig sein sollten», sagt Humbel. Deshalb sollte die Roche Antikörper-Kombination zusätzlich zum bereits bestellten Medikament reserviert werden. Klar könne es sein, dass damit zu viel bestellt werde: «Das ist das Risiko, das man bei einer Vorsorge eingeht.»
Das hat das BAG bestellt
Einen Reservationsvertrag abgeschlossen hat das BAG mit der Firma Molecular Partners aus Zürich über «einen prioritären Zugang zu den ersten 200'000 Dosen des Covid-19-Medikaments sowie ein Recht auf Lieferung von bis zu drei Millionen weiteren Dosen». Erste Ergebnisse aus Studien sollen noch dieses Quartal vorliegen.
Laut BAG ist das bestellte Medikament ein Immunotherapeutikum. Im Ansatz sei die Therapie vergleichbar mit Mischungen von Antikörper-Therapien, mit denen das Virus neutralisiert werden solle, in einem Medikament. «Wird das Produkt in der Schweiz zugelassen, dient es in erster Linie der Behandlung von mit dem neuen Coronavirus infizierten Personen. Das Medikament könnte in gewissen Fällen auch prophylaktisch zum Schutz vor einer Infektion verabreicht werden, etwa für exponiertes Spitalpersonal oder andere Risikogruppen.»