Evakuationspläne des Bundeshauses liegen offen im Internet

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Politiker fassungslosEvakuationspläne des Bundeshauses liegen offen im Internet

Wenn das Bundeshaus evakuiert wird, müssen sich die Politikerinnen und Politiker an Sammelpunkten treffen. Wo diese sind, ist eine sensible Information – die 20 Minuten aber offen im Internet fand. IT-Politiker sind fassungslos.

Die Sammelplätze für den Notfall sind offen im Netz einsehbar – inklusive Wegbeschreibungen dorthin. 
Verhaltensanweisungen für den Fall eines Brandes – aber auch eine Besetzung durch Demonstrierende – sind ebenfalls zu finden.
Auch die detaillierten Baupläne des Bundeshauses – hier der Ostflügel – sind sichtbar.
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Die Sammelplätze für den Notfall sind offen im Netz einsehbar – inklusive Wegbeschreibungen dorthin. 

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Darum gehts

  • Die Notfalltreffpunkte einer Evakuierung des Bundeshauses stehen offen im Internet.

  • Politiker sind besorgt um ihre Sicherheit an diesen Sammelpunkten.

  • Doch die Parlamentsdienste sehen keinen Handlungsbedarf, die Treffpunkte seien nicht geheim.

Das Bundeshaus wird diese Session einmal evakuiert – als Übung. Dies ist eine Reaktion auf die nicht fehlerfreie Evakuierung im vergangenen Jahr, als ein verwirrter Mann auf dem Bundesplatz vorfuhr und ins Gebäude wollte. Damals ging unter anderem die damalige Ständeratspräsidentin im Gebäude vergessen.

Daraufhin wurden die Sicherheitsmassnahmen – vor allem im Bezug auf eine Evakuierung – überarbeitet. Unter anderem wurde ein Film erstellt, der darüber informiert, was zu tun ist, wenn das Gebäude schnell verlassen werden muss. Der Film wurde zu Beginn der Frühjahrssession am Montag den Räten gezeigt. 

Doch zum Erstaunen des 20-Minuten-Journalisten sind die Evakuationspläne auch offen im Netz zu finden. Neben Grundrissplänen des Bundeshauses – inklusive des Ost- und Westflügels, wo mehrere Bundesräte ihre Büros haben – sind auch die Notfalltreffpunkte für die Evakuierten ausserhalb des Bundeshauses in der Stadt Bern abrufbar. 

«Fürchte um mein Leben» – Politiker empört

Schockiert über die öffentlich verfügbaren Notfalltreffpunkte ist der designierte SVP-Präsident Marcel Dettling. «Im Ernstfall müsste ich ja um mein Leben fürchten, wenn ich schnell aus dem Gebäude muss», sagt er. Franz Grüter, Luzerner SVP-Nationalrat und IT-Unternehmer, kann nur den Kopf schütteln, als er davon erfährt. Er anerkennt zwar lobend, dass nach der Evakuation vergangenes Jahr «etwas gemacht wurde», aber dass die Daten und Pläne offen im Internet stehen, sei «stümperhaft», empört er sich.  

Und Grünen-Nationalrat und ebenfalls IT-Unternehmer Gerhard Andrey schüttelt zwar den Kopf, als auch er von 20 Minuten auf die Sicherheitslücke aufmerksam gemacht wird. Er sagt: «Die Notfalltreffpunkte sind sensitive Informationen, die nicht offen im Netz stehen dürfen», die Parlamentsdienste in die Pfanne hauen wolle er aber explizit nicht.

«Die App kann ein Mittel unter anderen sein, um die Mitglieder des Parlaments bei einer Evakuierung zu informieren», doch das wichtigste Mittel aus seiner Sicht sei das SMS. «Dort muss ich erfahren, wo ich mich über welchen Weg in Sicherheit bringen muss.»

Wüsstest du, wo dein nächster Notfalltreffpunkt ist?

Nach Hinweis von 20 Minuten reagiert der Bund – nicht

Als 20 Minuten die Parlamentsdienste mit den Rechercheergebnissen konfrontiert, passiert nichts. Denn die Information über die Sammelplätze sei nicht geheim.

Gemäss der Sicherheitschefin des Parlaments, Monika Baum, habe man die App, in der die Sammelplätze zu finden sind, nach der Evakuation vor einem Jahr entwickelt. «Sie entspricht einem Bedürfnis der Ratsmitglieder, ist aber auch für Besucherinnen und Besucher des Parlamentsgebäudes nützlich. Deshalb ist der Link zur App auch öffentlich zugänglich.»

20 Minuten hat sich trotzdem entschieden, die Informationen zu den Sammelpunkten nicht zu publizieren. 

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