«Polizeistaat droht»Meloni will knallhartes Gesetz gegen Klimaaktivisten
Das italienische Parlament hat ein mehrteiliges Sicherheitsgesetz angenommen, das schärfere Strafen für Klimaaktivisten vorsieht. Dagegen regt sich Widerstand – in ganz Italien wird demonstriert.
Darum gehts:
Das italienische Parlament hat ein mehrteiliges Sicherheitsgesetz angenommen, welches die Regierung vorgeschlagen hat.
Damit sollen unter anderem Klimaaktivisten, aber auch andere Demonstrierende, härter bestraft werden.
Hinzu kommen schärfere Strafen für passiven Widerstand in Gefängnissen und Asylzentren oder aber die Abschaffung des obligatorischen Strafaufschubs bei Schwangeren oder frisch gebackenen Müttern.
Das vorgeschlagene Gesetzespaket hat im ganzen Land für Proteste und hitzige Debatten gesorgt.
Nun muss der Senat über die neuen Gesetze abstimmen.
In ganz Italien gingen diese Woche Hunderte Menschen und der grösste italienische Gewerkschaftsbund auf die Strasse, um zu demonstrieren. Grund dafür ist ein neues Gesetzespaket – genannt «Sicherheitsgesetz» –, das Strafverschärfungen für vor allem Demonstrierende und Flüchtende vorsieht. Auch die Oppositionsparteien schlossen sich den Protesten an.
Vergangene Woche wurden die über 20 neuen Gesetze, die aus der Feder von Ministerpräsidentin Giorgia Melonis rechtskonservativer Regierung stammen, vom Parlament angenommen – nun steht noch die Entscheidung des Senates aus. Das Gesetz sorgte für hitzige Debatten, gar die konservative Forza Italia hegte Zweifel gegenüber dem Vorhaben.
Die wichtigsten Gesetze, die eingeführt werden sollen
«Anti-Ghandi-Regel»: Wer sich in einem Gefängnis oder Asylzentrum an Revolten beteiligt oder passiv Widerstand leistet, etwa in Form eines Hungerstreiks, soll mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden.
Abschaffung des obligatorischen Strafaufschubs für verurteilte Schwangere oder Mütter mit bis zu einjährigen Kindern. Die Regierung beschrieb die Massnahme als gegen «Romnja-Taschendiebe» in U-Bahnen gerichtet, die oftmals schwanger seien.
Cannabis light, also Hanf mit niedrigem THC-Gehalt, soll Cannabis mit hohem THC-Gehalt gleichgestellt werden. Auch zu industriellen Zwecken hergestellte Hanfblüten, etwa für therapeutische Zwecke, gälten dann als Betäubungsmittel.
Aktivisten, die an Sitzstreiks auf Strassen oder Schienen teilnehmen, drohen künftig Handschellen: Die Verwaltungssanktion soll in eine Straftat umgewandelt werden, die mit Freiheitsstrafen von bis zu sechs Jahren und Geldstrafen von bis zu 300’000 Euro geahndet wird. Die Strafe fällt höher aus, wenn mehrere Personen am Protest teilnehmen.
Werden mit dem Sitzstreik wichtige Brücken oder Bahnstrecken blockiert, drohen härtere Strafen. Als Beispiele werden in der Berichterstattung etwa die geplante Brücke zwischen dem Festland und Sizilien oder die Bahnstrecke zwischen Italien und Frankreich, die sich derzeit im Bau befindet, genannt.
Im Wiederholungsfall sollen Polizeikommissare ein Zugangsverbot für Bereiche der Verkehrsinfrastruktur und deren Einrichtungen, etwa Bahnhöfe, für diese Personen aussprechen können – auch, wenn noch keine rechtskräftige Strafe ausgesprochen wurde.
Sicherheitsbeamte wie Polizisten und Carabinieri sollen Zweitwaffen ohne Lizenz ausserdienstlich tragen dürfen, darunter lange Feuerwaffen, Revolver und Pistolen jeder Grösse und Stockdegen mit maximal 65 Zentimeter langen Klingen.
Nicht-EU-Bürger sollen eine Aufenthaltserlaubnis haben müssen, um eine SIM-Karte zu kaufen. Verkauft ein Geschäft diese trotzdem, könne die Schliessung erfolgen.
Das kritisieren Gegner des Sicherheitsgesetzes
Gewerkschaften und Linksparteien kritisieren, dass die Demokratie eingeschränkt und friedliche Proteste erschwert würden. Die Mitte-Linkspartei der Demokraten erklärte das Sicherheitsgesetz zum «Angriff auf die individuellen und kollektiven Freiheiten». Die Grünen warnten vor einem «permanenten Polizeistaat».
So argumentiert die Regierung unter Giorgia Melona
Der stellvertretende Ministerpräsident Matteo Salvini von der Lega-Partei hat eine Dringlichkeitsprüfung beantragt und fordert, der Zustimmung des Gesetzes «höchste Priorität» einzuräumen. Er fordert schon länger härtere Geld- und Gefängnisstrafen für Klimaaktivisten, nachdem es in Italien zu einer Reihe von Protesten mit Strassensperren und Aktionen gegen berühmte Kunstwerke und Denkmäler gekommen war. Die Regierung will mit dem Gesetzespaket die öffentliche Ordnung und die nationale Sicherheit stärken.
Mit Material von «La Stampa», «The Guardian», «Domani» und «Il Post».
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