Eis go zieh mit... Nadine Masshardt«Populismus ist nicht mein Ding»
Sie ist die jüngste Frau im Nationalrat, im Mai bekommt sie ihr erstes Kind: ein Gespräch mit der Berner SP-Politikerin Nadine Masshardt.
Für Nadine Masshardt läuft es derzeit rund: Vor einem Jahr rutschte sie für Ursula Wyss in den Nationalrat nach. Dort politisiert die 29-Jährige seither für die SP – als jüngste Frau im Parlament. Anfang Mai erwartet sie ihr erstes Kind. Das Bäuchlein zeichnet sich schon deutlich unter dem kaiserblauen Oberteil ab, als die Jungpolitikerin auf die Minute pünktlich vor der Crêperie Le Carrousel erscheint. Vor dem Lokal ist noch ein Tisch in der Sonne frei. Natürlich bestellt die werdende Mutter kein Bier – es gibt eine Schale und ein Glas Hahnenwasser.
Für Masshardt, die in den letzten zehn Jahren alle Stufen von der kommunalen bis zur nationalen Politik durchlaufen hat, ist klar: «Mein Nationalratsmandat werde ich auch nach der Geburt meines Babys mit gleich viel Herzblut weiterführen.» Die Betreuungsarbeit will sie sich mit ihrem Partner, der Teilzeit arbeitet, teilen. Pro Woche seien auch zwei Tage in der Krippe geplant, «damit der Austausch mit Gleichaltrigen möglich ist». Im Vergleich zu anderen Ratskollegen mit kleinen Kindern habe sie zudem einen entscheidenden Vorteil: «Ich wohne in der Stadt Bern. Wenn etwas ist, bin ich im Notfall in zehn Minuten mit dem Velo zu Hause.»
Keine «Schaumschlägerei»
Es ist ihre Beharrlichkeit, die Masshardt bis ins nationale Parlament gebracht hat. Sie gilt als Arbeitstier, das sich in jedes Dossier gewissenhaft einarbeitet. «Populismus und Schaumschlägerei sind nicht mein Ding», bestätigt die junge Bernerin. Dass sie das Nachsehen haben könnte, weil sie sich nicht mit schrillen Aktionen in die Schlagzeilen bringt, glaubt sie nicht. «Ich habe eher das Gefühl, dass ich mir als junge Politikerin genau dadurch Respekt verschaffen konnte, dass ich mich in den Dossiers gut auskenne.»
Als ihre Steckenpferde betrachtet Masshardt die Energie- und Verkehrspolitik. Neben ihrem Nationalratsmandat ist sie Co-Präsidentin des WWF Kanton Bern und Präsidentin des Vereins Läbigi Stadt, der sich für den ÖV sowie Fuss- und Veloverkehr in Bern einsetzt. Auf der nationalen Politbühne kann sie sich bisher noch nicht an vorderster Front für diese Themen engagieren: Die SP setzte sie auf den ersten Ersatzplatz für die Umwelt- und Energiekommission. Dass sie in der Verkehrskommission Einsitz nimmt, ist bislang nicht geplant. Trotzdem hat Masshardt in der Debatte zur Fabi-Vorlage im Rat bereits das Wort ergriffen. Zudem sorgte sie mit einem Vorstoss zur einfacheren Einführung von Tempo-30-Zonen öffentlich für Aufsehen.
In der staatspolitischen Kommission, in der sie derzeit Mitglied ist, setzt sich die SP-Frau für mehr Transparenz bei der Parteifinanzierung ein: «Es kann doch nicht sein, dass die Schweiz in dieser Frage im Vergleich zu den meisten Ländern eine solche Dunkelkammer ist!», ereifert sie sich. Das Volk wolle wissen, wer hinter Wahl- und Abstimmungskampagnen stecke.
Enge Freundschaft mit Parteikollegin Allemann
Mit ihrer Begeisterung für die Politik will die 29-Jährige auch andere Junge anstecken: «Ich empfange im Parlament viele Schulklassen und diskutiere mit ihnen über aktuelle Themen.» Dabei wolle sie aufzeigen, dass Politik das Leben der Schüler direkt betrifft: «Kommt man nach dem Ausgang noch mit dem Nachtbus nach Hause? Findet man eine Lehrstelle? Gibt es genügend Krippenplätze? Das sind alles Fragen, die im Alltag relevant sind.»
Auch Masshardt hatte jemanden, der sie an der Hand nahm, als sie im Jahr 2004 ihre ersten Schritte in der Langenthaler Lokalpolitik machte: Im Rahmen eines Mentoring-Programms durfte sie die damals frischgewählte Nationalrätin Evi Allemann ein Jahr lang begleiten. Heute sind die beiden mehr als Parteikolleginnen: «Es ist eine enge Freundschaft entstanden, die über das Politische hinausgeht.»
«Eis go zieh mit...»
Während den Parlamentssessionen trifft sich 20 Minuten jeweils mit bekannten und weniger bekannten Politikern verschiedener Parteien auf ein Bier. Oder auch auf ein Glas Wein, einen Kaffee oder einen Himbeersirup. Hauptsache, es entstehen spannende Gespräche, die auch einen Einblick in die Persönlichkeiten hinter der politischen Arbeit erlauben.