Porsches E-Pony

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Car of the weekPorsches E-Pony

Es ist sicherlich nicht einfach, Fahrer traditionsreicher Sportwagen mit sechs, acht oder gar zwölf Zylindern auf elektrischen Vortrieb umzupolen. Aber der Porsche Taycan könnte es tatsächlich schaffen.

von
Michael Köckritz

Porsches E-Sportler hat endlich einen Namen – und es ist ein Pferd. Na ja, nicht wirklich, aber laut den Zuffenhausener Pressesprechern hört der neue Voll-Elektriker nicht mehr auf den Namen Mission E, – zumal das der Oberbegriff für die gesamte Elektro-Offensive von Porsche werden soll –, sondern auf Taycan. Das sei ein Wort für ein lebhaftes Fohlen in einem (nicht genauer definierten) asiatischen Dialekt, wird erklärt. Namen sind Schall und Rauch, also sei's drum.

Satte 600 PS und von Null auf hundert in 3,5 Sekunden. Auch vollelektrisch hat Sportlichkeit bei Porsche Priorität. Video: Vizzr

Eindrücklich: Die Reichweite soll 500 Kilometer betragen. Video: Vizzr

Bis das neue, elektrifizierte Pferd über die Strassen dieser Welt galoppiert, werden sich allerdings noch ein paar Kleinigkeiten ändern: Die falschen Auspuffblenden, die bei den Erlkönigen des Mission E am Heck prangten, werden mit grosser Sicherheit nicht in Serie gehen. Die hätten nur der Tarnung gedient, heisst es. Auch die chicen Kameras, die beim Taycan-Vorzeigemodell noch die Rückspiegel ersetzten, dürften der Produktionskosten-Schere zum Opfer fallen – ebenso wie die Hologramm-Darstellungen im Cockpit. Schade, aber verständlich. Die gegenläufig öffnenden Türen weichen vier konventionellen und sind vorne angeschlagen. Dafür gibt es eine anständige B-Säule.

Geschätzter Preis: knapp unter 100'000 Euro

All das tut dem guten Aussehen des Taycan keinen Abbruch. Der «erste Elektro-Sportwagen mit der Seele eines Porsche», mit einem geschätzten Preis von knapp unter 100'000 Euro sieht nicht nur gut aus, sondern ist auch schnell. Ein dynamisch geschwungenes Profil, ein gedrungenes «Greenhouse», beeindruckende Muskelpakete über den Radkästen und eine extrem flach abfallende Haube inklusive raffiniert geschlitzter Lufteinlässe machen aus dem Elektriker auch optisch einen echten Porsche. Auch von verschiedenen Varianten ist schon die Rede. Es sei allerdings noch ein Weilchen hin, bis die Zuffenhausener auch eine fünftürige Shooting-Brake-Version auf den Markt bringen werden. Aber sie käme. Und bald. Darauf gibt ja auch schon der in Genf vorgestellte Mission E Cross Turismo Concept einen Ausblick. Wobei: «Hier war uns die Kombination diverser Fahrzeugcharakteristika wichtig. Mit dem Fahrzeug kann man morgens zum Meeting in die Stadt und abends fährt man damit in sein Chalet in die Schweizer Alpen», sagt Designchef Michael Mauer.

Die Reichweite, angegeben mit eindrucksvollen 500 Kilometern, reicht locker, um von Stuttgart bis hinter Zürich zu kommen. Bei einer etwas zurückhaltenderen Fahrweise könnte es sogar bis ins Tessin reichen – und wenn nicht, kann man in vier Minuten zusätzliche hundert Kilometer «tanken», vorausgesetzt, man findet eine 800-Volt-Ladestation in Luzern und Umgebung. Dann lädt der Wagen auch in 15 Minuten auf 80 Prozent, was im wirklichen Leben für weitere 280 Kilometer reicht.

Zwei permanent-erregte Synchronmotoren produzieren 600 PS

Schnell genug, um alle Radarfallen der Schweiz der Reihe nach auszulösen, wäre der Taycan auf jeden Fall. Zwei permanent-erregte Synchronmotoren (PSM), ähnlich denen im Le Mans 919 Hybrid, produzieren 600 PS und beschleunigen ihn in 3,5 Sekunden auf 100 und in zwölf Sekunden bis auf 200. Das könne der Taycan – im Gegensatz zum Tesla – den ganzen lieben langen Tag, wird uns versichert, ohne dass die Leistung auf Schleichmodus geht.

Obwohl die Motoren alle vier Räder per Torque Vectoring antreiben, liefert der Taycan deutlich mehr Leistung an die Hinterachse und macht aus dem Fahrzeug de facto einen Heckantriebler, was traditionelle Porschefahrer erfreuen dürfte. (Gerüchte, nach denen Porsche bald auch eine weitere Version mit reinem Heckantrieb bringen wird, wurden noch nicht bestätigt.) Um Beschleunigung und Vortrieb bis zum Top-Speed ohne Abbruch zu sichern, verwendet Porsche ein Zwei-Gang-Getriebe, eine Neuheit bei E-Mobilen. Abgeriegelt wird bei 250 km/h. Dabei soll es keine kostenpflichtigen Ausnahmen geben, da eine höhere Spitzengeschwindigkeit die Arbeitstemperatur deutlich in den roten Bereich bringen würde.

Eine Kamera überwacht Blickrichtung und Körperhaltung des Fahrers

Im Innenraum herrscht reichlich Platz für vier Einzelsitze im Rennschalen-Design, da kein Getriebetunnel die Beinfreiheit einschränkt. Eine Kamera überwacht Blickrichtung und Körperhaltung des Fahrers und richtet die 3D-Darstellung der Instrumente auf den Fahrer aus. Die Bedienung geschieht dann über Blick- und Gestensteuerung. Ansonsten sind alle üblichen technologischen Hilfsmittel an Bord.

Alles in allem hat der Taycan das Zeug, selbst eingefleischte Elektro-Skeptiker davon zu überzeugen, dass ein elektrischer Porsche ein Porsche sein kann. Am Sound hingegen müsste man noch basteln, gaben die Techniker bei der Präsentation zu. Aber bis zum Start im nächsten Jahr ist noch ein wenig Zeit.

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