TG01Power auf Dauer?
Toshiba bringt ein Smartphone mit dem bislang schnellsten Prozessor auf den Markt. Ob es seine Nutzer rasend oder rasant macht, verrät der Test von 20 Minuten Online.
Anfang August soll das Toshiba TG01 hierzulande für etwa 900 Franken in die Läden kommen. Dass ein früher Marktstart nicht immer von Vorteil sein muss, erfuhren vergangene Woche deutsche Käufer des Smartphones. Der dortige Anbieter O2 nahm es kurzfristig aus dem Sortiment, weil sich ab Werk auf einigen der mitgelieferten Speicherkarten ein Virus befand, berichtete inside-handy.de Nähere Informationen zu dem Schadprogramm wurden nicht mitgeteilt. Mittlerweile ist das Handy aber wieder verfügbar.
20 Minuten Online bekam vom Schweizer Vertriebshändler autronic vorab ein Exemplar des Toshiba-Geräts zur Verfügung gestellt, um es zu testen. Zunächst fällt einem das billig wirkende Design ins Auge. Setzen andere Hersteller auf Aluminium oder sonstige edel aussehende Metalle, verwendet Toshiba Kunststoff, der dafür aber den Vorteil hat, nicht so schnell zu verkratzen. Und Angriffsflächen böte das übergrosse Gerät viele; es misst 70 x 130 x 10 Millimeter und wiegt dabei trotzdem vergleichsweise geringe 130 Gramm. Hervorstechendes Merkmal ist der 4,1-Zoll-Touchscreen, welcher eine Auflösung von 800 x 480 Pixeln mitbringt. Ein so grosses Display hat bislang noch kein Handy gehabt. Leider reagierte der Touchscreen nicht immer wie gewünscht und oftmals mit Verzögerung. Vor allem am rechten Rand platzierte Icons oder Keys der virtuellen Tastatur konnten wir im Test nur schwer erwischen. Hier wäre es wünschenswert gewesen, zumindest einen Stift mitgeliefert zu bekommen.
Prozessor kämpft mit dem Betriebssystem
Toshibas TG01 ist das erste Handy, welches mit dem 1-Gigahertz-Prozessor Snapdragon auf den Markt kommt. An Arbeitsspeicher hat man dem Smartphone 256 Megabyte spendiert. Beim Benutzen diverser Anwendungen fielen signifikante Performancesprünge aber nur beim Starten auf. Man könnte unken, dass dies auch an dem Betriebssystem Windows Mobile 6.1 liegt, welches dafür bekannt ist, ressourcenfressend zu sein und öfter auch mal scheinbar grundlos abzustürzt. Dies musste 20 Minuten Online unter anderem beim Test des Sony Ericsson Xperia X1 erfahren.
Zurück zum TG01: Toshiba hat sich für die Navigation ein Streifen-Layout einfallen lasst, wie im obigen Bild zu sehen ist. Was auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig ist, hat auf den zweiten durchaus seinen Reiz, weil man so das Handy nach Kategorien individualisieren kann - beispielsweise nach Büro und Freizeit. Im Test gab es allerdings in sieben von zehn Versuchen Probleme mit dem verzögerungsfreien Aufrufen der Streifen. Weniger zu meckern gibt es an der Ausstattung: HSDPA (7,2 Mbit/Sek.), HSUPA (2 Mbit/Sek.), WLAN, 8-Gigabyte-Speicherkarte und GPS bekommt der Kunde für sein Geld. Was wir schmerzlich vermisst haben, ist ein 3,5-Millimeter-Anschluss für den eigenen Lieblingskopfhörer.
Keine Fotos für die Galerie
Im Test war der Akku nach dreieinhalb Stunden Gesprächszeit leer. Das ist solide - mehr aber nicht. Das gilt auch für die 20 Testfotos, die wir mit der 3-Megapixel-Kamera geschossen haben; vor allem in schlecht beleuchteter Umgebung war nicht mehr viel zu holen. Ein Blitz wurde schmerzlich vermisst. Abzüge gibt es auch für die schlechte Sprachqualität, wie wir sie bei Handys für 900 Franken noch nicht erlebt haben.
Angenehm überrascht waren wir vom Surfen mit dem vorinstallierten Internet Explorer. In der Regel hat dieser immer wieder mit viel zu langen Seitenladezeiten und Anzeigeproblemen zu kämpfen. In unserem Test lief er hingegen tadellos. Auch das Anschauen von Videos mit dem Core Player machte grossen Spass. An Formaten werden MPEG4, H263/264 und WMV unterstützt. Der leistungsfähige Prozessor sollte auch keine Probleme mit Filmen haben, die in den Formaten DivX oder Xvid vorliegen, für diese hat Toshiba aber keine Unterstützung eingebaut.
Das TG01 ist eine exzellente E-Mail-Maschine, die keine Probleme mit HMTL-Nachrichten hat. Anhänge wie Word- oder Excel-Dokumente liessen sich dank der mitgelieferten Programme problemlos öffnen und bearbeiten. Nur bei der Verwaltung von Kontakten gibt es einen Kritikpunkt. Hier wäre es nützlich gewesen, sie mit Bildern versehen zu können. Gut gefallen hat uns hingegen, dass man einstellen kann, dass das Gerät bei kurzem Schütteln beispielsweise einen Anruf annimmt oder zum Telefonbildschirm springt.
Fazit
Als das TG01 im Frühjahr auf dem Mobile World Congress zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert wurde, reagierte die Fachwelt überwiegend positiv, denn man sah ein grosses Smartphone mit leistungsstarkem Prozessor und einen der bekanntesten IT-Konzerne als Hersteller. Warum dieser es aber versäumt hat, mehr aus dem Gerät zu machen, ist schwer verständlich. So ist rätselhaft, warum man nur einen 1000-mAh-Akku verbaut hat, der erwartungsgemäss nicht lange durchhält. Auch die Kamera ist ebenso wie das Design samt verwendeter Materialien eher enttäuschend. Dafür bekommt der Nutzer einen sehr guten Videoplayer und ausgereifte Office-Funktionen. Alles in allem tritt Toshiba damit aber nicht aus der Masse der Handyhersteller heraus und bietet ausser der Displaygrösse und CPU-Power wenig Besonderes anlässlich des Wiederaufstiegs in die Smartphone-Liga.