Pro-Palästina-Beiträge – Bund geht auf Distanz zu Migranten-Magazin

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«Baba News»Pro-Palästina-Beiträge – Bund geht auf Distanz zu Migranten-Magazin

Das Online-Magazin «Baba News», das durch den Bund unterstützt wird, steht wegen Äusserungen zum Israel-Konflikt in der Kritik.

Das Online-Magazin «Baba News», gemäss Eigenbeschrieb eine Stimme für Personen mit Migrationshintergrund und unterstützt von Bundes- und weiteren öffentlichen Stellen, widmete dem Nahost-Konflikt Beiträge und Posts.
Das Magazin wird von zahlreichen Personen und Institutionen unterstützt, darunter vom Bund, von der Stadt Zürich und vom Migros-Kulturprozent.
Der schweizerischer Israelitischer Gemeindebund (SIG) ist entsetzt über den Podcast von «Baba News» zu Israel. «Die beiden Chefredaktorinnen schaffen es, über eine Stunde lang über den aktuellen Krieg in Israel zu sprechen und dabei die Terroranschläge vom 7. Oktober praktisch nicht zu erwähnen», sagt SIG-Generalsekretär Jonathan Kreutner.
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Das Online-Magazin «Baba News», gemäss Eigenbeschrieb eine Stimme für Personen mit Migrationshintergrund und unterstützt von Bundes- und weiteren öffentlichen Stellen, widmete dem Nahost-Konflikt Beiträge und Posts.

Screenshot babanews.ch

Darum gehts

  • Ein Podcast des staatlich unterstützten Online-Magazins Baba News zum Thema Israel gibt zu reden.

  • Die Autorinnen nehmen die Perspektive der Palästinenser ein.

  • Die eidgenössische Kommission gegen Rassismus kritisiert den Beitrag, das Staatssekretariat für Migration verlangt eine Erklärung.


Seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas vor drei Wochen sind die Augen auf Nahost gerichtet. Auch das Online-Magazin «Baba News», gemäss Eigenbeschrieb eine Stimme für Personen mit Migrationshintergrund und unterstützt von Bundes- und weiteren öffentlichen Stellen, widmete dem Konflikt Beiträge. Ein einstündiger Podcast sorgt nun für heftige Kritik.

«Bedingungslose Solidarität mit Israel widerspricht jeglichen demokratischen Grundsätzen», lautet der Titel des Podcasts. Die Chefredaktorin sowie die stellvertretende Chefredaktorin von «Baba News» nehmen die palästinensische Perspektive ein und beschweren sich - zusammengefasst - darüber, dass man wegen Israelkritik gleich als antisemitisch gelte. Dass man nicht einmal den «Kontext» erwähnen dürfe. «Kontext» heisst: Die Terrorattacke vom 7. Oktober auf Israel nicht bedingungslos zu verurteilen, sondern auf die historischen Hintergründe und die Situation der Palästinenser hinzuweisen. 

«Gewalt wird auf perverse Weise verherrlicht»

Der schweizerische israelitische Gemeindebund (SIG) ist erschüttert. «Die beiden Chefredaktorinnen von Baba News schaffen es, über eine Stunde lang über den aktuellen Krieg in Israel zu sprechen und dabei die Terroranschläge vom 7. Oktober praktisch nicht zu erwähnen», sagt Generalsekretär Jonathan Kreutner. Der Beitrag lasse journalistische Standards in krasser Weise vermissen.

Der beispiellose Terrorangriff auf die israelische Zivilbevölkerung werde kaum erwähnt, sondern verharmlost, gleichzeitig werde Israel zum Alleinschuldigen hochstilisiert. Das sei einerseits eine klassische Opfer-Täter-Umkehr, andererseits «einfach nur Propaganda, die einen mörderischen Terror zum Freiheitskampf verklärt und Gewalt auf perverse Weise verherrlicht». 

Was meinst du zur Haltung von «Baba News»

Beim Bund ist man ebenfalls irritiert. Die eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) hält den Podcast sowie weitere Publikationen von «Baba News» zu Israel für «einseitig und voreingenommen», wie die Sprecherin sagt. Es sei verständlich und legitim, dass gerade jüdische Menschen über die Art der Beiträge schockiert und empört. Wie die EKR darauf reagiert, ist derzeit nicht zu erfahren. Das sei Gegenstand von Gesprächen.

Auch das Staatssekretariat für Migration (SEM), das in der Vergangenheit Beiträge von Baba News unterstützt hat und unter «Freunde und Partner» gelistet ist, fordert eine Stellungnahme von der Medienplattform. «Diese ist noch nicht bei uns eingetroffen», sagt Kommunikationschef Daniel Bach. Auch wolle das SEM nicht mehr als Partner auf der Baba-News-Website aufgeführt werden, das sei «irreführend».

Die Stadt Zürich zählt ebenfalls zu den Institutionen, welche Projekte von Baba News unterstützt hat. Dort verweist Sprecher Lukas Wigger darauf, dass nur Workshops mitfinanziert wurden, keine Medienbeiträge. Und er verweist auf die Medienmitteilung von dieser Woche, in welcher der Stadtrat den zunehmenden Antisemitismus verurteilt.

Baba-News-Chefredaktorin Albina Muhtari weist die Kritik zurück. Die Vorwürfe des SIG seien «diffuse Unterstellungen mit dem Ziel, Kritik an der israelischen Politik zu delegitimieren». Davon lasse sich Baba News nicht einschüchtern, schreibt sie auf Anfrage von 20 Minuten. Ziel der Podcast-Folge sei es gewesen, die aktuellen Ereignisse in einen gesamtheitlichen Kontext, «sprich: insbesondere die israelische Besatzungspolitik», zu setzen.

Dabei hätten sie sich auch auf israelische Stimmen bezogen und fundiertes Wissen über die Besatzungspollitik mitgeliefert. «Oft wird nämlich verkannt, dass die Besatzungspolitik insbesondere in Israel selbst stark kritisiert wird.» Mit Einbezug der israelischen Stimmen sei der Beitrag alles andere als einseitig.

Dass sich der SIG am Podcast stört, könne sie nicht nachvollziehen, denn es gehe zu keiner Zeit um die jüdische Gemeinschaft an sich, sondern um «Kritik an einem Staat, der gemäss Organisationen wie Amnesty ein Apartheidsystem aufrechterhält.» Der Propaganda-Vorwurf mache deutlich, welch geringe Bedeutung der SIG anscheinend dem Völkerrecht zuspreche. «Und auch die Frage nach der Täter-Opfer-Umkehr erübrigt sich, wenn wir bedenken, dass Israel in kürzester Zeit über 7000 Zivilisten, darunter 3000 Kinder, getötet hat.»

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