Psychisch Kranker hortete Uran
Nach dem rätselhaften Fund von angereichertem Uran in einem niedersächsischen Garten ermittelt die Staatsanwaltschaft Hildesheim gegen den offenbar psychisch kranken Grundstücksinhaber.
Wie der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Christian Gottfriedsen, sagte, wurden Haus und Garten des 45-Jährigen aus Lauenförde im Kreis Holzminden am Donnerstag erneut von der Polizei durchsucht.
In dem Garten hatten Beamte des Umweltministeriums vor einer Woche eine Plastiktüte mit einem Stahlbehälter ausgegraben, in dem sich 14 Uran-Pellets mit einem Gesamtgewicht von 110 Gramm befanden. Die Herkunft der Pellets, mit denen normalerweise Brennstäbe von Leichtwasserreaktoren gefüllt werden, war weiterhin völlig unklar: Weder in den niedersächsischen Atomkraftwerken noch in der Lingener Brennelementfabrik würden Pellets vermisst, teilte das Umweltministerium mit. Einzelne Uran-Pellets seien in diesen Anlagen normalerweise nicht in Benutzung.
Auch der Sprecher des stillgelegten Atomkraftwerks Würgassen, Peter Klimmek, sagte der AP: «Das Material stammt definitiv nicht aus unserem Kernkraftwerk.» Die Person, bei dem die Pellets gefunden wurden, sei nie in der nahe Lauenförde gelegenen Anlage beschäftigt gewesen. In Würgassen seien auch niemals Uran-Pellets verwendet worden. Das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium bestätigte die Angaben.
Der 45-Jährige Lauenförder, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen unerlaubten Umgangs mit radioaktiven Stoffen ermittelt, wurde mehrfach in der Psychiatrie behandelt. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, der letztlich zum Auffinden der Pellets führte, habe er selbst von Psychiatrie-Aufenthalten berichtet, erklärte das Umweltministerium in Hannover.
Ein Regierungssprecher in Berlin bestätigte, dass der 45-Jährige schliesslich im Januar über seine Anwälte das Bundeskanzleramt über das Uran in seinem Besitz informiert habe. Das Schreiben sei geprüft und an das Bundesumweltministerium weitergeleitet worden, hiess es. Dieses habe dann das niedersächsische Umweltministerium informiert.
Die Uran-Pellets befanden sich offenbar bereits Anfang der 90er Jahre im Besitz des Mannes. Schon 1994 habe er sich deswegen an die Behörden gewandt: «Es gab aber Besonderheiten in der Persönlichkeit, die Anlass waren, mit den Angaben vorsichtig umzugeben», sagte Oberstaatsanwalt Gottfriedsen, der schon seinerzeit die Ermittlungen führte. Die Polizei durchsuchte 1994 erfolglos einen Wald. Der 45-Jährige habe seinerzeit den Ort nicht richtig angeben können, sagte der Sprecher der Polizei in Hameln.
Zweite Untersuchung des Urans soll Aufschluss bringen
Die ein Zentimeter hohen zylindrischen Pellets, die das Umweltministeriums vor einer Woche sicherstellte, bestehen aus zu vier Prozent angereichertem Uran. Für waffentaugliches Uran muss das leicht spaltbare Uran-Isotop 235 auf mindestens 60 Prozent angereichert werden. In Deutschland ist der Besitz von Kernbrennstoffen jeder Art nur mit atomrechtlicher Genehmigung und unter staatlicher Aufsicht erlaubt.
Nach Angaben des niedersächsischen Umweltministers, Hans-Heinrich Sander, sollen die 14 Pellets nun vom Institut für Transurane in Karlsruhe untersucht werden. Von der Analyse erhoffe man sich Aufschluss darüber, wo der Kernbrennstoff hergestellt wurde und wie er aus der staatlichen Kontrolle verschwinden konnte, sagte der FDP-Politiker. Gefahren für die Umwelt gingen von dem Uran nicht aus.
(sda)