«Puls»-SendungBeschwerdeflut gegen SRF wegen Aussagen über Homöopathie
Nachdem SRF das Protokoll zu einem «Puls»-Chat zum Thema Komplementärmedizin veröffentlicht hat, gehen bei der Ombudsstelle des gebührenfinanzierten Medienhauses 16 Beschwerden ein.
Darum gehts
SRF veröffentlicht das Protokoll eines Chats zum Thema Komplementärmedizin mit vier Fachpersonen.
Zuschauer bemängeln, das Protokoll verbreite Falschaussagen – 16 Personen haben bei der Ombudsstelle Beschwerden eingereicht.
SRF betont, dass es sich beim Chatprotokoll lediglich um eine Ergänzung zu einer Sendung handle, in der beide Seiten abgebildet werden.
Auf Anfrage erklärt der Dachverband der Komplementärmedizin, dass seine Methoden sicher und die Wirksamkeitsnachweise erbracht seien.
Am Montag hatte SRF das Protokoll zum «Puls»-Chat über Komplementärmedizin veröffentlicht – kurze Zeit später formierte sich in den sozialen Medien Widerstand gegen den Beitrag: Zuschauer rufen dazu auf, den Artikel des Gesundheitsmagazins bei der SRF-Ombudsstelle anzuzeigen.
Der Chat beinhalte strittige Aussagen über komplementärmedizinische Behandlungen, ohne dieselben zu hinterfragen. Kritisiert wird etwa die Aussage, dass schulmedizinische Medikamente dank Homöopathie reduziert oder sogar pausiert werden könnten. Ferner fehle es an eindeutig erkennbaren Hinweisen, dass es «keinerlei wissenschaftliche Belege» für die Wirkung homöopathischer Arzneimittel und Therapiemethoden gebe.
Auf dem Subreddit «r/Bünzli» schreibt ein Zuschauer dazu beispielsweise, dass es sich beim SRF-Beitrag um «Scharlatan-Gugus» handle: «Ein klarer Fall für die Ombudsstelle.» Ein anderer moniert seinerseits, dass vornehmlich eine der konsultierten Expertinnen «gemeingefährlich» sei.
Beschwerdeflut bei der SRF-Ombudsstelle
Auf Anfrage bestätigte die SRF-Ombudsstelle bereits am Donnerstag, dass 16 unterschiedliche Beschwerden über den Beitrag eingegangen seien – SRF nimmt diese zur Kenntnis, wie die Medienstelle erklärt.

Das Chatprotokoll zur «Puls»-Sendung über komplementärmedizinische Behandlungen sorgt für Stunk und eine Beschwerdeflut bei der Ombudsstelle: Der Beitrag verbreite «Scharlatan-Gugus», so die Kritik. (Symbolbild)
20min/Michael ScherrerGleichzeitig betont das Medienhaus, dass es sich beim Chatprotokoll lediglich um einen Anhang zur «Puls»-Sendung «Komplementärmedizin – Hokuspokus oder heilsame Ergänzung» handle: «Darin wird das Thema kritisch und aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet.»
Kaum Belege für Wirksamkeit der Homöopathie
Tatsächlich kommt Hausarztmedizin-Professor Thomas Rosenmann in der Sendung zu Wort: «Es gibt komplementärmedizinische Anwendungen, die gut belegt sind – aber auch Anwendungen, da fehlt im Grunde jeglicher Wirksamkeitsnachweis.» In der Homöopathie gebe es beispielsweise «praktisch keine Belege» dafür, dass die Substanzen «irgendeine Wirkung» entfalten könnten, die über einen Placebo-Effekt hinausgehe.
Diese Stimme fehlt allerdings im Chatprotokoll – Kritik wird dort fast ausschliesslich aus dem Publikum geäussert. Eine der Expertinnen behauptet sogar, dass Homöopathie auch bei Pflanzen und Tieren wirke, weshalb deren Wirksamkeit über den Placebo-Effekt hinausgehen müsse.
Zahlreiche der Behauptungen erscheinen vor dem Hintergrund der Aussagen des Schulmediziners fragwürdig. Überdies verweist die Expertin auf eine Literaturliste der Universität Bern, um ihre Aussagen zu untermauern. Auf dieser Liste befinden sich aber mehrere Studien, welche das exakte Gegenteil behaupten. Trotzdem möchte das SRF keine diesbezüglichen Hinweise anfügen – entsprechende Fragen von 20 Minuten bleiben unbeantwortet.
Was sagen Komplementärmediziner?
Seit einer Volksabstimmung im Jahr 2009 werden fünf unterschiedliche Formen der Komplementärmedizin von der Grundversicherung abgedeckt: Akupunktur, traditionelle chinesische Medizin, Pflanzenheilkunde, klassische Homöopathie und anthroposophische Medizin.

Komplementärmedizinische Behandlungen sollten allen offenstehen, erklärt der Dachverband. In richtiger Anwendung seien sie als Ergänzung zu Schulmedizin sicher und wirksam. (Symbolbild)
Getty ImagesDiese Methoden sollten allen offenstehen, wie der «Dachverband Komplementärmedizin» (Dakomed) betont: «Ihre Anwendung ist sicher und ihre Wirksamkeitsnachweise erbracht – sei es durch Studien oder durch Erfahrungswissen.» Um diese Beweise nach den Massstäben der Schulmedizin nachzuliefern, brauche es vor allem mehr Investitionen in die Forschung.
Ergänzung zur Schulmedizin
Leistungen der Komplementärmedizin in der Grundversicherung müssten dieselben Kriterien erfüllen, wie diejenigen in der Schulmedizin – Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit, erklärt Dakomed. Daneben müssen Ärzte in der Schweiz ihren Fähigkeitsausweis für komplementärmedizinische Methoden zusätzlich zum Facharzttitel erwerben, um über die obligatorische Krankenversicherung abrechnen zu dürfen.
Was hältst du von komplementärmedizinischen Behandlungen?
«Wenn diese Fachpersonen die Methoden anwenden, bestehen keine Risiken für Schäden», betont Dakomed. Wichtig sei es, dass sowohl schulmedizinische als auch komplementärmedizinische Methoden berücksichtigt werden, um zu verhindern, dass notwendige Interventionen verpasst werden.
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