Lützerath«Wir müssen die Polizei abschaffen» – fordern Klima-Aktivisten
Der Konflikt um Lützerath hält seit Monaten an, der Ort ist ein zentrales Symbol für Klimaschutzaktivistinnen und -aktivisten aus ganz Europa. Nun wird er geräumt.

Die Räumung von Lützerath hat am Mittwoch begonnen. (Video: 20min/dsc)
Zusammenfassung:
Der deutsche Energiekonzern RWE will im Rheinland das verlassene Dorf Lützerath abreissen, um Kohle abzubaggern.
Klimaaktivisten und -aktivistinnen wollen das verhindern.
Laut einer Studie mehrerer Unis reicht die Kohle im aktuellen Abbaubereich allemal aus, um Deutschland damit zu versorgen. RWE bestreitet das.
Die Demonstrierenden behaupten, RWE habe es auf Lützerath abgesehen, weil sich die Kohle dort leichter und damit profitabler gewinnen lässt.
Die Polizei hat unter massivem Widerstand begonnen, das von Hunderten Protestierenden besetzte Dorf zu räumen.
Die Stimmung ist aufgeheizt.
Deine Meinung zählt
Lüzerath-Aktivisten wollen «Polizei als Organ abschaffen»
Die Klima-Aktivisten, die im Januar das frühere Dorf Lüzerath besetzt hatten und mit ihrer Aktion internationale Beachtung erhielten, haben mit einer Pressemitteilung für Entrüstung gesorgt.
So lässt sich eine Sprecherin der Bewegung wie folgt zitieren: «Im Zusammenhang mit Lützerath entlud sich die Polizeigewalt auch gegen weiße privilegierte Demonstrant*innen und bekommt deshalb eine derartige Aufmerksamkeit. Für von Rassismus Betroffene und anderweitig marginalisierte Menschen ist genau diese Gewalt jedoch Alltagsrealität, ohne dass darüber gesprochen wird.»
Während der Räumung sprachen die Aktivisten immer wieder von «lebensgefährlichen Verletzungen», die ihnen durch Polizeigewalt zugefügt worden sei. Die schwerste Verletzung war aber laut Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministers eine Gehirnerschütterung, ausserdem habe es vereinzelt Platzwunden gegeben. Für die von den Klima-Aktivisten immer wieder proklamierte «Polizeigewalt» gibt es bisher keine Anzeichen.
Trotzdem wollen die Aktivisten die Polizei komplett abschaffen, wie es weiter heisst. «Mittelfristig müssen wir die Polizei als Organ abschaffen, das in erster Linie die Interessen eines kapitalistischen Systems stützt und dafür immer wieder Gesundheit und Leben von Menschen aufs Spiel setzt.» Dabei schützt die Polizei auch eben jenen Staat, der dafür sorgt, dass die Bevölkerung oder im konkreten Fall die Klima-Aktivisten das Recht auf Demonstrationen und Proteste hat, wie «Focus online» schreibt. (bho)
Bis zu 500 Straftaten erfasst – auch gegen Polizisten
Bei den Protesten um das frühere Dorf Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier hat die Polizei rund 480 Straftaten erfasst. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) zog am Donnerstag im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags eine vorläufige Bilanz des Polizeieinsatzes, bei dem in der Spitze bis zu 3700 Beamte im Einsatz waren.
«Das Einsatzkonzept für die Räumung ist voll aufgegangen», sagte Reul. Die Polizei erfasste demnach bereits vor Beginn der Räumung rund 30 Straftaten. Diese waren zuvor nicht öffentlich gemacht worden, «weil wir die Situation vor der Räumung nicht anheizen wollten», sagte Reul.
Mit Beginn der Räumung seien «knapp 400 Straftaten» hinzugekommen. Bei der Demonstration vom Samstag, an der nach Behördenangaben rund 15'000 Menschen teilnahmen, kamen demnach mehr als 50 Straftaten hinzu. Bei den erfassten Straftaten ging es laut Reul unter anderem um Widerstände, tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte, Landfriedensbrüche oder Körperverletzungen.
Auch gegen fünf Polizisten werde ermittelt – unter anderem wegen Körperverletzung im Amt und wegen sexueller Belästigung. Die Zahl sei voraussichtlich noch nicht abschliessend. Wenn einzelne Polizeibeamte Fehler gemacht hätten, würden diese zur Rechenschaft gezogen, betonte Reul.
Insgesamt zog Reul eine positive Bilanz des Polizeieinsatzes um den Braunkohleort. Die Beamten hätten «mit einem ausgefeilten Einsatzkonzept» die Räumung begonnen. Dass der Räumungseinsatz am sechsten Tag beendet war, habe auch daran gelegen, dass viele Besetzer Lützerath «freiwillig» geräumt hätten, betonte Reul. Dies sei auch auf eine «deeskalierende Wirkung» der Polizeiarbeit zurückzuführen. (AFP/jar)
«Lebensgefährliche Verletzungen» waren Gehirnerschütterung und Platzwunden
Die schwerste Verletzung bei der Anti-Kohle-Demonstration am Samstag bei Lützerath ist nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) eine Gehirnerschütterung gewesen.
Es habe während der Proteste 14 Transporte in Krankenhäuser gegeben, sagte Reul am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags in Düsseldorf. Fünf dieser Transporte hätten Polizisten betroffen, der Rest seien Demonstranten gewesen. Die meisten der Verletzungen seien Fuss- und Beinverletzungen, Arm- und Handverletzungen sowie Platzwunden gewesen.
Aktivisten hatten am Wochenende berichtet, es habe auch lebensgefährliche Verletzungen gegeben. Die Polizei hatte dieser Behauptung widersprochen.
Lützerath westlich von Köln gehört, war in einem tagelangen Grosseinsatz der Polizei gegen den Widerstand Hunderter Klimaaktivisten geräumt worden. Der Energiekonzern RWE will dort Braunkohle abbauen, was ihm gberichtlich genehmigt worden war. Die einstigen Bewohner Lützeraths wurden längst umgesiedelt, der Ort anschliessend aber von Aktivisten besetzt.
Reul sagte weiter, es sei auch berichtet worden, dass Störer gezielt nach den Schusswaffen von Polizisten gegriffen haben. «Teilweise ist es gelungen, eine der Sicherungen am Holster schon zu lösen. Ich will gar nicht ausschliessen und ausmalen, was da hätte passieren können.»
Heimische Braunkohle ist einer der wichtigsten Energieträger in Deutschland und trug im vorigen Jahr gut 20 Prozent zur Stromerzeugung bei. Wegen des Atomausstiegs hat die Kohleabhängigkeit von Europas grösster Volkswirtschaft sogar noch zugenommen. (DPA/jar)
Gerüchte über Fake-Verhaftung von Greta Thunberg
Videos in sozialen Medien zeigen, wie Greta Thunberg in Lützerath von zwei Polizisten festgehalten wird und Journalisten und Journalistinnen Fotos der Szene machen. «Die internationale Aktivistin, Greta Thunberg, faked ihre eigene Festnahme», oder so ähnlich lauten viele Kommentare.
Am Dienstag hatte es Mitteilungen von Klimaktivistinnen und -aktivisten über eine Festnahme Thunbergs gegeben. Bei den in Gewahrsam genommenen Menschen ging es laut Polizei um eine Zahl «im mittleren zweistelligen Bereich», sie nannten Thunberg jedoch nicht explizit.
Die Personen hätten im Polizeigewahrsam verbleiben müssen, bis von allen die Identität festgestellt worden sei. Wenn einige dies nicht wollten, «dann müssen alle warten», sagte Polizeisprecherin Dana Zimmermann. Um eine Festnahme im juristischen Sinn handelte es sich aber nicht, so die Polizei.
Manche Twitter-User sehen auf den Videos und Bildern eine Verbindung zur US-Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez – kurz AOC. Im Juli wurde ihr vorgeworfen eine Verhaftung an einer Demonstration für Schwangerschaftsabbrüche inszeniert zu haben.
Am Mittwoch meldet sich Thunberg auf Twitter zu Wort. Die Vorwürfe spricht sie nicht direkt an, sondern schreibt: «Gestern war ich Teil einer Gruppe, die friedlich gegen die Erweiterung eines Kohlebergwerks in Deutschland protestierte. Wir wurden von der Polizei eingekesselt und dann festgenommen, aber später am Abend wieder freigelassen.» (AFP)
Videos zeigen, wie Thunberg von Polizisten weggetragen wird
Videos, die auf Twitter kursieren, zeigen den Moment, in dem Greta Thunberg von den Einsatzkräften weggetragen wurde. Anschliessend wurde sie «zur Identitätssicherung» gemeinsam mit den anderen Aktivisten in Gewahrsam genommen. (fis)
Polizei trägt Thunberg und weitere Aktivisten weg
Klimaaktivisten haben am Dienstag an mehreren Orten in Nordrhein-Westfalen ihren Proteste gegen den Abbau von Braunkohle und den Abriss von Lützerath fortgesetzt. Erneut kam es zu Zusammenstössen mit der Polizei. Unter anderem wurden ein Bagger sowie Schienen und Zufahrtsstrassen blockiert. Der Energiekonzern RWE kündigte Strafanzeigen an.
Videoaufnahmen zeigen, wie die Aktivisten und Aktivistinnen den Tagebau Inden von RWE in Nordrhein-Westfahlen besetzen.
20minIn der Nähe der inzwischen geräumten und zum Abriss vorgesehenen Ortschaft Lützerath versammelten sich mehrere Hundert Demonstranten. Darunter war auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg. Nach Angaben der Polizei lösten sich Menschen aus der Demonstration heraus und machten sich in Richtung des Tagebaus Garzweiler auf. Das Betreten der steilen Tagebaukante und von Lützerath ist untersagt.

Nach der Protestaktion wurde Thunberg gemeinsam mit anderen Aktivisten von der Polizei abgeführt.
ReutersThunberg wurde dabei als eine von mehreren Demonstranten von Polizisten von der Abbruchkante weggetragen. Das beobachtete ein dpa-Fotograf. Thunberg wurde demnach von drei Polizisten weggetragen und nach gut 50 Metern abgesetzt, um eine Personenkontrolle durchzuführen. Die Polizei bestätigte, dass Thunberg am Dienstag Teil der Gruppe war, die sich auf die Kante zubewegt hatte und dann aufgehalten und weggetragen wurde.
Anschliessend wurde sie mit den anderen Aktivisten in Gewahrsam genommen. «Die Gruppe befindet sich zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam der Polizei», sagte die Sprecherin des Polizeipräsidiums Aachen, Dana Zimmermann, am Dienstagabend auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, ohne allerdings Thunberg zu nennen.
Zuvor war es zu Konfrontationen zwischen Polizei und Aktivisten gekommen, als diese sich in Richtung der Abbruchkante aufmachten. Die Polizei setzte Schlagstöcke, Pfefferspray und Beamte auf Pferden ein.
Videos zeigen die Auseinandersetzungen zwischen den Demonstrierenden und der Polizei.
20minNach der Demonstration gelangte nach Angaben von RWE eine Person in den Braunkohletagebau. «Das ist natürlich grob leichtsinnig, was der da macht», sagte ein RWE-Sprecher.
In der Nähe von Rommerskirchen besetzte nach Polizei- und RWE-Angaben zudem eine Gruppe von etwa 120 Aktivisten die Kohle-Bahnschienen zum Kraftwerk Neurath. Diejenigen, die sich geweigert hätten, die Gleise zu verlassen, seien weggetragen worden, berichtete der Polizeisprecher. (dpa)
Insgesamt mehr als hundert Polizisten bei Lützerath-Einsätzen verletzt
Bei den Polizeieinsätzen rings um den rheinischen Braunkohleort Lützerath sind nach neuen Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) insgesamt mehr als hundert Polizisten verletzt worden. «Allerdings wurden viele nicht in Auseinandersetzungen verletzt», stellte Reul in der «Bild»-Zeitung (Dienstagsausgabe) klar. «Einige Verletzungen rühren schlicht von den örtlichen Gegebenheiten.»

Mit dem Abzug der letzten Klimaaktivisten aus Lützerath war die Räumung des Braunkohleorts am Montag beendet worden.
IMAGO/Panama PicturesReul zufolge wurden 102 Polizisten verletzt. «Seit Beginn der Räumung, also nicht nur in der Vorwoche, haben wir rund 200 Anzeigen gegen Besetzer und Demonstranten geschrieben», bilanzierte er zudem. Das Spektrum der Straftaten umfasse unter anderem Körperverletzung, Widerstand, Landfriedensbruch und Diebstahl.
Reul warnte zudem vor «unbelegten» Gewaltvorwürfen gegen die Polizei: «Ich bin nicht bereit, diese pauschalen, unbelegten Schilderungen zu akzeptieren, die von Kopfschlägen gegen Demonstranten handeln. Diese Vorwürfe muss man belegen.»
«WDR gefährdet sein Ansehen»
Der CDU-Politiker kritisierte zudem die Berichterstattung des Westdeutschen Rundfunks (WDR) über die Räumung von Lützerath: «Der WDR gefährdet sein Ansehen, wenn er eine radikale Gruppe 50 Minuten live überträgt.» Reul bezog sich dabei laut «Bild» auf eine Pressekonferenz von Klimaaktivisten, welche der WDR am Sonntag 50 Minuten lang live und unkommentiert übertragen habe. «Diese Pressekonferenz grenzte an Propaganda radikaler Aktivisten. Und der WDR hat das fröhlich übertragen», kritisierte Reul. (DPA)
Schweizer Firma bewegte Aktivisten im Tunnel zur Aufgabe
Am Montag haben die letzten beiden Aktivisten im Tunnel unter Lützerath ihren Protest aufgegeben und selbstständig den Tunnel verlassen. Bei ihnen handelt es sich um die Aktivisten mit den Spitznamen «Pinky» und «Brain». Bereits am Sonntag hatte die Polizei verkündet, dass sie das Protestdorf komplett geräumt hatte.
Zuvor hatte der Energiekonzern RWE, der die Braunkohle unter Lützerath abbauen will, mit den beiden Aktivisten verhandelt und dafür eine Schweizer Firma angestellt, wie der «Spiegel» berichtete. Demnach hatte RWE «ein externes Unternehmen aus der Schweiz mit der Verhandlungsführung beauftragt». Das Schweizer Team sei am Wochenende in Lützerath eingetroffen und habe ein erstes «vielversprechendes» Gespräch mit den Aktivisten geführt. Die Initiative «Lützerath lebt» hatte am Wochenende noch bestätigt, dass es den Aktivisten gut gehe und diese genug Essen und Trinken hätten, um «über mehrere Tage» im Tunnel auszuharren. (fis)
Aktivisten harren weiter in Tunnel aus
Im nahezu geräumten Protestdorf Lützerath am rheinischen Braunkohletagebau ist es in der Nacht zum Montag ruhig geblieben. Nach wie vor sind zwei Aktivisten in einem Tunnel, wie ein Sprecher von RWE am Montagmorgen sagte. Man sei in Kontakt mit ihnen. Derweil laufe der Rückbau weiter und sei bereits «weit fortgeschritten». (DPA)
Lützerath erfolgreich geräumt – Verletze auf beiden Seiten
Wie die deutsche Polizei gegenüber der «Süddeutschen Zeitung» bestätigt, ist Lützerath erfolgreich geräumt worden. «Der polizeiliche Räumungseinsatz ist abgschlossen», so eine Polizeisprecherin gegenüber der Zeitung.
Nach den Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Polizei bei den Protesten gegen die Räumung des Dorfes Lützerath in Nordrhein-Westfalen haben sich beide Seiten Gewalttätigkeiten vorgeworfen. Die Initiatoren der Grossdemonstration gegen die Abbaggerung des Ortes sprachen am Sonntag von «purer Gewalt» und zahlreichen verletzten Protesteilnehmern. Auch dutzende Polizeibeamte wurden bei dem Räumungseinsatz verletzt. In Lützerath harrten am Sonntag laut Polizei nur noch zwei Aktivisten aus. (dpa)
Polizei will am Sonntag Räumung fortsetzen
Die Polizei will am Sonntag die Räumung des Dorfes Lützerath am Rande des Braunkohletagebaus Garzweiler fortsetzen. Auf dem seit Mittwoch abgeriegelten Dorfgelände halten sich nach Polizeiangaben weiterhin Klimaaktivisten auf, etwa in Baumhäusern. Zwei Aktivisten harrten ausserdem in einem Tunnel unter einem Gebäude aus. Wie viele Kohlegegner noch auf dem Gelände sind, ist nicht bekannt.
Der Energiekonzern RWE hatte am Samstag von Vorbereitungen gesprochen, um die beiden Aktivisten aus dem Tunnel zu holen. «Es wird an einem Rettungskonzept gearbeitet», sagte ein Unternehmenssprecher. Man sei dabei auch mit externen Experten und dem Technischen Hilfswerk in Kontakt. «Die beiden, die da unten sitzen, sind nach eigenen Angaben wohlauf.» Sie hätten etwa keine Probleme mit Frischluft. (DPA)
Mehrere Verletzte bei Zusammenstössen
Bei Zusammenstössen zwischen Klima-Demonstranten und der Polizei vor dem Dorf Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier sind am Samstag nach Polizeiangaben Menschen verletzt worden. Es habe Verletzte auf beiden Seiten gegeben, sagte ein Polizeisprecher am Samstagabend der Deutschen Presse-Agentur. Die genaue Zahl der Verletzten und die näheren Umstände wurden zunächst nicht bekannt. Zu den Zusammenstössen kam es am Rande einer Grossdemonstration gegen die Räumung des Ortes für den Tagebau. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Schlagstöcke ein.

Demonstrierende und die Polizei geraten in Lützerath aneinander. (14. Januar 2023)
AFPEin Teil der Demonstranten versuchte, nach Lützerath zu gelangen. Einige versuchten auch, in das Tagebaugebiet durchzukommen. Die Polizei drängte sie gewaltsam zurück. Bis zur Tagebaukante zu laufen, sei lebensgefährlich, weil der Boden durch den Regen aufgeweicht sei und Erdrutsche drohten, warnte die Polizei. «Ich bin absolut entsetzt, wie normale Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer sich dazu hinreissen lassen, hier den absoluten Gefahrenbereich zu betreten», sagte der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach der Deutschen Presse-Agentur.
Nach Polizeiangaben attackierten einzelne Demonstranten auch Einsatzwagen der Polizei und warfen Pyrotechnik in Richtung der Beamten. Ein Sprecher erklärte, Reifen seien zerstochen und Aussenspiegel abgetreten worden. (DPA)
Klimaaktivisten stürmen Tagebau von Lützerath
Nahe der Ortschaft Lützerath haben am Samstag erneut Tausende Menschen gegen die Räumung der Siedlung und deren drohende Abbaggerung für den Braunkohleabbau demonstriert. Zu der Protestaktion aufgerufen hatte ein Bündnis aus Umweltverbänden und klimapolitischen Initiativen. Am Nachmittag haben Klima-Demonstranten versucht, vom Kundgebungsort Keyenberg in das von der Polizei abgesperrte Lützerath vorzudringen. Offenbar gelang es den Demonstranten, eine Absperrung zu durchbrechen, dabei sei ein Polizist verletzt worden. Bilder zeigen, wie Tausende Menschen an der Abbruchkante in Lützerath stehen. (fur)

Rettungs-Spezialisten sollen «Pinky» und «Brain» aus Tunnel holen
Die Polizei hat am Samstag die Räumung des von Aktivisten besetzten Braunkohleortes Lützerath fortgesetzt. «Die Arbeiten gehen weiter», sagte ein Polizeisprecher laut Focus.de. Einsatzkräfte kletterten auf Bäume, auf denen Klimaaktivisten ausharrten, berichtet eine dpa-Reporterin.
Nach Angaben des Energiekonzerns RWE laufen zudem Vorbereitungen, die dort verbliebenen Aktivisten aus einem Tunnel zu holen. Nach Angaben der Polizei ist der Einsatz im Tunnel an diesen übergeben worden. Es handle sich um eine «Rettung», die nun in den Händen von RWE und dem Technischen Hilfswerk THW liege, sagte ein Polizeisprecher. Im Tunnel befinden sich mindestens zwei Aktivisten, die sich gemäss einem geposteten Video selbst nach einer Comic-Serie «Pinky» und «Brain» nennen.
Tausende zu Demonstration für Räumungsstopp erwartet
In der Nähe des Braunkohleorts Lützerath werden am Samstag (12.00 Uhr) Tausende Demonstranten zu einer Demonstration gegen die Räumung der Siedlung erwartet. Die Polizei räumt den Ort seit Mittwoch. Ein Bündnis aus Umweltverbänden und klimapolitischen Initiativen erwartet nach eigenen Angaben mehr als Zehntausend Teilnehmer. Der Protestzug führt zunächst durch den Ort Keyenberg, der wie Lützerath zur Stadt Erkelenz gehört. In die Nähe Lützeraths folgt eine Abschlusskundgebung.
Konkret fordert das Bündnis einen Räumungsstopp, um die geplante Abbaggerung der Braunkohle unter Lützerath durch den Energiekonzern RWE zu verhindern. An der Demonstration sind unter anderem die Initiativen Alle Dörfer bleiben, Fridays for Future und der BUND beteiligt. Zu dem Protestzug werden auch die Klimaaktivistinnen Greta Thunberg und Luisa Neubauer erwartet. (AFP)
Polizei: Letztes Gebäude geräumt
Die Polizei ist mit der Räumung des Orts Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier weiter vorangekommen. Am Freitag sei das letzte Gebäude des Dorfes geräumt worden, teilte die Polizei Aachen am Freitagabend mit. Es befänden sich allerdings noch Besetzer in Baumstrukturen. Auch in der am Donnerstag entdeckten unterirdischen Bodenstruktur befänden sich nach wie vor mehrere Aktivisten. Bislang lehnten sie ein freiwilliges Verlassen des Tunnels ab, erklärte die Polizei.
Die Räumung des verlassenen Dorfs am Rande des Tagebaus Garzweiler hatte am Mittwoch begonnen und schritt rasch fort. «Wir sind viel besser vorangekommen, als wir dachten», sagte eine Polizeisprecherin am Freitag dem Sender Phoenix. Der Einsatz könne möglicherweise schneller abgeschlossen werden als erwartet.
«Die Polizei ist leider schneller im Dorf als gedacht», räumte eine Sprecherin der Initiative Lützerath in einem auf Twitter veröffentlichten Video ein. Sie kündigte eine Verlagerung der Proteste auf das Gebiet des Tagebaus an.
Aus dem nahegelegenen Keyenberg liefen laut Polizei am Freitagnachmittag mehrere Hundert Aktivisten über Felder und Wirtschaftswege in Richtung Tagebaukante. Diese Gruppe sei von der Polizei unter anderem mit Reiterstaffeln «auch unter Anwendung unmittelbaren Zwangs, vor dem Erreichen des Gefahrenbereiches aufgehalten» worden. Eine kleinere Protestgruppe blockierte laut Polizei einen Wirtschaftsweg an der L 12, entfernte sich nach einer Stunde aber wieder. (AFP)
470 Personen sollen Lützerath verlassen haben
470 Personen hätten Lützerath im Rahmen der Räumung bisher verlassen, wie ein Polizeisprecher dem «Spiegel» vor Ort mitteilt. 150 davon seien mit «polizeilichen Massnahmen» aus dem Dorf entfernt worden.
In den Häusern und auf den Dächern befinden sich keine Menschen mehr, so der Sprecher. Der Tunnel, in dem sich zwei Aktivisten verschanzt hatten, und mehrere Baumhäuser wurden noch nicht geräumt. (smk)
Greta Thunberg gibt in Lützerath ein Interview
«Ich finde es absolut absurd, dass dies im Jahr 2023 geschieht. Die Wissenschaft ist eindeutig: Wir müssen den Kohlenstoff im Boden halten», sagt Greta Thunberg nach ihrer Ankunft in Lützerath in einem Interview mit der «Welt».
Solche Aktionen geschähen überall auf der Welt und Lützerath sei nur ein Fall von vielen. «Alle werden zusammenstehen, um Lützerath zu verteidigen, um das Klima zu verteidigen», sagt sie weiter.

Als Klimaaktivistin in diesem globalen Kampf sei es «angsteinflössend» zu sehen, was dort geschehe. «Es gibt Menschen, die sich dagegen wehren. Menschen, die sich seit Jahren dagegen wehren, und es ist schockierend zu sehen, sowohl auf den Bildern als auch im wirklichen Leben, was in Lützerath passiert.»
Die Menschen in Lützerath planten zu zeigen, wie stark die Basisbewegung sei, was Demokratie bedeute und wie viele Menschen hinter diesem Ziel stünden, so Thunberg. «Dieser Protest, bei dem so viele Menschenleben riskiert werden, dürfte nicht nötig sein, doch genau das ist jetzt nötig, um das Klima weiterhin zu verteidigen», so die Aktivistin. (smk)
Thunberg ist in Lützerath
Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg ist in Lützerath angekommen. Eigentlich hatte sie vor, erst am Samstag an der grossen Demo am morgigen Samstag teilzunehmen.
Wie ein «Spiegel»-Reporter berichtet, erschien Thunberg begleitet von der deutschen Fridays-For-Future-Aktivistin Luisa Neubauer. Die Schwedin hielt dabei ein Pappschild mit der Aufschrift «Keep it in the Ground» (übersetzt «Lasst es im Boden») in die Kameras und posierte auf einem Erdhügel vor dem Tagebauloch.
Auf Twitter schrieb sie dann: «Wir sind gerade in Lützerath, einem deutschen Dorf, das für die Erweiterung eines Kohlebergwerks abgerissen werden soll. Die Menschen wehren sich seit Jahren. Schliessen Sie sich uns hier um zwölf Uhr an oder protestieren Sie morgen vor Ort.»
Am Schluss ihres Besuches fuhr Thunberg in einem SUV-Hybrid davon. (kle)
Krawalle in Berlin wegen «Lützi»-Räumung
Aus Protest gegen die Räumung des Dorfs Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier sind in Berlin bis zu 200 Menschen randalierend durch die Strassen gezogen. Wie die Polizei am Freitag mitteilte, alarmierte in der Nacht ein Zeuge die Beamten, weil eine Gruppe Vermummter im Bezirk Mitte Mülltonnen anzündete.
Weitere Zeugen meldeten demnach kurze Zeit später bis zu 200 Menschen, die durch die Strassen zogen. Dabei wurden aus der Menge heraus die Schaufenster von insgesamt 26 Geschäften mit Kleinpflastersteinen sowie mit farbgefüllten Christbaumkugeln beworfen und beschädigt. Zudem wurden Parolen wie «Lützi bleibt» oder «Lützi lebt» auf Fenster und Fassaden geschmiert.
In diesem Zusammenhang wurde auch das Gebäude eines Polizeiabschnitts mit Pyrotechnik beschossen. Einsatzkräfte nahmen anschliessend zwei Männer im Alter von 23 und 34 Jahren sowie eine 18-Jährige fest und in Polizeigewahrsam. Dort wurden sie erkennungsdienstlich behandelt und danach wieder entlassen. (AFP)
«Der Tunnel ist die grösste Herausforderung»
Im Tunnelsystem, das die Polizei nur «unterirdische Struktur» nennt, befinden sich noch immer Menschen. Ob es eine oder zwei Personen sind, kann der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach aber nicht sagen, wie Spiegel online berichtet. Man stehe in Verbindung mit den Personen im Tunnel, es seien Funkgeräte ausgetauscht worden. «Fachleute von Feuerwehr, THW und RWE prüfen aktuell, wie eine Bergung möglich sein könnte», sagt Weinspach.
Er gibt an, der Zugangsschacht zum Tunnel gehe vier Meter in die Tiefe: «Es ist bedrückend eng da unten», sagt er. Die Räumung des Tunnels sei «unsere grösste Herausforderung».
Am Donnerstag hatte ein auf der Plattform Youtube eingestelltes Video zweier vermummter Männer für Aufsehen gesorgt. «Pinky» und «Brain» geben darin an, sich in dem Tunnel unter Lützerath aufzuhalten. «Wir haben Hinweise, dass das Video authentisch ist», bestätigte die Polizei. (DPA/trx)
Technisches Hilfswerk zieht wieder ab
Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks haben die Aktivisten in einem Tunnel unter dem Braunkohleort Lützerath in der Nacht zum Freitag zunächst nicht aus ihrem Versteck geholt. Die deutsche Zivil- und Katastrophenschutzorganisation habe den Einsatz beendet, sagte eine Polizeisprecherin am frühen Freitagmorgen. Wann ein neuer Versuch unternommen wird, die Aktivisten herauszuholen, blieb zunächst unklar.
Ein Polizeisprecher hatte zuvor erklärt, man habe keinen Blickkontakt zu den Personen, könne aber mit ihnen sprechen. Am Donnerstag war bekannt geworden, dass sich Aktivisten offenbar in einem unterirdischen Gang verschanzt haben.
Eine Sprecherin der Gruppe «Lützerath lebt» sagte, die Personen seien in gut vier Metern Tiefe. Die Aktivisten hätten sich darauf vorbereitet und sich aktiv für die Aktion entschieden. «Sobald sich hier irgendwelche schweren Geräte bewegen, sobald Abriss- oder Aufräumarbeiten passieren, kann es sein, dass der Tunnel einsturzgefährdet ist und ihr Leben gefährdet ist», sagte sie. Die Tunnel-Aktion ist eine von vielen Protestformen, mit denen die Klimaaktivisten die Räumung von Lützerath behindern wollen.
Laut einem Polizeisprecher sollte es in der Nacht keine weiteren Räumungen von Häusern oder Baumhäusern geben. Die Polizei wird demnach aber aktiv, sollten Aktivisten – wie bei der Tunnel-Aktion – aus potenziell gefährlichen Lagen befreit werden müssen. Das war zunächst aber nicht der Fall. (DPA)
Polizei: Räumung kurz vor dem Abschluss
Gegen den Widerstand von Klimaaktivisten hat die Polizei mittlerweile einen Grossteil des besetzten Dorfs Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier geräumt. «Wir wollen möglichst schnell sämtliche Strukturen räumen, möglichst noch heute», sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage. Eine besondere Unwägbarkeit seien dabei die zwei entdeckten Tunnel. Es sei unklar, ob deren Räumung auch bereits am Freitag gelinge.
Am Freitagmorgen tauchten Aktivisten vor der RWE-Konzernzentrale in Essen auf. Sie forderten einen Stopp der Räumung Lützeraths. Nach deren Angaben ketteten sich mehrere von ihnen an das Eingangstor. Die Polizei rückte mit mehreren Streifenwagen an.
Der Widerstand gegen den Einsatz war am zweiten Tag der Räumung beträchtlich. Teilweise waren Aktivisten nach Angaben eines Polizeisprechers festgekettet. Andere klebten sich an Bäume und Bauten fest, um deren Zerstörung zu verhindern. Beamte wurden nach Polizeiangaben erneut mit Pyrotechnik, Steinen und Farbbeuteln beworfen.
Im Kurzbotschaftendienst Twitter veröffentlichte die Polizei das Foto eines ausgebrannten Einsatzfahrzeuges. Die Polizei ging von Brandstiftung aus. (AFP/DPA)
Technisches Hilfswerk soll zu Aktivisten in unterirdischem Gang vorstossen
Spezialkräfte des Technischen Hilfswerks sollen noch in der Nacht zum Freitag zu Aktivisten vordringen, die sich in einem Tunnel unter dem Braunkohleort Lützerath verschanzt haben. Das teilte ein Polizeisprecher am Donnerstag mit. Man habe keinen Blickkontakt zu den Personen, könne aber mit ihnen sprechen.
Eine Sprecherin der Gruppe «Lützerath lebt» sagte, die Personen seien in gut vier Metern Tiefe. Die Aktivisten hätten sich darauf vorbereitet und sich aktiv für die Aktion entschieden. «Sobald sich hier irgendwelche schweren Geräte bewegen, sobald Abriss- oder Aufräumarbeiten passieren, kann es sein, dass der Tunnel einsturzgefährdet ist und ihr Leben gefährdet ist», sagte sie. Die Tunnel-Aktion ist eine von vielen Protestformen, mit denen die Klimaaktivisten die Räumung von Lützerath behindern wollen.
Laut einem Polizeisprecher soll es in der Nacht keine weiteren Räumungen von Häusern oder Baumhäusern geben. Die Polizei wird demnach aber aktiv, sollten Aktivisten – wie bei der Tunnel-Aktion – aus potenziell gefährlichen Lagen befreit werden müssen.
Obwohl bereits viele Lützerath-Verteidiger freiwillig gegangen sind und die Polizei Häuser und selbstgebaute Siedlungen teilweise geräumt hat, sind weiter Aktivisten auf dem Gelände. «Wir halten hier den Ort sicher noch bis zur Grossdemo am Samstag», sagte eine Sprecherin von «Lützerath lebt». «Doch auch wenn Lützerath, das Dorf, weggeht, bleibt uns die Vernetzung und die Bildungsarbeit, die wir hier geleistet haben und uns verbunden haben. Wir werden weiterziehen und neue Widerstandsorte finden.» (DPA/jar)