Abstimmung vom 15. Mai: Rechte befürchten Linksrutsch bei Stimmrechtsalter 16

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Abstimmung vom 15. MaiRechte befürchten Linksrutsch bei Stimmrechtsalter 16

Die Glarner Landsgemeinde stimmte für autofreie Sonntage und gegen Öl- und Gasheizungen. SVP-Politiker sehen die Ursache der Beschlüsse in den jungen Stimmberechtigten.

An der Landsgemeinde in Glarus dürfen seit 2007 16-Jährige abstimmen. Am 15. Mai soll dies auch im Kanton Zürich bewilligt werden. Dagegen wächst vonseiten der Bürgerlichen Widerstand.  
Der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter ist der Ansicht, dass das Stimmrechtsalter 16 einen Linksrutsch mit sich bringen würde. Vor allem dann, wenn es bundesweit zu einer Senkung des Stimmrechtsalters kommen sollte.
Für SP-Nationalrat Fabian Molina ist klar, dass es beim Stimmrechtsalter um die Frage der Gerechtigkeit geht: «Jene, die am längsten von einem politischen Entscheid betroffen sind, sollen auch mitentscheiden dürfen.»
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An der Landsgemeinde in Glarus dürfen seit 2007 16-Jährige abstimmen. Am 15. Mai soll dies auch im Kanton Zürich bewilligt werden. Dagegen wächst vonseiten der Bürgerlichen Widerstand.  

20min/News-Scout

Darum gehts

Der Kanton Glarus macht einen grossen Schritt in Richtung Klimaschutz. Am Sonntag sprach sich die Bevölkerung an der Landsgemeinde für autofreie Sonntage im Klöntal aus und nahm den Klimaschutz in die Verfassung auf. Bereits im September 2021 wurden an der Landsgemeinde Öl- und Gasheizungen verboten. Immer wieder lässt der Ostschweizer Kanton durch bemerkenswerte und weitreichende Entscheide aufhorchen. Für diese mitverantwortlich sind auch unter 18-Jährige. Denn in Glarus gilt das Stimmrechtsalter 16.

Geht es nach einigen Vertretern und Vertreterinnen der GLP, SP, der Grünen, der Mitte und der EVP soll am 15. Mai das Stimmrechtsalter 16 in Zürich ebenfalls angenommen werden. Nach dem Ja der Glarner Landsgemeinde zu den Klimabeschlüssen wächst der Widerstand der Bürgerlichen gegen das Stimmrechtsalter 16. Vor allem dann, wenn es bundesweit zu einer Senkung des Stimmrechtsalters kommen sollte.

Die Jungen bringen einen Linksrutsch mit sich

Für SVP-Nationalrat Thomas Matter ist klar, wer in Glarus für die links-grünen Beschlüsse mitverantwortlich ist: die Jungen. «Das Stimmrechtsalter 16 bringt einen Linksrutsch mit sich», sagt Matter. Lehrlinge interessierten sich weniger für Politik, Gymischüler hingegen schon. «Und diese werden vielfach von ihren Lehrern indoktriniert.» Bei den Linken sei man sich dessen bewusst. Dies sei auch deren Motiv, das Stimmrechtsalter auch auf nationaler Ebene senken zu wollen.

Fürs Erste will Matter aber dafür mobilisieren, dass in Zürich das Stimmrechtsalter unverändert bleibt. Es soll nicht zu ähnlichen Abstimmungsergebnissen kommen, wie sie am Wochenende in Glarus gefasst wurden. «Autofreie Sonntage beispielsweise gilt es für Zürich zu verhindern. Diese sind alles andere als fortschrittlich.» Doch Matter hat auch andere Gründe, weshalb das Stimmrechtsalter bei 18 Jahren bleiben soll. Denn das Erfolgsmodell der Schweiz sei es, dass jeder Rechte, aber auch Pflichten habe. «Mit diesem Entschluss könnten die Jungen über die Steuerfragen entscheiden, aber müssen nicht einmal eine Steuererklärung ausfüllen», sagt Matter. «Dies würde eine Asymmetrie in die Gesellschaft bringen.»

Zürcher Resultat dient als Zeichen

Auf die Befürchtung, Zürich werde durch die Senkung des Stimmrechtsalters einen Linksrutsch erfahren, reagiert der Zürcher SP-Nationalrat Fabian Molina hingegen erstaunt. «Ich halte diese Aussage für extrem undemokratisch.» Nichts deute bislang darauf hin, dass das tiefere Stimmrechtsalter für eine aus seiner Sicht fortschrittliche Politik verantwortlich sei.

Bei der Frage des Stimmrechtsalters gehe es einzig um die Frage der Gerechtigkeit. «Jene, die am längsten von einem politischen Entscheid betroffen sind, sollen auch mitentscheiden dürfen», sagt Molina. Deshalb erachte er es als wichtig, dass am 15. Mai das Stimmrechtsalter 16 angenommen wird. Danach sei die Basis gegeben, auch auf nationaler Ebene darüber zu diskutieren. «Kommt es in Zürich an, wäre es ein Zeichen, die Senkung des Stimmrechtsalters auch auf nationaler Ebene anzunehmen», sagt Molina.

Die Jungen können die Politik nicht auf den Kopf stellen

Wie viele unter 18-Jährige seit Frühling 2007 an der Landsgemeinde abstimmen, lässt sich laut Roland Wermelinger von der Fachstelle Information und Kommunikation des Kantons Glarus nicht eruieren. Zweifellos gelinge es aber den Jungen, in ihren Kreisen für die Teilnahme an der Landsgemeinde zu mobilisieren. «Das alleine reicht aber nicht für eine Mehrheit», sagt Wermelinger. Es brauche gut vorgetragene Argumente, um die Mehrheit des bürgerlich orientierten Kantons zu überzeugen. «Dass die links-grünen Vorstösse in Glarus auf Anklang stiessen, ist nicht nur an der jungen Wählerschaft auszumachen», sagt Wermelinger.

Ähnlich sieht es der Politologe Hans-Peter Schaub von Année Politique Suisse. Er sagt, dass der direkte Effekt des Stimmrechtsalters in Glarus auf solche Beschlüsse fast bei null sei. Egal, ob auf kantonaler oder nationaler Ebene: Die 16- und 17-Jährigen könnten die Politik nicht auf den Kopf stellen. «Ihr Anteil ist derart klein, dass die Jungen in Glarus höchstens das Zünglein an der Waage sein können. Das wäre auch auf nationaler Ebene so», sagt Schaub.

Seiner Ansicht nach würde das Stimmrechtsalter 16 wohl nicht primär die SVP, sondern eher die Mitte und die FDP treffen. «Bei den Jungen gab es zuletzt vor allem für Grüne und GLP überdurchschnittliche Sympathiewerte», sagt Schaub. Das könne sich aber auch ändern: Noch 2015 habe die SVP bei den Jungen sogar besonders gut abgeschnitten. «Es lässt sich nicht einfach sagen, dass Alte konservativ denken und die Jungen linkspolitisch gesinnt sind.»

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