RechtsextremismusSellner fordert Remigration: Darum ist der Begriff problematisch
Der rechte Österreicher Aktivist Martin Sellner wollte sein Buch über Remigration vorstellen, bevor er von der Kapo Aargau abgeführt wurde. Was es mit dem Begriff auf sich hat und wieso er problematisch ist.
Darum gehts
Eine Veranstaltung der «Jungen Tat» am Wochenende sorgte für viel Aufsehen.
Rechtsextremist Martin Sellner wurde während eines Vortrags an der Veranstaltung von der Polizei aus dem Kanton Aargau weggewiesen.
Er sprach von Bevölkerungsaustausch und Remigration.
Laut Sprachwissenschaftlerin Marlies Whitehouse werden die Begriffe von rechten Gruppierungen besetzt, wodurch sie gefärbt sind.
Für Zsolt Balkanyi-Guery, Präsident der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, wird damit die Zwangsrückschaffung bezeichnet.
Das ist passiert
Der österreichische rechte Aktivist Martin Sellner wurde am Samstag im Kanton Aargau von der Kantonspolizei angehalten und weggewiesen. Als er abgeführt wurde, rief er: «Bevölkerungsaustausch findet statt und Remigration ist die Lösung!» Dem Thema Remigration widmet sich auch Sellners Buch, das er an der Veranstaltung der ultrarechten Schweizer Gruppierung «Junge Tat» vorstellen wollte. Was er damit meinte und wieso das problematisch ist?
Nicolas Rimoldi zufolge soll Martin Sellner während seines Vortrags in Koblenz AG abgeführt worden sein.
X/@narimoldiDas ist der «grosse Austausch»
Es handelt sich dabei um einen politischen Kampfbegriff der «Neuen Rechten». Der deutsche Verfassungsschutz schreibt: «Das Narrativ beinhaltet die strukturelle Auswechslung der Bevölkerung Europas durch Zuwanderer aus Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten.» Durch die «ethnische Zersetzung» der europäischen Gesellschaften würden kulturelle und ethnische Grenzen erodieren.
Das ist Martin Sellner
Sellner gilt als führende Figur der österreichischen Identitären Bewegung, einer Gruppierung, die von vielen als rechtsextrem betrachtet wird. Er hat öffentlich zugegeben, dass er in der Vergangenheit neonazistische Ansichten vertreten habe. Seine Teilnahme an einem Treffen im vergangenen November in Potsdam, bei dem unter anderem über einen «Masterplan zur Remigration» diskutiert wurde, sorgte für kontroverse Diskussionen und Aufsehen in Deutschland.
Das ist Remigration
Ursprünglich ist Remigration ein harmloser Begriff: Er kommt laut Marlies Whitehouse, Sprachwissenschaftlerin an der ZHAW, vom lateinischen: «Migrare heisst auswandern, Remigration ist damit die Rückwanderung.» Aber: «Derzeit wird das Wort von Gruppierungen besetzt, die weit rechts politisieren. Das gibt eine Färbung und es findet eine Instrumentalisierung statt.»
Das meint Martin Sellner mit Remigration
Laut Zsolt Balkanyi-Guery, Präsident der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, ist Remigration im Kontext der «Neuen Rechten» ein beschönigender Begriff für Zwangsrückschaffung. «Genau darum geht es: Unter Zwang sämtliche Migrantinnen und Migranten zurückzuschicken.»
Sellner bei einer Demonstration in Wien zum Thema Remigration.
Youtube/ Herr aberWie unterscheidet sich der Begriff von rechter Migrationspolitik?
Die Forderung rechter Parteien, kriminelle Ausländer und Ausländerinnen auszuschaffen, ist durchaus legitim. Aber: «Darum geht es Menschen wie Martin Sellner nicht», sagt Balkanyi. «Sie wollen sämtliche Migrantinnen und Migranten zurückschaffen, völlig unabhängig davon, wieso diese gekommen sind und woher sie kommen.»
Wieso ist der Begriff problematisch?
«Der populistische Gedanke, der bei Menschen wie Sellner hinter dem Begriff steckt, entlarvt diesen als rassistisch», so der Experte. «Der Einzelfall soll nicht mehr geprüft werden, was der humanitären Tradition der Schweiz komplett widerspricht. Die Folge wäre massenhafte Ausschaffungshaft.» Die Schweiz wehre sich gegen Pauschalisierung und prüfe immer im Einzelfall, ob ein Mensch das Recht auf Asyl hat. «Genau dieser Grundsatz würde durch flächendeckende Migration abgeschafft.»
Bist du oder ist jemand, den du kennst, von Rassismus betroffen?
Hier findest du Hilfe:
Beratungsnetz für Rassismusopfer
GRA, Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
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