Havarie der «Ever Given»Riesen-Frachter blockiert Suezkanal – Ölpreis ist schon 4 Prozent höher
In der 150-jährigen Geschichte des Kanals ist das noch nie passiert: Ein Containerschiff von der Grösse eines Wolkenkratzers liegt quer im Suezkanal. Das hat nun Folgen für den weltweiten Warenverkehr.
Auf Grund gelaufen: Erste Bewegtbilder des Containerschiffs, das den Suezkanal blockiert.
Darum gehts
Der Kanal zwischen Mittelmeer und Rotem Meer ist eines der Nadelöhre der Handelsschifffahrt.
Ausgerechnet dort ist jetzt ein riesiges Schiff havariert.
Drohende Lieferprobleme beim Rohöl liessen die Preise bereits um rund 4 Prozent steigen.
Die wichtige Transportverbindung zwischen Europa und Asien ist blockiert: Der 400 Meter lange Frachter «Ever Given» ist am Dienstag etwa sechs Kilometer nördlich von Suez auf Grund gelaufen und steckt nun quer zwischen beiden Ufern im Suezkanal fest. Grund dafür ist eine Havarie auf dem Schiff.
Die Blockade könnte sich nach Expertenansicht auf den Welthandel auswirken, denn der Suezkanal verkürzt die Schifffahrtswege zwischen Europa und Asien erheblich. Der Schiffsverkehr auf der engen ägyptischen Wasserstrasse steht seit vielen Stunden still. Am Mittwochabend warteten an den unterschiedlichen Zugängen schon an die 100 Schiffe, wie auf der Website MarineTraffic.com zu erkennen ist.
Was hat die Blockade für Folgen im Welthandel?
Der knapp 200 Kilometer lange Suezkanal ist eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt, rund 12 Prozent des gesamten internationalen Seehandels verläuft über die Wasserstrasse. Laut BBC passieren im Durchschnitt 50 Schiffe pro Tage mit insgesamt mehr als einer Milliarde Tonnen Fracht den Kanal.
«Der Suezkanal ist definitiv eine der Pulsadern - wenn nicht die wichtigste Pulsader - für den weltweiten Fracht- und Güterhandel», sagt Vincent Stamer, Handelsexperte vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), zur Tagesschau. Auch der Historiker Sal Mercogliano ist der Meinung, dass der Vorfall «enorme Auswirkungen auf den Welthandel» haben könnte, wie er zu BBC sagt.

Mit einem Bagger wird versucht, Sand unter dem Bug hervorzuschaufeln.
VIA REUTERSWie reagieren die Märkte darauf?
An den internationalen Märkten waren am Mittwochabend erste Folgen der Blockade bereits zu spüren: Die Befürchtungen, dass dadurch die Lieferungen von Rohöl beeinträchtigt werden, liessen die Preise um 4 Prozent steigen, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Laut Kpler Energy Intelligence Service sind mehr als 20 Öltanker mit Rohöl und raffinierten Produkten betroffen.
Dem Branchendienst TankerTrackers zufolge stauten sich Tanker mit Erdöl aus Saudi-Arabien, Russland, Oman und den USA auf beiden Seiten der Unfallstelle. Die Schiffe haben laut OilPrice.com zusammen rund 13 Millionen Barrel Öl geladen - und damit mehr als zehn Prozent des täglichen internationalen Bedarfs.
Wann ist die Wasserstrasse wieder passierbar?
Schlepper versuchen, das Schiff wieder flott zu bekommen. Ein Experte warnte, dass das mindestens zwei Tage dauern könnte. In der 150-jährigen Geschichte des Kanals sei das noch nie passiert. Es werde keine Anstrengung unversucht gelassen, sagte der Chef der Betreibergesellschaft Suez Canal Authority, Ossama Rabei. Am Abend sei der Einsatz pausiert worden, teilte der Dienstleister Leth Agencies mit. Er solle Donnerstagfrüh fortgesetzt werden.
Was ist genau passiert?
Der Bug der «Ever Given» berührte die östliche Mauer des Kanals, wie aus Daten von MarineTraffic.com hervorging. Ihr Heck schien an der Westmauer festzustecken. Auf Instagram wurden Bilder veröffentlicht, die einen Bagger zeigten, der offenbar versuchte, Sand unter dem Bug zu entfernen.Das Seefahrts- und Logistikunternehmen GAC erklärte, auf dem Containerschiff sei der Strom ausgefallen.
Der Schiffsverwalter Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) bestritt das. Der Schiffsbetreiber Evergreen Marine aus Taiwan teilte der Nachrichtenagentur AP mit, die «Ever Given» sei von starkem Wind erfasst und deshalb ans Ufer gedrückt worden. Ein ägyptischer Beamter äusserte sich ähnlich. Wie ein voll beladenes Containerschiff mit einem Gewicht von rund 220'000 Tonnen allein durch den Wind so vom Kurs abkommen soll, ist unklar.
BSM versicherte, die Mannschaft sei in Sicherheit, es habe keine Verletzten oder Umweltschäden gegeben. Container seien nicht über Bord gegangen.