«Nur 152 Covid-Tote» - Roger Köppel verbreitet zweifelhafte Artikel zu Covid-Toten in Portugal

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«Nur 152 Covid-Tote»Roger Köppel verbreitet zweifelhafte Artikel zu Covid-Toten in Portugal

Auf Twitter verbreitet SVP-Nationalrat Roger Köppel einen Artikel zu Corona-Toten in Portugal, der bereits mehrfach widerlegt wurde.

Roger Köppel teilte auf Twitter einen Artikel zu Corona-Toten in Portugal.
In diesem wird behauptet, Portugal habe nur 152 offizielle Corona-Tote gehabt.
WHO und die portugiesische Regierung berichten hingegen von über 17’000 Toten.
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Roger Köppel teilte auf Twitter einen Artikel zu Corona-Toten in Portugal.

Screenshot/Youtube

Darum gehts

  • Auf Twitter verbreitet SVP-Nationalrat und Weltwoche-Verleger Roger Köppel einen Artikel, in dem es heisst, in Portugal habe es nur 152 Covid-Tote gegeben.

  • Verschiedene Factchecker-Portale haben bereits geschrieben, dass im Artikel Fakten falsch interpretiert werden und ihn als falsch bezeichnet.

  • Köppels Tweet löst eine grosse Debatte aus. Der SVP-Nationalrat hat auf Anfragen noch nicht reagiert.

«Werden wir eigentlich von Wahnsinnigen regiert?» fragt SVP-Nationalrat Roger Köppel am Montagabend auf Twitter. Dazu postet er das Bild eines kurzen gedruckten Artikels mit der Überschrift: «152 statt 17’000 starben offiziell am Covid-Virus». Wo der Artikel abgedruckt wurde, ist nicht ersichtlich. Darin steht, dass es in Portugal lediglich 152 «gerichtlich verifizierte Covid-19-Todesfälle» gegeben habe – und nicht wie von der Regierung und der WHO vermeldet 17’000.

Köppels Tweet löste eine heftige Debatte aus, wurde innerhalb von 14 Stunden fast 200 mal kommentiert, 600 mal geteilt und über 1400 mal geliket. Die Meinungen gehen weit auseinander: Ein Teil der Kommentatorinnen und Kommentatoren feiert Köppel dafür, dass er als Einziger die Wahrheit sagt, während ein anderer Teil Artikel postet, die beweisen sollen, dass es sich beim geteilten Artikel um Fake News handle.

Nur Obduktionen von Gerichtsmedizinern beleuchtet

Gemäss verschiedenen anderen Berichten, etwa von theportugalnews.com oder von corretiv.org, verdreht der Artikel tatsächlich Fakten. Beide Portale haben das Gerichtsurteil (hier einsehbar), auf welches sich der Artikel stützt, analysiert und sind zum selben Schluss gekommen: Die Zahl der 152 Toten beziehe sich lediglich auf diejenigen Fälle, bei denen von Gerichtsmedizinern ein Totenschein ausgestellt wurde und nicht auf die Gesamtzahl der Covid-Toten in Portugal. Auch die Faktenchecker von AFP bezeichnen den Artikel als falsch.

Gerichtsmediziner werden laut correctiv.org nur dann beigezogen, wenn die Todesursache unbekannt sei oder von einer gewaltsamen Todesursache ausgegangen werde. Im grössten Teil der Fälle starben die Menschen an einer natürlichen Todesursache.

86 Prozent sterben an Corona

Sterbe jemand zu Hause, stelle üblicherweise der Arzt, welcher den Menschen am Schluss begleitet habe, den Totenschein aus und notiere darin etwa die Krankheit, an der der Mensch verstorben sei. Bei einem Todesfall im Spital übernehme das der behandelnde Arzt. Sei der oder die Verstorbene positiv auf das Virus getestet worden oder stehe der Tod in klarem Zusammenhang mit der Infektion, zähle er oder sie zu den Corona-Toten.

Auch die Frage, ob die Menschen denn nun an oder mit Corona verstorben seien, wird unter Köppels Tweet diskutiert. Darauf gibt es mittlerweile eine Antwort: Die deutsche Gesellschaft für Pathologie hat Untersuchungen an 154 Verstorbenen durchgeführt, die zuvor an Covid-19 erkrankt waren. Sie zeigen, dass 86 Prozent der Todesfälle wesentlich oder alleinig auf die direkten Folgen der Infektion zurückzuführen sind.

Roger Köppel hat auf telefonische und schriftliche Anfragen vom Dienstagmorgen bislang nicht reagiert. Am Dienstagmittag postete er aber einen weiteren Artikel zu demselben Thema auf Twitter, dieses Mal vom österreichischen «Wochenblick». Der Artikel stammt vom 28. Juni und wurde am 1. Juli überarbeitet: «Das Urteil behauptet nicht explizit, dass es sich in exakt 0,9 Prozent der Fälle um Corona-Tote handelte. Wie hoch die Dunkelziffer ist, ist unklar. Wochenblick hat den bestehenden Artikel deswegen um eine kritische Einordnung erweitert», heisst es dort. Köppel dazu: «Kritische Nachrichten zur Portugal-Meldung. Dank an die Kollegen aus Österreich.»

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