Tränen vor Gericht«Roland W. bedauert nur sich selbst»
Vor dem Bezirksgericht hat sich Roland W. wegen pädophiler Übergriffe auf Buben zu verantworten. Die Staatsanwältin beantragt eine 13-jährige Freiheitsstrafe und eine Therapie.
«Er gibt nur zu, was man ihm nachweisen kann»: Der Verteidiger eines der Opfer, Rechtsanwalt Mark Schwitter, über den Prozess um Roland W.
Vor dem Bezirksgericht Dietikon wird heute Dienstag einer der schlimmsten Pädophilen-Fälle des Kantons Zürich verhandelt. Der Beschuldigte Roland W. soll zehn Knaben zum Teil über Jahre hinweg immer wieder sexuell missbraucht und genötigt haben.
Die Staatsanwältin fordert dafür 13 Jahre Haft. Roland W.'s Anwalt fordert eine Maximalstrafe von 3 Jahren, die zur Hälfte teilbedingt sein solle. Der heute 51-Jährige, der auf Bildern seiner Sicherheitsfirma noch schwarze Haare hatte, stand vollständig ergraut und im Faserpelz vor dem Berzirksgericht Dietikon.
«Wollte mir nicht eingestehen, dass ich pädophil bin»
Dem vorsitzenden Richter gegenüber gab er sich einsichtig: «Was ich gemacht habe, war falsch, unter aller Sau.» Er habe das schon bei seinen Taten gewusst, sich aber niemandem anvertraut, weil er sich geschämt habe. «Ich wollte mir nicht eingestehen, dass ich pädophil bin. Ich habe mir gesagt, ich bin lieb zu den Kindern, ich täple nur hie und da.»
So wie Roland W. das sagt, wirkt er ehrlich, offen und man hat den Eindruck er meint das auch so. So kann man verstehen, dass es ihm immer wieder gelang, Eltern und Kinder über seine wahren Absichten zu täuschen und sie um den Finger zu wickeln.
W. behauptet, Kinder hätten «einfach tief geschlafen»
Denn so offen und schuldbewusst er jetzt wirkt, so wenig kooperativ verhielt er sich bei der Einvernahme. Nach einem anfänglichen Eingestehen hat er laut Staatsanwältin nur noch das zugegeben, was man ihm eindeutig nachweisen konnte.
Auch heute vor Gericht bestritt er weiterhin, die Kinder sediert zu haben, um an ihnen im Schlaf sexuelle Handlungen vorzunehmen und sie dabei zu filmen. Dies obwohl ein rechtsmedizinisches Gutachten die Sedierung praktisch bestätigt und er vom Arzt ungewöhnlich viel Dormicum bezog. Roland W. bleibt dabei: «Sie haben einfach tief geschlafen.»
Entsprechend wütend wurden die vor Gericht anwesenden Angehörigen, als Roland W. heulend und schniefend sein Schlussplädoyer vorlas. Darin sagte er, dass es ihm unsäglich leid tue. «Das kann ich nicht ernst nehmen, dem tut nur er selbst leid», sagte ein Angehöriger empört. Die meisten empfanden die Schlussworte als weitere Verhöhnung der Opfer.
Handlungen nicht möglich, ohne dass Kinder aufwachen
Dass er seine Anteilnahme und Reue eher aufgesetzt war, konnte man auch seinen Bemerkungen entnehmen, die er während des Plädoyers eines Opferanwalts ausstiess. Er zischte «Arschloch», als dieser ihm vorwarf, nicht wirklich geständig zu sein.
Der Opferanwalt zeichnete denn auch das Bild eines berechnenden Mannes mit saddistischen Zügen, der keine echte Deliktseinsicht habe und bei allen Vorwürfen so tue, als ober sich an nichts mehr erinnere. Durch diese Haltung würden sich die Opfer hintergangen fühlen. Sein Mandant sei schwer traumatisiert und werde vermutlich sein Leben lang mit den Folgen des Missbrauchs kämpfen.
Kinder aus schwierigen Verhältnissen ausgesucht
Die Staatsanwältin hob in ihrem Plädoyer hervor, Roland W. habe sich gezielt Kinder aus schwierigen Verhältnissen ausgesucht, deren Eltern etwa Alkoholprobleme hatten oder alleinerziehend waren.
Auch bei den Kindern selbst habe es sich immer um ähnliche Persönlichkeiten gehandelt: «eher scheu, ängstlich und introvertiert». Er habe es auf verschiedenste Weise geschafft, dass Eltern und Kind ihm vertrauten. Mit einer Mutter habe er sogar eine Art Verhältnis gehabt.
Sobald eine Beziehung und eine gewisse Nähe hergestellt waren, habe er mit den Missbräuchen angefangen. Das Verschulden von Roland W. stuft sie darum als schwer ein. Er habe die Intimität seiner Opfer aufs Gröbste verletzt und sie zeitlebens traumatisiert.
Zwei weitere Opfer
Die Staatsanwältin zitiert auch aus dem Gutachten zu Roland W., das ihm eine hohe Rückfallgefahr attestiert: «Roland W. ist ein Kernpädosexueller, der es versteht, seine Opfer zu verführen.» Laut Gutachten habe W. eine Persönlichkeit mit narzisstischen Zügen und verfüge über manipulative Fähigkeiten.
Weiter merkt sie an, dass sich nach der Medienberichterstattung um Roland W. zwei weitere Opfer gemeldet hätten. Von einem von ihnen ist der Angeklagte der Götti. Diese Fälle stammten noch aus Jahren bis 1994.