Grünen-Präsident«Parteipräsident ist ein Verschleissjob, Glättlis Rücktritt konsequent»
Grünen-Präsident Balthasar Glättli tritt zurück. Laut Politologin Sarah Bütikofer ist das nur konsequent. Gut möglich ist für sie, dass jetzt ein jüngeres Duo übernimmt.
Darum gehts
Grünen-Präsident Balthasar Glättli wird sich nicht mehr zur Wahl als Parteipräsident stellen.
«Ich bin das Gesicht der Niederlage am Wahlsonntag», sagt Glättli.
Für Politologin Sarah Bütikofer ist der Rücktritt konsequent. Jetzt sei Platz – womöglich für eine junge Frau.
Obwohl Balthasar Glättli bereits einen Tag nach dem rabenschwarzen Wahlsonntag für die Grünen gewusst habe, dass er sein Amt abgeben werde, kommunizierte er das erst am Dienstag. «Ich bin das Gesicht dieser Niederlage», sagte Glättli gegenüber Radio SRF. Sarah Bütikofer, Politologin an der Universität Zürich, sagt, wer auf Glättli folgen könnte.
Glättli sagte, er sei das «Gesicht der Niederlage». War er auch dafür verantwortlich?
Sarah Bütikofer: Der Präsident oder die Präsidentin ist nie allein verantwortlich, weder für Erfolg noch Niederlage. Doch es ist bei den Parteien immer mehr wie im Fussball, der Druck bei Misserfolgen, auch medial, ist gross. Da ist es naheliegend, dass der «Trainer» geht. Sein Rücktritt ist konsequent. Es war ein schwieriges Wahljahr für die Grünen nach einer Legislatur mit vielen Krisen.
Wieso?
2019 gewannen die Grünen an allen Fronten, die Partei ist stark gewachsen, ebenso die Fraktion, und zwar in beiden Parlamentskammern. Doch kaum hatte die neue Legislatur angefangen, kam die Pandemie. Das machte es schwierig, als neu zusammengesetzte Fraktion im Parlament den Rank zu finden.
«In der Diskussion um die Waffenausfuhren zeigte sich die Partei gespalten.»
Welche Fehler beging Glättli?
Trotz schwierigen äusseren Umständen gelang Glättli ein guter Start in die Legislatur, die Grüne Welle hielt noch eine Weile an. Die ersten kantonalen Wahlen und das Jahr mit Nationalratspräsidentin Irene Kälin waren Erfolge für die Grünen. Doch dann folgte auf die Pandemie der Krieg in der Ukraine und damit verbunden die schwierige Diskussion um die Waffenausfuhren. Da zeigte sich die Partei gespalten. Den Anfang der Niederlage dieses Wahlsonntags machten die kantonalen Wahlen in Zürich. Und im nationalen Wahlkampf sprach die Themenkonjunktur gar nicht für die Grünen.
«Das SP-Duo Meyer und Wermuth hat gezeigt, dass eine Partei mit Co-Präsidium erfolgreich sein kann.»
Jetzt wirft Glättli das Handtuch. Wer könnte folgen?
Es ist sicher naheliegend, dass ein Generationenwechsel stattfindet, dass jemand Jüngeres übernimmt. Und auch, dass es eine Frau wird, halte ich für wahrscheinlich. Doch das Parteipräsidium ist ein Verschleissjob mit starken Auswirkungen auf das persönliche und berufliche Umfeld. Gerade während eines Wahljahres ist man rund um die Uhr auf Achse, das geht an die Substanz. Das SP-Duo Meyer und Wermuth hat gezeigt, dass eine Partei mit einem Co-Präsidium erfolgreich sein kann. Ich kann mir deshalb gut vorstellen, dass die Grünen das auch wieder anstreben werden.
Mit welchen Namen?
Marionna Schlatter oder Franziska Ryser wären sicher geeignet. Gut möglich, dass es ein Duo bestehend aus West- und Deutschschweiz, Mann und Frau und mit Erfahrung aus dem Kantonal- oder Stadtpräsidium wird. Da kämen Raphaël Mahaim aus der Waadt oder Nicolas Walder aus Genf infrage.
Kam Glättlis Rücktritt zur richtigen Zeit?
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