Kanton AargauRumäne ärgert sich über die «falsche» Schreibweise seines Nachnamens
M. ist wie seine Eltern Rumäne. Weil das Kind aber in der Schweiz geboren wurde, wird sein Nachname anders geschrieben als jener seiner Eltern. Vater Adrian Roșu hat dafür kein Verständnis.
Darum gehts
Weil der Sohn eines Rumänen in der Schweiz geboren wurde, verzichteten die Behören in der Geburtsurkunde darauf, im Nachnamen des Kindes ein rumänisches Standardzeichen zu verwenden.
Der Rumäne findet es unsinnig, dass die Schreibweise des Nachnamens bei seinem Sohn angepasst wurde, obwohl das Kind die rumänische Staatsangehörigkeit hat.
Grund für die Namensanpassung ist, dass der rumänische Buchstabe nicht im Zeichensatz, welcher die Zivilstandsbehörden verwenden, enthalten ist.
Der Zeichensatz soll ab kommendem Jahr für alle Personenregister vereinheitlicht werden, so entschied der Bundesrat 2021.
«Roșu heisst auf Rumänisch übersetzt ‹Rot›», sagt Adrian Roșu (39). «Schreibt man das Wort aber mit ‹s› anstatt mit ‹ș› ändert sich nicht nur die Aussprache, sondern der Begriff verliert damit auch seine Bedeutung.»
Ein Detail? Nicht für den Rumänen, denn: Im Personenstandsregister ist sein Sohn M. (9 Monate) mit dem Nachnamen «Rosu» erfasst – und so steht der Name auch auf der Geburtsurkunde des Kindes. Und dies, obwohl der Bub die rumänische und slowakische Staatsangehörigkeit hat. «Mein Sohn ist nicht Schweizer, muss aber einen ‹Schweizer› Namen haben? Das ist doch Unsinn», ärgert sich Roșu.
Geschlecht ändern ja, rumänischen Namen korrekt schreiben nein
Die nicht-rumänische Schreibweise des Nachnamens bereitet dem 39-Jährigen auch noch aus einem anderen Grund Sorgen: «Sollte meiner Frau und mir etwas zustossen und M. muss beweisen, dass er unser Sohn ist, könnte dies in Rumänien oder der Slowakei zu Problemen führen.» Neben der angepassten Schreibweise des Namens sei in den Ausweisen des Kindes nämlich auch kein Heimatort erfasst: «In der Geburtsurkunde steht beim Geburtsort zwar eine Schweizer Stadt, das Feld des Heimatortes wurde aber leer gelassen.»
Roșu hat wegen des für ihn wichtigen Details schon einige Male die Gemeinde, in der er lebt, aufgesucht – jedoch ohne Erfolg. Bei ihm stösst dies auf Unverständnis: «In der Schweiz haben die Menschen das Recht, ihr Geschlecht amtlich zu ändern, ebenso wie ihre Vornamen – aber bei einem einzigen Buchstaben eines ausländischen Namens stellt man sich quer.»
Zeichensatz enthält nicht Zeichen aller europäischen Sprachen
Dass der 39-Jährige unglücklich über die unterschiedliche Namensweise auf der Geburtsurkunde seines Sohnes ist, ist seiner Aargauer Wohngemeinde bekannt. Wie es auf Anfrage von 20 Minuten heisst, gelte bei der Aufnahme der Personendaten in das Schweizerische Personenstandsregister ein vorgegebener Zeichensatz. «Nicht im Zeichensatz aufgeführt ist das ‹ș›, weshalb dieser Buchstabe gemäss Transliterationstabelle zu einem ‹s› umgeschlüsselt wird», so der Vize-Stadtschreiber der Gemeinde.
Personen, die nicht Schweizer Bürgerin oder Bürger sind, hätten keinen Heimatort im Sinne der Schweizerischen Gesetzgebung, erklärt die Gemeinde weiter. «Die Rubrik Heimatort ist deshalb Schweizer Staatsbürgerinnen und -bürgern vorbehalten.» Anstelle des Heimatortes werde bei Personen aus dem Ausland die Staatsangehörigkeit eingetragen.
Mehr als 100’000 Personen mussten Namen anpassen
Dass sich beim Sohn die Schreibweise des Nachnamens im Personenstandsregister von jenem seiner Eltern unterscheidet, dürfte nicht zu einem Problem werden, sagt Raphael Frei, Informationsbeauftragter des Bundesamts für Justiz BJ. «Insbesondere wissen die Behörden anderer Staaten in der Regel sehr genau, welche Sonderzeichen die Schweiz darstellen kann und welche nicht.»
Frei kann nicht sagen, wie viele Personen, welche aus anderen Staaten in die Schweiz gezogen sind, die Schreibweise ihres Namens anpassen mussten. In einer Studie aus dem Jahr 2019 über die Verwaltung der Sonderzeichen in den Personenregistern der Schweiz war von rund 100’000 Personen die Rede. Allerdings handelte es sich bei diesen Personen nur um jene, welche eingebürgert wurden.
Bundesrat will Zeichensatz erweitern
Doch dies wird sich in naher Zukunft ändern: Im Mai 2021 entschied der Bundesrat deshalb, ab 2024 einen einheitlichen Zeichensatz in allen Personenregistern der Schweiz einzuführen, «damit bis auf wenige Ausnahmen alle Sonderzeichen europäischer Sprachen geführt werden können», heisst es in der entsprechenden Medienmitteilung.
Ist die neue Verordnung gültig, wird Roșu den Namen seines Sohnes im Personenstandsregister «korrekt» erfassen lassen können. Wie Frei sagt, eröffnet der Bundesrat in den kommenden Wochen die Vernehmlassung zum Verfahren, mit dem eine Anpassung der Namensschreibweise beantragt werden kann. Bis ein endgültiger Entwurf ausgearbeitet sein wird, dürfte es aber noch eine Weile dauern: «Der Bundesrat wird voraussichtlich per 1. Januar 2025 die revidierte Verordnung in Kraft setzen.»
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