Schädliche Behandlungen«Satanic Panic»-Therapeutinnen haben neuen Wirkungskreis in Bern
Laut Verschwörungstheoretikern soll es in der Schweiz Satanisten geben, die Kinder und Frauen foltern, sexuell missbrauchen, ihr Blut trinken und sie sogar essen. In Therapien wollen sie angeblichen Opfern helfen – und machen sie kränker.
Im Video siehst du die wichtigsten Aussagen aus der SRF-Reportage von 2021.
20min/SRFDarum gehts
Wie eine SRF-Doku 2021 zeigte, glaubten Angestellte in einer Berner Psychiatrie-Einrichtung an eine satanistische Verschwörungstheorie und behandelten Patientinnen und Patienten entsprechend.
Als dies publik wurde, wurden Untersuchungen durchgeführt und Personen entlassen.
Nun soll das Psychiatriezentrum «Les Toises» in Bern zum neuen Hotspot für die «Satanic Panic» geworden sein.
Satanisten, die Kinder und Frauen foltern, sexuell missbrauchen, ihr Blut trinken und sie sogar essen? Wie 2021 eine SRF-Doku zeigte, arbeiteten am Psychiatriezentrum Münsingen Menschen, die an diese Verschwörungstheorie namens «Satanic Panic» glaubten. Sie waren überzeugt, dass es in der Schweiz Zirkel gibt, die im Untergrund operieren und satanistische Rituale organisieren, bei denen Kinder misshandelt und getötet werden.
Der Kanton Bern führte eine Untersuchung durch. Im Expertenbericht geht es um «schädliche» Therapien und einen «Irrglauben». Betroffene erzählten, dass ihnen so lange suggeriert wurde, dass sie von Satanisten missbraucht werden, bis sie sich selbst an solche Vorfälle zu erinnern glaubten. Die Klinik entliess in der Folge einige Angestellte und schulte ihre Mitarbeitenden nach, um solche Behandlungen zu verhindern.
Verschwörungstheoretikerinnen therapieren jetzt in Bern
Nun zeigt eine neue SRF-«Investigativ»-Recherche, dass die Fehlbehandlungen an einem neuen Ort weitergeführt werden. «Das Zentrum ‹Les Toises› in Bern ist der neue Hotspot der Verschwörungstheorie. Das Problem hat sich aus dem Psychiatriezentrum Münsingen hierher verlagert», erzählte ein anonymer Insider, andere Quellen bestätigten die Vorwürfe.
Zwei Psychologinnen und eine Ärztin haben kürzlich von Münsingen ans Zentrum in Bern gewechselt. Die drei glauben an die Verschwörungserzählung und behandeln angebliche Opfer. Auch einige ihrer Patientinnen haben sie mitgenommen. Das bestätigt auch eine Patientin: «Meine Therapeutin war vorher am Psychiatriezentrum in Münsingen. Als sie die Stelle wechselte, hat sie mich gefragt, ob ich mit ihr gehe.»
Sie selbst glaubt ebenfalls an die Verschwörungserzählung. Sie habe mehrere Persönlichkeiten und Teile davon seien satanistischen Tätern hörig. Deshalb mache sie, was diese befehlen würden, sagt sie gegenüber SRF. Von ihrer Therapeutin sei sie abhängig: «Sie fängt mich auf. Ich habe Mühe, Menschen zu vertrauen, ich habe das Gefühl, dass jeder ein Täter ist, dass ich nicht sicher bin.»
Patientinnen in Not glauben den Therapeutinnen alles
Die Abhängigkeit von Therapeuten sei typisch für diese Erzählungen rund um rituellen Missbrauch und Gedankenprogrammierung, so der Schweizer Psychiater Frank Urbaniok. In ihrer Not würden die Patientinnen der Therapeutin alles glauben. «Die Therapeutinnen erzeugen eine Erinnerung, die es vorher nicht gegeben hat und für die die reale Grundlage fehlt. Das sind klare Behandlungsfehler.» Deshalb werden die Patientinnen immer kränker während der Therapie.
Hast du oder hat jemand, den du kennst, ein Trauma erlitten?
Hier findest du Hilfe:
Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858
Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK, Tel. 058 400 47 77
Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
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