Abstimmung am 13. JuniSchafft die SVP trotz massiver Ja-Kampagne den CO2-Coup?
Die SVP kämpfte als einzige grosse Partei von Beginn weg gegen das CO2-Gesetz. Die Befürworter schalteten deutlich mehr Inserate – trotzdem steht das Gesetz auf der Kippe.
Darum gehts
Das Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern hat untersucht, wie viele Inserate in Printmedien die Befürworter und Gegner der kommenden Abstimmungsvorlagen geschaltet haben.
Beim CO2-Gesetz wurden rund 2,5-mal mehr Inserate vom Ja-Lager geschaltet – trotzdem steht das Gesetz auf der Kippe.
Laut Politologe Daniel Kübler würde die SVP sich ein allfälliges Nein als Siegerin auf die Fahne schreiben – obwohl vor allem Stimmberechtigte aus dem Mitte-Lager den Ausschlag geben dürften.
935 Zeitungsinserate wurden im Abstimmungskampf rund um das revidierte CO2-Gesetz geschaltet. Das stellt die jüngste Publikation «Année politique Suisse» (APS) des Instituts für Politikwissenschaft der Universität Bern fest. Seit 2013 untersuchen die Autoren dazu 51 Printpublikationen hinsichtlich der Menge der Inserate (siehe unten). Das CO2-Gesetz hätte beinahe den Rekord seit Beginn der Untersuchungen geknackt: Nur für die Masseneinwanderungsinitiative wurden mit 1025 mehr Inserate geschaltet.
Über alle Vorlagen hinweg stellen die Forscherinnen und Forscher einen Rekord fest: Noch nie seit Beginn der Erhebung wurden vor einem Abstimmungstermin so viele politische Inserate geschaltet. Den zweiten Platz belegt die Abstimmung vom September letzten Jahres, als über die Begrenzungsinitiative, das Jagdgesetz, die Kinderabzüge, den Vaterschaftsurlaub und die Beschaffung neuer Kampfjets abgestimmt wurde.
Für das CO2-Gesetz kämpft eine breite Allianz: Vom Bundesrat über alle grossen Parteien ausser der SVP bis hin zu diversen Verbänden. Das Ja-Lager hat auch klar die Oberhand bei der Inseratekampagne: «Beim CO2-Gesetz dominieren die Inserate der Befürwortenden deutlich», halten die Autoren fest. Konkret wurden 657 Inserate für das CO2-Gesetz geschaltet und 271 dagegen.
«Beide Lager haben realisiert, dass es knapp wird»
Die Ausgangslage für die Abstimmung am 13. Juni ist allerdings unklar: Gemäss der jüngsten Abstimmungsumfrage von 20 Minuten und Tamedia hätten zwei Wochen vor der Abstimmung 53 Prozent ein Ja in die Urne gelegt, 46 Prozent ein Nein. Das knappe Rennen ist laut dem Politologen Daniel Kübler ein möglicher Grund, weshalb so viel für oder gegen das Gesetz geworben wird: «Sowohl das Pro- wie auch das Contra-Lager haben realisiert, dass es knapp wird. Es geht um die Wurst.» Wird ein knappes Resultat erwartet, intensivieren beide Lager gemäss Kübler erfahrungsgemäss ihre Werbebemühungen: «Sie wissen, dass intensive Kampagnen vor der Abstimmung den Ausschlag geben könnten.»
Ein weiterer Grund ist laut dem Politologen, dass sehr viel auf dem Spiel steht: «Für die grosse Ja-Allianz wäre ein Nein am 13. Juni peinlich. Umso entschlossener sind die Gegner rund um die SVP, die als einzige Partei von Anfang an gegen das Gesetz war, die Vorlage zu versenken.» Für die Befürwortenden stehe umso mehr auf dem Spiel, als dass ein Nein auch international eine negative Signalwirkung hätte und dem Schweizer Ruf schaden würde.
«Tiefe Gräben bei den Mitte-Parteien»
Die SVP als Einzelkämpferin gegen den Rest: Dieses Narrativ ist nicht neu. «Sollte am 13. Juni tatsächlich ein Nein resultieren, wird die SVP sich diesen Sieg auf die eigene Fahne schreiben», sagt Kübler. Ausschlaggebend seien dafür aber nicht die Wähler aus dem klar linken oder klar rechten Lager, sondern diejenigen aus der Mitte: «Die Parteispitzen von FDP und Mitte setzen sich zwar für ein Ja ein. Die Umfragen zeigen aber, dass tiefe Gräben durch ihre Wählerschaft gehen.»
Bei den Agrar-Initiativen präsentiert sich die Situation gegensätzlich: Für die Trinkwasser-Initiative wurden 208 Pro- und 571 Contra-Inserate geschalten. Bei der Pestizidinitiative waren es gar nur 84 Pro- und dieselben 571 Contra-Anzeigen. «Die Gegnerschaft profitierte hier davon, dass sie beide Vorlagen in denselben Inseraten zur Ablehnung empfehlen kann», heisst es in dem Bericht.
Kaum über Inserate mobilisiert wurde beim Terror- und beim Covid-19-Gesetz: Insgesamt wurden für die beiden Gesetzesvorlagen nur 68 Inserate geschalten. Dass kaum für das Anti-Terror-Gesetz geworben wird, erstaunt Kübler nicht: «Bei allen anderen Vorlagen geht es letztlich ums Geld. Dass es beim Anti-Terror-Gesetz auch um Menschenrechte geht, scheint kaum wahrgenommen zu werden. Wenn es ums eigene Portemonnaie geht, funktioniert die Mobilisierung immer besser.»
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