DeutschlandSchicksalswahl in Baden-Württemberg
Seit 58 Jahren regiert die CDU in Baden-Württemberg: Mit der heutigen Landtagswahl könnte sich dies ändern. Eine Abwahl der CDU hätte auch Signalwirkung für Berlin.
Wochenlang haben sie um Wählerstimmen gekämpft - auch am Sonntag präsentierten sich die Spitzenkandidaten der Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz noch einmal durchweg optimistisch. Bei den Stimmabgaben zeigten sie sich zumeist entspannt und locker. Wenige Stunden später dürfte einigenvon ihnen aber das Lachen vergangen sein.
Die Wahl in Baden-Württemberg wurde für die CDU zur Schicksalswahl erhoben. Die CDU regiert hier seit fast 58 Jahren. Rund 7,8 Millionen Wahlberechtigte bestimmten auch über das politische Schicksal der Landespartei und ihres Ministerpräsidenten Stefan Mappus. Die Chancen für eine Neuauflage der schwarz-gelben Koalition standen schlecht, hingegen gut für ein Bündnis von SPD und Grünen. Der Schwenk der Bundesregierung in der Atompolitik könnte der Wahl die entscheidende Wendung gegeben haben.
Mappus hat ein gutes Gefühl
Mappus kam am Sonntag mit seiner Ehefrau Susanne Verweyen-Mappusund seinen beiden Söhnen zu Fuss zur Stimmabgabe in Pforzheim. Von schlechten Umfragen wollte der 44-Jährige nicht wissen. «Ich bin sehr zuversichtlich, ich habe ein gutes Gefühl», sagte Mappus. In der «Bild am Sonntag» verteidigte er noch einmal seine Haltung in der Atompolitik und warnte vor einem übereilten Atomausstieg. FDP-Spitzenkandidat Ulrich Goll zeigte sich bei der Stimmabgabe in Waiblingen ebenfalls locker und freundlich. SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid progostizierte hingegen einen historischen Tag für das Land. Es werde einen Regierungswechsel mit ihm an der Spitze geben, sagte Schmid voraus, der in Begleitung seiner Frau Tülay zum Wahllokal in Nürtingen seine Stimme abgab. Zurückhaltender äusserte sich Grünen-Spitzenkandidat WinfriedKretschmann, dem Chancen auf das Ministerpräsidentenamt in einer grün-roten Koalition eingeräumt wurden. Kretschmann gab zusammen mit Ehefrau Gerlinde in Sigmaringen seine Stimme ab. Die Entscheidungliege nun beim Volk, sagte er.
Mehr kann man nicht machen
In Rheinland-Pfalz, wo die Chancen für Rot-Grün gut standen, gaben die Spitzenkandidaten ebenfalls schon am Vormittag ihre Stimmen ab. Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) kam mit Frau Roswitha im Heimatort Steinfeld zur Stimmabgabe. «Jetzt ist alles getan, was man tun kann. Mehr kann man nicht mehr machen.» Nun gelte es, das Votum der Wähler abzuwarten, sagte Beck.
Herausforderin Julia Klöckner von der CDU wählte in BadKreuznach. «Ich kämpfe für eine starke CDU», sagte Klöckner danach.In einem Online-Chat der CDU wollte sie sich auch am Sonntag noch den letzten Fragen der Wähler stellen. Noch am Samstag war sie in Trier mit Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgetreten. Für Unmut im Klöckner-Lager könnte gesorgt haben, dass ihr Parteifreund Mappus und Beck sich in einem Doppelinterview der «Bild am Sonntag» gegenseitig für ihre gute Zusammenarbeit lobten.
Die Grünen in Rheinland-Pfalz setzten auf einen Schub durch die aktuelle Atomdebatte. «Viele Menschen kommen zu uns, weil sie Sorgen und Ängste haben», sagte Spitzenkandidat Daniel Köbler bei der Stimmabgabe in Mainz.
Schwierig könnte es hingegen für den FDP-Spitzenkandidaten Herbert Mertin am Ende wegen der Protokoll-Affäre um Wirtschaftsminister Rainer Brüderle geworden sein. FDP-Landeschef Brüderle, der beim BDI die Atomwende mit den Wahlen begründet haben soll, sich aber missverstanden fühlt, zeigte sich dennoch bei der Stimmabgabe in Mainz zuversichtlich. (dapd)