Hochdorf«Es ist schlimmer als unsere schlimmste Vorstellung»
Weil der Milchverarbeiter Hochdorf Swiss Nutrition derart hoch verschuldet ist, wird jetzt ein neuer Käufer für sein operatives Geschäft gesucht.
Darum gehts
Am Mittwochmorgen findet in Hochdorf die Generalversammlung des Milchverarbeiters statt.
Die Firma Hochdorf ist der viertgrösste Milchverarbeiter der Schweiz.
Ihre Schulden sind enorm. Der Verwaltungsrat geht davon aus, dass eine komplette Rückzahlung der Anleihe in absehbarer Zukunft nicht möglich sein wird.
Aus diesem Grund wird nun ein Käufer für die Gruppe gesucht.
Dadurch würde Hochdorf Swiss Nutrition seine Unabhängigkeit verlieren.
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Um 13.15 Uhr ist die Generalversammlung der Hochdorf Swiss Nutrition zu Ende.
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Hochdorf soll noch 2024 verkauft werden
Schliesslich werden die Finanzen erneut thematisiert. Man wolle die Hochdorf Swiss Nutrition zwar verkaufen, Kleiderfirmen, grosse Marken oder Immobilienunternehmen kämen jedoch nicht infrage.
Ziel sei es, die Tochterfirma noch dieses Jahr zu verkaufen.
Verwaltungsrat wiedergewählt
Der Newlat-Sprecher stellt nun die Kandidaten vor, die sich für den Verwaltungsrat aufstellen lassen möchten.
Zuerst kommt es aber zur Wahl des Verwaltungsrates. Alle fünf werden mit über 76 Prozent Ja-Stimmen gewählt.
Bevor es zur Wahl der Newlat-Kandidaten kommt, sagt der Verwaltungsratspräsident noch: «Wir sind dagegen.»
Dann die Wahl: Keiner der fünf Newlat-Kandidaten wird gewählt. Auch Helmut Bösiger wird nicht gewählt.
Bedenken an Newlat im Verwaltungsrat
Ein weiterer Aktionär äussert seine Bedenken zur Kandidatur von Newlat-Mitarbeitenden für den Verwaltungsrat: «Wie können wir sicher sein, dass diese Kandidaten die Tochterfirma (Hochdorf) nicht billig an Newlat verkauft?»
Der Newlat-Sprecher versichert, dies sei aus rechtlichen Gründen gar nicht möglich. «Ihr seht zwar die Krawatte und den Anzug, aber wir sind ein Industrieunternehmen. Wir sind keine Firma, die kauft und wiederverkauft.»
«No-Go!»
Der Newlat-Food-Sprecher tritt erneut nach vorne. Er fordert eine Restrukturierung und kündet an, die Aktionärin sei bereit, zu investieren. Konkret bietet Newlat eine Kapitalerhöhung in der Höhe von 30 bis 80 Millionen Franken an. Zudem wolle man den Export fördern.
Ein Kleinaktionär entgegnet: «Die sind ja nicht mal hier (in der Schweiz). No-Go!»
Newlat-Verwaltungsratskandidat Helmut Bösiger ergänzt: «Ich verfolge diese Tragödie seit zehn Jahren.» Er sagt: «Ich finde diese Lösung von Newlat sehr riskant und vor allem für Newlat sehr vorteilhaft.» Es handle sich dabei um eine «Verwässerung der aktuellen Aktionäre», was nicht im Interesse der Generalversammlung sei.
Ein Käser und Kleinaktionär, der den Einsatz von Mitgliedern von Newlat im Verwaltungsrat befürwortet, tritt nach vorne. Er wendet sich an den Verwaltungsrat und sagt: «Die haben Ahnung von Weltwirtschaft. Vielleicht solltet ihr jemanden in den Verwaltungsrat nehmen, der euch guttut.»
Aktionärin will Verwaltungsrat austauschen
Marjan Skotnicki-Hoogland verlässt den Verwaltungsrat von Hochdorf Swiss Nutrition. Nun wird eine Wiederwahl des bisherigen Verwaltungsrates beantragt. Skotnickis Sitz soll nicht ersetzt werden.
Aber: Aktionärin Newlat Food fordert, dass der gesamte Verwaltungsrat ausgetauscht wird. Stattdessen solle der Verwaltungsrat künftig hauptsächlich aus italienischen Staatsbürgern bestehen.
Geschäftsleitung bekommt maximal 2'650'000 Franken
Für die Geschäftsleitung beantragt der Verwaltungsrat eine maximale Gesamtvergütung von 2'650'000 Franken. Die Aktionärinnen und Aktionäre stimmen dem Antrag mit 62,42 Prozent zu.
600'000 Franken für den Verwaltungsrat?
Nun kommt es zum Traktandum Vergütung.
Der Verwaltungsrat der Firma Hochdorf beantragt, die Genehmigung einer maximalen Vergütung für den Verwaltungsrat von 600'000 Franken für das Jahr 2024. Es wird betont, dass es sich um eine obere Grenze handelt.
Dann ergreift ein Sprecher der Firma Newlat Food das Wort. Newlat Food ist eine wichtige Aktionärin, die sich unter anderem auf Babynahrung spezialisiert hat.
Der Sprecher fordert, dass die Vergütung von 600'000 Franken auf 300'000 Franken gesenkt wird. Zudem ziehe man bei Newlat Food in Erwägung, den Verwaltungsrat auszutauschen.
Ein Kleinaktionär aus Valencia entgegnet: «Denken Sie daran, was der heutige Verwaltungsrat leistet und verdient und was der frühere Verwaltungsrat leistete und verdiente.» Letzterer sei es gewesen, der «uns das alles eingebrockt hat. Jetzt leisten sie mit viel weniger viel mehr.»
Die Aktionärinnen und Aktionäre nehmen den Antrag, die maximale Vergütung des Verwaltungsrates auf 600'000 Franken festzulegen, mit 69,05 Prozent an.
Dadurch erübrigt sich eine Abstimmung über den Antrag von Newlat Food.
«Sie hören von mir nicht, dass alles rosig ist»
Aber: «Ich habe Ihnen versprochen, keine Luftschlösser zu bauen. Ich glaube, hier wurde genug gebaut», sagt Siegl jetzt. «Sie hören von mir nicht, dass alles rosig und gut ist. Pyramiden baut man bekanntlich von unten und nicht von oben.»
Der CEO sagt: «Unsere Mitarbeitenden verspüren wieder einen Stolz und ein Selbstbewusstsein, das in den letzten Jahren aufgrund von der aktuellen Situation stark gelitten hat.»
Er nehme jedoch auch die Verunsicherungen der letzten Wochen wahr. «Hochdorf führt derzeit intensivste Gespräche mit potenziellen Investoren», so Siegl. Der Prozess sei jedoch strikt vertraulich. Man wolle im Markt keine Unruhe erwecken. Alle erhielten die gleiche Chance, Hochdorf Swiss Nutrition ein Angebot zu machen.
Geschäftspartner kein Bankomat
CEO Siegl nennt die Erfolgsfaktoren des letzten Jahres: Firmenkultur, Pharmalys und Milchmarkt Schweiz.
Man habe zum einen das Controlling hochgefahren, um zu sehen, wo man Geld gewinne und verliere. Weiter sei die Kooperation mit Geschäftspartner Pharmalys verbessert worden und sei im Milchmarkt Schweiz zu einem verlässlichen Partner mit neuen Regeln geworden.
«Ist damit alles okay? Nein.» Man könne Pharmalys nicht wie einen Bankomaten nutzen und Geld rausziehen.
«Machen Sie mehr Babys»
«Leider war Hochdorf bei Amtsantritt der heutigen Unternehmensführung im Jahr 2022 nicht fit, die Königsdisziplin Babynahrung richtig anzugehen», so Siegl. «Machen die Schweizer zu wenig Babys? Auch hier ein Aufruf: Machen Sie mehr Babys», sagt der CEO.
Plus 5,4 Prozent
Jetzt ergreift Ralph Siegl, CEO und Delegierter des Verwaltungsrates, das Wort und spricht gleich die Kennzahlen an.
Der Nettoerlös ist 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 5,4 Prozent gestiegen.
2022: 292,1 Millionen Franken
2023: 307,8 Millionen Franken
Saal pumpenvoll
Rund 200 Aktionärinnen und Aktionäre haben sich im Braui-Eventsaal in Hochdorf versammelt.

Die Erfassung der Voten erfolgt elektronisch mittels Abstimmungsgerät.
20min/stoAktionäre sollen kritisch bleiben
«Lassen Sie sich keine rosarote Brille aufsetzen», appelliert Präsident Oleas an die Aktionärinnen und Aktionäre, das Vorgehen kritisch zu hinterfragen. «Es braucht eine Führungsmannschaft, die den Markt kennt.»
«Schlichtweg verheerend»
Jürg Oleas, Präsident des Verwaltungsrates, eröffnet die Generalversammlung.
Er sagt: «Liebe Aktionärinnen und Aktionäre. Vor fünf Jahren haben Sie uns in den Verwaltungsrat gewählt. Dass es damals um die Rettung des Unternehmens ging, war uns bewusst.» Jedoch sei die Situation der Hochdorf Holding «schlimmer als unsere schlimmste Vorstellung», ja «schlichtweg verheerend» gewesen.
Man habe im Jahr 2017 insgesamt 125 Millionen für eine «unrealistische Geschäftsstrategie» ausgegeben und sich von einem einzigen Geschäftspartner abhängig gemacht.
Oleas spricht von einem «Scherbenhaufen», den er und seine Kollegen bei ihrem Amtsantritt angetroffen hätten.
«Dieses Szenario beschreibt nur, was wir bei unserem Amtsantritt wussten, aber nicht das, was wir später entdeckten. Was wir beim Amtsantritt wussten, war nur die Spitze des Eisbergs.»
Verkauf oder Teilverkauf?
Seit geraumer Zeit wird über einen Verkauf oder einen Teilverkauf diskutiert. Investoren hat Hochdorf für die Tochtergesellschaft Swiss Nutrition nämlich keine gefunden. Im April schrieb die Firma in einer Medienmitteilung: «Die bisherigen Gespräche haben klar gezeigt, dass derzeit keine realistische Aussicht besteht, Investoren oder Käufer für die gesamte Gruppe, einschliesslich der hoch verschuldeten Hochdorf Holding AG, zu finden.»
In einer Einladung zur Generalversammlung adressiert sich die Firma an ihre Aktionäre: «Wir sind mit weiter steigenden finanziellen Altlasten konfrontiert, die sich trotz eines wettbewerbsfähigen Geschäftsmodells kaum aus eigener Kraft abtragen lassen.»
Die grössten Milchverarbeiter
Folgendes sind die sechs grössten Milchverarbeiter der Schweiz:
1. Emmi
2. Cremo SA
3. Elsa (Migros)
4. Hochdorf
5. Züger Frischkäse
6. Nestlé Suisse
GV Hochdorf Swiss Nutrition
Am Mittwochmorgen um zehn Uhr findet beim Milchverarbeiter Hochdorf eine Generalversammlung statt. Es wird thematisiert, was mit der Gruppe geschehen soll. Denn: Sie ist hoch verschuldet.