Credit SuisseSchulden, Teuerung, Lieferprobleme – «Normalität ist noch lange nicht in Sicht»
Die US-Notenbank hat die Leitzinsen erhöht, die Europäische Zentralbank ebenfalls, und die Schweizer Nationalbank könnte bald nachziehen. Das bedeutet die Zinswende für die Schweiz.
Darum gehts
Die US-Notenbank Fed hat die Leitzinsen zum ersten Mal seit 2018 erhöht, die Europäische Zentralbank griff gar erstmals seit elf Jahren zu diesem Mittel. Damit wollen sie die hohe Teuerung bekämpfen, die dazu führt, dass Geld an Wert verliert. Die Zinswende verteuert zudem die Staatsschulden.
Droht nun eine Schuldenkrise? Und wie geht es jetzt weiter? 20 Minuten hat sich den «Monitor Schweiz» (PDF) der Credit Suisse (CS) für das erste Quartal 2022 angeschaut – die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie steht es um die Schweizer Wirtschaft?
Sie hält sich gut, im Vergleich mit den Nachbarländern wächst sie überdurchschnittlich stark. Für das laufende Jahr rechnet die CS mit einem Wachstum von rund 2,5 Prozent. Der Hauptgrund dafür sei, dass die Schweiz die Corona-Massnahmen früh fallengelassen habe und die Wirtschaft deswegen nun wieder anziehe.
Drückt die Inflation die Kaufkraft in der Schweiz?
Ja, laut CS ist der Effekt aber noch gering. Das hat mit der hohen Arbeitsplatzsicherheit zu tun: Wer in der Schweiz arbeitet, ist meist zuversichtlich, dass der eigene Job nicht in Gefahr ist und dass es in absehbarer Zeit nicht zur Kündigung kommt. Das führt dazu, dass die Schweizerinnen und Schweizer weiter viel konsumieren.
Steigen die Löhne in der Schweiz stärker als die Inflation?
In den ersten drei Monaten des Jahres war das so: Die Summe der ausbezahlten Löhne stieg laut CS um 3,9 Prozent, die Inflation aber nur um 2,1 Prozent. Das erkläre sich damit, dass immer mehr Menschen in besser bezahlte Stellen wechseln. Das heisst allerdings auch, dass viele nicht von den höheren Löhnen profitieren.
Ist dein Lohn höher als letztes Jahr?
Wird die Inflation in der Schweiz bis Ende Jahr weiter steigen?
«Wir gehen nicht davon aus, dass sich die Rohstoffe nochmals stark verteuern», sagt Claude Maurer, CS-Chefökonom für die Schweiz. Die Inflation werde bis Ende Jahr sinken, aber über zwei Prozent bleiben. Das Ziel der Schweizerischen Nationalbank ist eine Inflation zwischen null und zwei Prozent.
Darum strebt die Nationalbank eine leichte Inflation an
Die Lieferketten in der Wirtschaft sind gestört – wie lange noch?
Die Schwierigkeiten bei der Logistik, die China mit seiner Null-Covid-Politik verstärkt, werden anhalten, wie die CS prognostiziert. Die Bank hat dafür Einkaufsmanager befragt: 80 Prozent erwarten, dass sich die Situation erst 2023 oder später erholt. «Normalität ist noch lange nicht in Sicht», sagt Maurer.
Viele Staaten sind stark verschuldet – kommt das gut?
Kurzfristig hat die Schweiz laut CS nichts zu befürchten. Wichtiger als die Höhe der Schulden sei die Höhe der Zinsen in Prozent der Wirtschaftsleistung. Steigen die Zinsen, verteuern sich die Schulden. Die Zinswende könnte hoch verschuldete Staaten also in finanzielle Schieflagen bringen.
Wird es zu Staatspleiten kommen?
Die steigende Zinslast kann laut CS zum Problem werden. Italien, Frankreich, Spanien und die USA könnten schon Mitte bis Ende dieses Jahrzehnts so schlecht dastehen, dass die Märkte das Vertrauen in diese Länder verlieren.
Wie sieht es mit den Schulden der Schweiz aus?
Sie werde ihren Schuldenstand bis mindestens Ende 2025 stabilisieren können, sagt die CS. Das sei auch der Schuldenbremse zu verdanken. Sie verpflichtet den Bund dazu, Einnahmen und Ausgaben im Gleichgewicht zu halten.