Lehren nach Omikron – «Es braucht eine umfassende Aufarbeitung der Fehler»

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Lehren nach Omikron«Es braucht eine umfassende Aufarbeitung der Fehler»

Die Pandemiebewältigung des Bundesrats stand oft in der Kritik. Für künftige Krisen braucht es mehr Geld für Forschung und eine eigene Impfstoffentwicklung, fordern Experten und Forscher.

Bei den Corona-Impfstoffen war die Schweiz vom Ausland abhängig. 
Diese Abhängigkeit soll laut Experten und Expertinnen verringert werden. 
Für künftige Krisen soll sich die Schweiz als Forschungs- und Produktionsstandort positionieren. 
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Bei den Corona-Impfstoffen war die Schweiz vom Ausland abhängig. 

20min/Marco Zangger

Darum gehts

Der Bundesrat musste in den letzten zwei Jahren teils harsche Kritik einstecken. So wurde bemängelt, die Schweiz investiere zu wenig in die Forschung und Entwicklung von Impfstoffen, habe diese zu spät bestellt oder die Booster-Kampagne zu spät lanciert. Für Epidemiologen ist klar: Im Herbst wird die Virusaktivität wieder zunehmen. Und Sars-CoV-2 wird nicht die letzte Pandemie gewesen sein.

Andreas Faller, Berater im Gesundheitswesen, sagt klar: «Es braucht eine umfassende Aufarbeitung der Fehler, um für künftige Pandemien besser gerüstet zu sein.» Dafür fordert er eine von der Verwaltung unabhängige Untersuchungskommission. Er betont: «Es geht nicht darum, Verantwortliche an den Pranger zu stellen, sondern aus den gemachten Fehlern zu lernen.»

«Schweiz als Produktionsstandort positionieren»

Punkto Impfstoffe muss es der Schweiz laut Faller gelingen, sich als Entwicklungs- und Produktionsstandort zu positionieren: «Unabhängiger vom Ausland zu werden heisst nicht, dass wir den Impfstoff von A bis Z im eigenen Land herstellen müssen», stellt Faller klar. Aber: «Wir müssen unsere hervorragenden Forscherinnen und Forscher besser vernetzen und eine funktionierende Zusammenarbeit mit Politik und Industrie zu ermöglichen.» 

Faller ist überzeugt, dass so Lösungen gefunden werden könnten, etwa für flexible Produktionsanlagen: «In normalen Zeiten konnten dort andere Arzneimittel produziert werden. Kommt ein neues Virus und hat die Forschung einen Impfstoff entwickelt, müssten die Produktionsanlagen schnell umgerüstet werden können.» So hätte die Schweiz in einer künftigen Krise anderen Ländern auch etwas anzubieten, um Versorgungsengpässe soweit als möglich zu verhindern. «Das würde unsere Verhandlungsposition stärken.»

Faller räumt ein, dass dafür gewisse Vorhalteleistungen notwendig wären. «Das macht in meinen Augen aber Sinn. Man kann den Vergleich zu Armee ziehen: Für diese geben wir viel Geld aus, damit sie dann bereit ist, wenn wir sie wirklich brauchen.»

«Schweiz könnte zum mRNA-Expertenzentrum werden»

Einen Schweizer «mRNA-Hub» fordert Steve Pascolo bereits seit 2006. Der Biologe forscht schon seit zwanzig Jahren an der Technologie. «An diesem Forschungsstandort könnte die mRNA-Technologie ständig verbessert werden. Dazu muss man mit den Methoden Schritt halten können, die ständig weiterentwickelt werden.» Schon heute werde mRNA nicht mehr gleich hergestellt, wie vor zwei Jahren. «Dazu braucht es finanzielle Mittel und Platz. Und zwar nicht nur für ein oder zwei Jahre, sondern langfristig, damit wir ein Expertenzentrum aufbauen und eine führende Rolle übernehmen können.»

Pascolo würde auch eine Impfstoffproduktion im eigenen Land befürworten: «Die Schweiz ist unabhängig und hat eine starke Armee. Eine unabhängige Kapazität, um die Schweizer Bürger vor einer Pandemie zu schützen, würde passen.»

Auch Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF), fordert, dass die Schweiz in die Erforschung von Impfstoffen investiert, um für künftige Epidemien oder Pandemien besser gewappnet zu sein. Auch hält er es für sinnvoll, dass der Bund mit solchen Herstellern Verträge für solche Impfstoffe mache.

Bund lehnte eigene Impfstoffproduktion ab

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