Schweiz zeigt UNO Katastrophenschutz

Aktualisiert

Milleniumsziele 2015Schweiz zeigt UNO Katastrophenschutz

Kommt es im Wallis zu einer Naturkatastrophe, drohen Schäden in Milliardenhöhe. Internationale Risiko-Spezialisten wollten von der Schweiz wissen, wie sie den Super-GAU verhindert will.

von
S. Heusser

Bei leichtem Schneefall standen sie am Freitag in der Felswüste des St. Gotthardpasses: Über 250 Risiko-Spezialisten aus Ländern wie Tahiti, den Philippinen oder Bangladesh. Sie liessen sich dort von lokalen Experten sowie Vertretern der eidgenössischen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) Massnahmen zur Katastrophenvorsorge auf dem Grossen St. Berhard (VS) erklären. Andere Gruppen besuchten zur selben Zeit das Rhônetal, um sich über Sicherheitsvorkehrungen gegen Überschwemmungen und Erdbeben unterrichten zu lassen.

Der Einblick in die schweizerische Katastophenvorsorge bildete den Abschluss einer einwöchigen UNO-Konferenz in Genf über Katastrophenvorsorge. Gegen 4000 Teilnehmer aus 180 Staaten besuchten die Veranstaltung. Für die Weiterentwicklung der Milleniumsziele 2015 soll die Reduktion von Naturkatastrophen in Zusammenhang mit der Klimaerwärmung als neues Unterziel integriert werden. In fragilen Staaten haben Naturkatastrophen ernsthafte Auswirkungen auf die Entwicklungsanstrengungen.

Der Grosse St. Bernhard ist das Bindeglied zwischen Nord- und Südeuropa

Die Passstrasse auf dem Grossen St. Bernhard weckte als wichtige Transitroute das stärkste Interesse. Sie wurde in der Vergangenheit regelmässig von Überflutungen, Hang- und Felsrutschen sowie Lawinen betroffen. Für den Strassenverkehr, die alpinen Siedlungen und eine im Unterbau des Grossen-Sankt-Bernhard-Tunnels verlaufende Ölpipeline ist ein umfassendes Katastrophen-Risikomanagement unerlässlich.

Schweizer Vertreter der Bundesämter für Umwelt, Strassen und Bevölkerungsschutz, sowie von MeteoSwiss erklärten den Konferenzteilnehmern anhand von Besuchen betroffener Standorte, das «integrierte Risikomanagement (IRM)» der Schweiz. Es baut auf Prävention, rasche Massnahmen im Falle einer Katastrophe, sowie Analyse und Dokumentation im Anschluss an einen Katastropheneinsatz.

Frühwarnsysteme können massive Schäden reduzieren

Laut DEZA können vor allem Frühwarnsysteme viel zum Katastrophen-Management beitragen und Schäden um ein Fünftel reduzieren. Weil der Kanton Wallis die Region mit dem höchsten Erdbebenrisiko in der Schweiz ist, kommen auch Systeme zur Erdbebenüberwachung zum Einsatz.

In der Vergangenheit traten in der Schweiz alle 60-100 Jahre Erdbeben der Stärke 6 auf. Nach einer Studie des Bundesamtes für Umwelt würde ein Erdbeben in diesem Ausmass heute Schäden von zwei bis fünf Milliarden Franken verursachen, dutzende Opfer, sowie tausende von zerstörten oder schwer beschädigten Gebäuden zur Folge haben. Gemäss der Statistik ist es wahrscheinlich, dass so ein Erdbeben innerhalb der nächsten Jahrzehnte auftritt. Dagegen installierte der Schweizerische Erdbebendienst (SED) an der ETH Zürich ein dichtes Netzwerk mit 133 seismischen Mess-Stationen in der ganzen Schweiz.

Neben Erdbebenwarnungen von der ETH erhalten die Walliser Behörden auch Wetterwarnungen von SwissMeteo. Hierbei werden Radar- und Satellitenbilder eingesetzt. Um die Wetterverhältnisse bodennah zu ermitteln, kommen schweizweit 115 automatisierte Oberflächen-Messstationen zum Zug. Ergänzt werden Bilder und Stationswerte um Daten von Wetterballonen und Spezialinstrumenten, die besonders gut Gewitter, Nebel und Schneefall voraussagen können. Lawinenschutzbauten und Verkehrskontrollen werden ebenfalls angewendet. Im Falle eines Alarms kämen Evakuierungspläne zum Einsatz, erklärte das DEZA.

Die UNO-Teilnehmer sind beeindruckt

Von der Katastrophenvorsorge in der Schweiz, die neben Prävention Aktionspläne zur raschen Bereitstellung von Interventionskräften und –mitteln, sowie Massnahmen zum Wiederaufbau enthält, zeigten sich viele der Exkursionsteilnehmer beeindruckt. «Das ist genau das, was wir brauchen, um bei uns die Gebäude gegen Erdbeben zu verstärken», meinte eine Mitarbeiterin einer Regierungsorganisation aus Honduras, welche die Nachverstärkungen an Gebäuden an der Erdbeben-Exkursion begutachten konnte.

Laut Susanna Graf vom DEZA hätten die Teilnehmer «grosses Interesse gezeigt und viele Fragen gestellt.» Viele der japanischen und indischen Teilnehmer in ihrer Gruppe hätten konkret nach den technischen Berechnungen der Schweizer Ingenieure gefragt. Die Exkursionen gingen am Freitagabend bei Sonnenschein in den Walliser Alpen zu Ende. Das nächste Mal treffen sich die Mitglieder der Global Platform on Disaster and Risk Reduction 2014 in Japan, um die Ziele der Katastrophenvorsorge zu formulieren, die 2015 den Staatspräsidenten zur Unterschrift vorgelegt werden sollen.

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