KonvertitinSchweizer Niqab-Trägerin kämpft gegen Verhüllungsverbot
Der Islamische Zentralrat will das Verhüllungsverbot bodigen. Dazu setzt er unter anderem auf eine junge Konvertitin im Niqab.
Darum gehts
Am 7. März kommt das Verhüllungsverbot an die Urne.
Der ultrakonservative Islamische Zentralrat sammelt Geld – und setzt im Abstimmungskampf auf eine Konvertitin im Niqab.
Sie sagt: «Ich fühle mich besser, sicherer und wohler, wenn ich entscheiden darf, was ich wem zeige.»
Das sehen die Initianten anders.
Valentina Weiss aus Zug alias Umm Rufayda kämpft gegen das Verhüllungsverbot, das am 7. März zur Abstimmung kommt (siehe Box). Sie ist zum Islam konvertiert, mit einem Ägypter verheiratet und posiert auf Instagram demonstrativ mit hipper Brille, Converse-Schuhen – und einem Niqab.
Auf der Social-Media-Plattform will sie mit den gängigen Vorurteilen gegenüber der Verschleierung aufräumen – mit reichlich Unterstützung des ultrakonservativen Islamischen Zentralrats (IZRS). Dieser hatte die Frau jüngst in verschiedenen Videos porträtiert und als Beispiel einer freiwillig verschleierten Frau in Szene gesetzt.
«Fühle mich freier mit Niqab als ohne»
Nach einem dieser Auftritte, an dem sie massiv angefeindet worden war, schrieb sie auf Instagram an die «Islam- und Muslimhasser», diese unterstellten, dass sie unterdrückt werde oder Gehirnwäsche durchlaufen habe. Sie stelle sich die Frage, warum diese Kritiker sie als unterdrückte Frau ansehen würden, obschon sie selbst entschieden habe.
«Warum werden denn nicht all die Mädchen und Frauen als unterdrückt angesehen, die denken, sie müssen eine 90-60-90-Modelfigur haben?», fragt sie. Sie fühle sich freier mit dem Niqab als ohne. «Ich fühle mich besser, sicherer und wohler, wenn ich entscheiden darf, was ich wem zeige.» An die Adresse der SVP schreibt sie: «Wir gehören auch zu der Schweiz , so wie jede andere Schwester mit Kopftuch und auch jede andere Frau ohne Niqab oder Hijab.»
Familie reagierte skeptisch
In einem weiteren Video des IZRS erklärte sie, warum sie zum Islam konvertierte, jedoch nur sehr knapp: «Ich fand den Zusammenhalt bei den Muslimen immer sehr schön.» Ihre Familie habe dann auf ihre Entscheidung skeptisch reagiert. Auf die Frage, ob ihre Familie auch noch konvertieren werde, sagte sie: «Ich glaube nicht, aber ich hoffe, das kommt noch, Inshallah.»
Als Konvertitin werde man von geborenen Muslimen oft belächelt, erzählt sie. «Ach ja, du Konvertitin», heisse es dann. Auf die Frage, ob Sie ihrer Kultur vor der Konversion zum Islam treu geblieben sei, fragt sie: «Welche Kultur gibt es in der Schweiz?» Es sei ihr keine Tradition bewusst, die sie beibehalten hätte. Weil die meisten sprächen doch gegen den Islam.
Auf ihrem Instagram-Profil ruft sie auch dazu auf, für das Pro-Niqab-Komitee des IZRS zu spenden. Derzeit sind 6000 Franken zusammengekommen. Der IZRS will damit eine Videobotschaft mit seiner Position auf Social Media bewerben. Umm Rufayda sieht die verstorbene Nora Illi, die Frau von IZRS-Vorstandsmitglied Qaasim Illi, als Vorbild: «Sie war und ist eine Inspiration für mich.»
«Burka und Niqab sind keine normalen Kleidungsstücke»
Auch die Initianten rund um das Egerkinger Komitee haben mittlerweile ihren Abstimmungskampf gestartet. Auf einer aufwendig gestalteten Webseite legen sie ihre Argumente dar. In einer eigens produzierten «Abstimmungszeitung», die das Komitee bald an möglichst viele Haushalte verschicken will, heisst es: «Burka und Niqab sind keine normalen Kleidungsstücke. Sie sprechen es Frauen ab, in unserer Gesellschaft gleichberechtigt zu leben.»
Für das Komitee hat die Verhüllung nicht nur keine Grundlage im Islam, sie könne auch eine terroristische Absicht verdecken. Zudem zeige der Kanton Tessin, der bereits ein Verhüllungsverbot kennt, dass sich dort das Verbot problemlos habe umsetzen lassen.
Die Initiative
Am Dienstag legte der Bundesrat seine Haltung zur Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» dar. Die Regierung sowie das Parlament sind der Meinung, dass die Initiative unnötig sei. «In der Schweiz haben wir kein Problem mit Gesichtsverhüllung. Nur etwa 20 bis 30 Frauen in der Schweiz tragen einen Niqab. Burkas sind dagegen fast gar nicht zu sehen», sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter (FDP). Das Verbot würde den Tourismus treffen. Zudem hätten die Kantone bereits heute den Handlungsspielraum, um einzugreifen.
Die Initiative des Egerkinger Komitees fordert, dass niemand im öffentlichen Raum und an öffentlich zugänglichen Orten sein Gesicht verhüllen darf. Ausgenommen sind Sakralstätten. Zudem darf niemand eine Person zwingen, ihr Gesicht aufgrund ihres Geschlechts zu verhüllen. Ausnahmen sieht der Text vor, wenn die Verhüllung mit der Gesundheit, der Sicherheit, der klimatischen Bedingungen oder des einheimischen Brauchtums begründet wird.