Schweizer studieren Medizin in Rumänien

Aktualisiert

Steigende ZahlenSchweizer studieren Medizin in Rumänien

Wer in der Schweiz beim Numerus clausus versagt, darf nicht Arzt werden. Viele Studenten versuchen es deshalb in Osteuropa.

von
Nikolai Thelitz
Die Universität Iuliu Hatieganu in der rumänischen Stadt Cluj-Napoca verzeichnet einen starken Anstieg der Anzahl der Studenten aus der Schweiz. 49 Schweizer studieren dort zurzeit, letztes Jahr waren es erst 33.
Cluj zählt rund 300'000 Einwohner. Wer hier Medizin studiert, muss keinen Numerus-clausus-Test bestehen, sondern nur ein Bewerbungsverfahren durchlaufen.
Erika Ziltener von der Zürcher Patientenstelle ist besorgt: «Es gibt bestimmt Universitäten, an denen die Qualitätsstandards gleich hoch sind wie in der Schweiz. Aber das ist sicher nicht überall der Fall.»
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Die Universität Iuliu Hatieganu in der rumänischen Stadt Cluj-Napoca verzeichnet einen starken Anstieg der Anzahl der Studenten aus der Schweiz. 49 Schweizer studieren dort zurzeit, letztes Jahr waren es erst 33.

Universität Iuliu Hatieganu

Wer in der Schweiz Arzt werden will, hat es nicht leicht. Auf die 2224 Studienplätze in Medizin haben sich letztes Herbstsemester 6407 Studenten angemeldet. Ob man einen Studienplatz erhält, wird an den meisten Universitäten durch einen Numerus-clausus-Test bestimmt. Nur wer an der Prüfung zu den Besten gehört, darf das Studium überhaupt aufnehmen. In Genf, Lausanne und Neuenburg findet die Selektion im ersten Jahr statt. Gleichzeitig ächzt die Schweiz unter einem Ärztemangel. «Ein Drittel der in der Schweiz praktizierenden Ärzte hat einen ausländischen Abschluss, Tendenz steigend», heisst es bei der Ärzteorganisation FMH.

Mit dieser Situation konfrontiert, bewerben sich viele Studenten auch an Universitäten im Ausland, wo sie eine weitere Chance erhalten, ihren Traumberuf zu erlernen. Ein beliebtes Ziel ist dabei Osteuropa. Die Universität Iuliu Hatieganu in der Stadt Cluj-Napoca in Rumänien verzeichnet beispielsweise einen starken Anstieg der Zahl der Studenten aus der Schweiz. «Im aktuellen Studienjahr besuchen 49 Schweizer unsere Universität, 46 in der Human- und 3 in der Zahnmedizin. Letztes Jahr waren es erst 33», sagt Universitätssprecherin Simona Iclozan zu 20 Minuten.

«Man wird hier leichter aufgenommen»

Auch das Veterinärstudium in Cluj, das an einer anderen Universität stattfindet, zieht junge Schweizer an, etwa die Westschweizerin Mathilde Gerdil. «Das Studium selbst ist nicht einfacher, aber man wird leichter an der Uni aufgenommen», sagt sie im Westschweizer Fernsehen RTS. Sie fühle sich an der rumänischen Universität gut aufgehoben, «wie in einer kleinen Familie». Das Verfahren in der Schweiz sei hart und man könne leicht scheitern. «Viele junge Leute träumen davon, Arzt zu werden, und hier kann dieser Traum wahr werden.»

Erika Ziltener von der Zürcher Patientenstelle ist besorgt: «Es gibt bestimmt Universitäten, an denen die Qualitätsstandards gleich gut sind wie in der Schweiz. Aber das ist sicherlich nicht überall der Fall.» Würden immer mehr junge Schweizer im Ausland studieren, könnte die Sicherheit der Patienten in Gefahr sein. Deshalb müsse vor allem auch bei ausländischen Diplomen genau hingeschaut werden. «Es braucht eine genaue Prüfung der Ausbildung, bevor ein Arzt mit einem ausländischen Abschluss in der Schweiz zugelassen wird. Auch Spitäler müssen Bewerber genau prüfen.»

Die Universität Iuliu Hatieganu betont, das Medizinstudium in Cluj sei international anerkannt. «Rumänien ist EU-Mitglied, unsere Diplome sind international akzeptiert, auch in der Schweiz», sagt Sprecherin Iclozan. Die Ausbildung sei nach westeuropäischen Vorbild aufgebaut, man habe mehr als hundert Jahre Erfahrung und versuche ständig, sich weiter zu verbessern.

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