Schweizer Studios zittern wegen Farbtattoo-Verbot

Aktualisiert

Pläne der EUSchweizer Studios zittern wegen Farbtattoo-Verbot

Eine Agentur der EU will Pigmente verbieten, die für Farbtattoos benötigt werden. Zieht die Schweiz nach, sehen Tätowierer ihr Gewerbe in Gefahr.

von
dgr
Was auf der Haut schädlich ist, kann auch in der Haut nicht unbedenklich sein. So argumentieren die Experten der Europäischen Chemikalienagentur, die rund 4000 Stoffe verbieten lassen wollen, darunter die wichtigen Tattoo-Pigmente Green 7 und Blue 15.
Die Antragsteller argumentieren, dass einige der Stoffe für die Verwendung auf der Haut oder in den Haaren bereits beschränkt oder verboten seien.
Um ein Verbot der zwei Pigmente Blue 15 und Green 7 zu verhindern, hat Tätowierer Jörn Elsenbruch eine Petition gestartet. Er befürchtet, dass Tätowierer auch bei einem Verbot nicht auf die Pigmente verzichten würden. Vielmehr würden sie sie kurzerhand aus dem Ausland importieren, was noch problematischer sein könnte, da Zusammensetzung und Herkunft der farbgebenden Substanzen dann oft nicht klar sei.
1 / 11

Was auf der Haut schädlich ist, kann auch in der Haut nicht unbedenklich sein. So argumentieren die Experten der Europäischen Chemikalienagentur, die rund 4000 Stoffe verbieten lassen wollen, darunter die wichtigen Tattoo-Pigmente Green 7 und Blue 15.

iStock/Peopleimages

Die Schweizer Tätowierer sind in Aufruhr. Grund ist, dass die Europäische Chemikalienagentur (Echa) rund 4000 Inhaltsstoffe verbieten will, die in Permanent Make-up und Tattootinte vorkommen. Alle stehen unter Verdacht, krebserregend, erbgutverändernd, hautreizend oder augenschädigend zu sein. Darunter auch das Pigment Blue 15, das als Grundstoff vieler Tattoofarben dient. Nach einer Übergangsfrist von zwei Jahren, in welcher nach unproblematischen Alternativen geforscht werden soll, würde das Pigment EU-weit verboten.

Luc Grossenbacher, Präsident des Verbands der Schweizer Berufstätowierer, sieht die Zukunft seiner Zunft in Gefahr: «Wird Blue 15 auch in der Schweiz verboten, können wir künftig sozusagen keine farbigen Tattoos mehr stechen, weil das Farbspektrum dadurch extrem eingeschränkt würde. Alternativen zu dieser Farbe gibt es bislang keine.» Das hätte Folgen für die Studios: «Obwohl Black-&-Grey-Tattoos derzeit im Trend sind, werden nach wie vor rund die Hälfte aller Tattoos in Farbe gestochen. Fällt diese Einnahmequelle weg, bedroht das die Existenz diverser Tattookünstler.»

«Wären alle längst tot»

Dass das Pigment, welches die EU-Kommission verbieten will, gesundheitsschädigend sein soll, glaubt Grossenbacher nicht: «Viele ältere Tätowierer wie ich tragen seit 40 Jahren Farbstoffe unter der Haut, die mittlerweile verboten sind. Wären sie gesundheitsschädigend, wären wir alle längst tot.» Der Verbandspräsident und Inhaber des Studios Lacky's Tattoo Shop in Grenchen ist überzeugt: «Tattoos haben nur dann eine gesundheitsschädigende Wirkung, wenn unsauber gearbeitet wird oder wenn Leute sich die Tattoos wieder weglasern lassen.»

Denn dabei würden die Farbpigmente zerstört und in kleinere Nanopartikel gespalten, die dann über das Lymphsystem im Körper abgebaut werden. «Erst beim Lasern entstehen krebserregende Stoffe. Wer seine Tattoos bei einem seriösen Anbieter stechen lässt und sie danach auch behält, setzt sich keiner Gefahr aus», sagt Grossenbacher.

Er und seine Verbandsmitglieder unterstützen deshalb die Petition der Deutschen Organisierten Tätowierer (DOT), der sich gegen das Verbot der EU wehrt. Der DOT ist der älteste Berufsverband deutscher Tätowierer. Seit dem 15. Januar hat der Verband für eine Onlinepetition bereits mehr als 127'000 Unterschriften gesammelt. Sollte ein Verbot auch in der Schweiz kommen, kündigt Verbandspräsident Grossenbacher Widerstand an.

«Hersteller sollen haften»

Eine andere Gesetzesänderung sei aber durchaus im Sinne der professionellen Tätowierer: «Wir fordern seit Jahren, dass die Hersteller von Tattoofarben strenger kontrolliert und für die Inhaltsstoffe ihrer Farben haftbar gemacht werden», sagt Grossenbacher, der seit 1980 tätowiert.

Ebenfalls unglücklich über die aktuelle Situation ist Marco Frömcke, der seit 2013 in Liestal den Onlineshop Tattoo Needs betreibt. Er vertreibt alles rund um das Tätowieren – darunter auch Tattoofarben von diversen Anbietern. Seit er seinen Shop eröffnet habe, sei die Nachfrage nach Tattoobedarf regelrecht explodiert.

«Verbote sind der falsche Weg»

Über die geplanten Verbote in der EU macht Frömcke sich noch nicht allzu viele Sorgen: «Erst muss die EU dem Vorschlag der Kommission folgen, dann werden wir sehen, ob die Schweiz mitzieht.» Verbote sind für Frömcke grundsätzlich nicht der richtige Weg: «Wichtiger wäre, dass die Hersteller besser kontrolliert werden und die Tätowierer ihren Job seriös machen.»

In der Schweiz ist das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) zuständig. Eine Sprecherin sagt auf Anfrage: «Zuerst muss die EU entscheiden, ob das Verbot verabschiedet wird. Eine Übernahme des Verbots für die Schweiz werden wir prüfen, sobald dieser Entscheid gefällt wurde.» Laut Mitteilung der Chemikalienagentur soll das Verbot noch im Februar mit den EU-Mitgliedsstaaten diskutiert werden.

Deine Meinung zählt