Schweizer wechseln Jobs für Work-Life-Balance

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Arbeit und FreizeitSchweizer wechseln Jobs für Work-Life-Balance

Laut einer Umfrage ist Flexibilität am Arbeitsplatz das Mass aller Dinge. Das liegt nicht nur am boomenden Arbeitsmarkt.

Dominic Benz
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Dominic Benz
In der Schweiz sucht jeder Fünfte nur deshalb einen neuen Job, weil er die eigene Work-Life-Balance verbessern will.
Das ist das Resultat einer Befragung des Personalberaters Page Group bei 650 Stellensuchenden.
Viele wollen den Beruf ideal mit dem Privatleben verknüpfen. Für den Personalexperten Matthias Mölleney sind unter anderem die veränderten gesellschaftlichen Rollenmodelle dafür verantwortlich. «Heute wollen zunehmend beide Elternteile arbeiten. Das ist aber fast nur möglich, wenn sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer flexibel sind.»
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In der Schweiz sucht jeder Fünfte nur deshalb einen neuen Job, weil er die eigene Work-Life-Balance verbessern will.

Portra/iStock

Die perfekte Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben spielt für Schweizer Arbeitnehmer eine grosse Rolle. So sucht jeder Fünfte nur deshalb einen neuen Job, um die eigene Work-Life-Balance zu verbessern. Das ist das Resultat einer Befragung des Personalberaters Page Group bei 650 Stellensuchenden.

Zudem würden knapp zwei Drittel der Befragten die jetzige Work-Life-Balance nicht für einen neuen Job aufgeben. Laut dem Unternehmen ist es das erste Mal seit Beginn der Befragung 2014, dass die Mehrheit der Befragten ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Beruf und Freizeit so hoch gewichtet.

«Es geht um Zeitautonomie»

Doch warum wird die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben immer wichtiger? Personalexperte Matthias Mölleney sieht den Grund nicht darin, dass die Leute weniger arbeiten wollen. «Es geht um Zeitautonomie. Arbeitnehmer wollen selber entscheiden, wann und wie sie arbeiten.» Fixe und starre Arbeitszeiten seien bei Arbeitnehmern nicht mehr gefragt. Daher gelte: Je flexibler die Zeitgestaltung, desto attraktiver die Stelle.

Laut Mölleney ist das Bedürfnis nach der idealen Work-Life-Balance kein neues Phänomen: «Das gibt es schon seit Jahrzehnten.» Doch viele Arbeitgeber hätten es zunehmend schwieriger, Stellen ideal zu besetzen. Bewerber könnten daher immer mehr fordern und den Wunsch nach mehr Flexibilität häufiger einbringen. «In den letzten vier Jahren hat sich der Trend zugespitzt», sagt Mölleney.

Boomender Arbeitsmarkt

Für den Experten sind allerdings auch die veränderten gesellschaftlichen Rollenmodelle dafür verantwortlich. «Heute wollen zunehmend beide Elternteile arbeiten. Das ist aber fast nur möglich, wenn sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer flexibel sind.»

Dass die Ansprüche an eine ideale Work-Life-Balance so dominieren und andere Themen wie Arbeitslosigkeit in den Hintergrund drängen, könnte am boomenden Arbeitsmarkt liegen. Im Juni lag die Arbeitslosenquote mit 2,4 Prozent auf einem Zehnjahrestief. Zudem legten die offenen Stellen seit Anfang Jahr um mehr als ein Drittel zu.

Gefühl von Sicherheit

Die positive Entwicklung widerspiegelt sich auch in der Umfrage von Page Group. Knapp zwei Drittel der befragten Jobsuchenden sind zuversichtlich, eine neue Stelle zu finden oder ihre berufliche Situation in den nächsten 12 Monaten zu verbessern. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Umfrage im Jahr 2014. «Vor allem Fachkräfte müssen sich keine Sorgen machen, keine Stelle zu finden», sagt Mölleney. Das gebe ein Gefühl der Sicherheit: Man könne über einen Wechsel nachdenken, ohne gleich alles aufs Spiel zu setzen.

Für den Arbeitspsychologen Felix Frei hat der hohe Stellenwert der Work-Life-Balance damit zu tun, dass die Arbeit oft nicht so erfüllend ist. «Heute hat man oft nicht mehr einen Beruf im Sinne von Berufung, sondern bloss noch einen Job», sagt Frei zu 20 Minuten. Dieser sei häufig austauschbar und wenig identitätsstiftend. Andere Kriterien wie Lohn oder eben die Flexibilität am Arbeitsplatz erhielten dann mehr Gewicht. «Jemand, der in seiner Arbeit aufgeht, denkt weniger über die Work-Life-Balance nach», so Frei.

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