PrognoseDer Schweizer Wirtschaft geht es 2022 wieder so wie vor der Krise
Die Lage für die Schweizer Wirtschaft entspannt sich ein bisschen, im Detailhandel ist die Geschäftslage wieder wie zum Jahreswechsel. Aber eine zweite Welle könnte das alles kaputtmachen und das BIP 6 Prozent ins Minus stürzen.
Darum gehts
Erstmals seit April ist die Geschäftslage für Schweizer Firmen wieder deutlich besser geworden.
2021 soll die Wirtschaftsleistung der Schweiz wieder um 4,1 Prozent wachsen.
Die Arbeitslosenzahlen fielen seit Mai besser aus als erwartet.
Eine zweite Welle würde die bisherige Erholung jedoch wieder zunichtemachen.
Noch ist die Schweiz nicht aus der Krise raus – in den meisten Branchen hat sich die Geschäftslage aber wieder etwas verbessert. Das zeigt die neuste Konjunkturumfrage der ETH-Konjunkturforschungsstelle (KOF): Erstmals seit April ist der Geschäftslageindikator im Juli wieder deutlich gestiegen.
Der Detailhandel ist gar bereits wieder auf dem Niveau zum Jahreswechsel. «Es ist die erste Branche bisher, die sich wieder erholen konnte», sagt Klaus Abberger von der KOF. Steil nach oben geht es bei den Versandhändlern, aber auch die Warenhäuser gehören momentan zu den Gewinnern.
Keine Erholung fürs Gastgewerbe
Für die anderen Branchen habe es hingegen noch nicht so einen «regelrechten Rückpraller» wie beim Detailhandel gegeben – besonders hart trifft es weiterhin das Gastgewerbe, wo immer noch gar keine Besserung verzeichnet werden konnte. Immerhin wird auch bei Beherbung und Gastronomie mit steigender Nachfrage gerechnet.
Welche Branchen sich bereits wieder etwas erholen konnten und welche immer noch stark unter der Krise leiden, siehst du in der Bildstrecke oben.
Grundsätzlich komme die Schweizer Wirtschaft relativ gut durch die Krise und die Firmen gehen davon aus, dass das Schlimmste überstanden sein dürfte. «Wir haben Boden gefasst und es geht wieder nach oben», sagt Abberger. Für das laufende Jahr wird mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von 4,9 Prozent gerechnet – bereits 2021 soll das Bruttoinlandprodukt (BIP) aber wieder um 4,1 Prozent wachsen. Im Laufe des Jahres 2022 könnte laut KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm das Vorkrisenniveau wieder erreicht werden.
KOF-Umfrage
4500 Firmen beurteilen die Lage
Die Konjunkturforschungsstelle der ETH (KOF) veröffentlicht monatlich den Geschäftslageindikator. Für die Konjunkturumfragen berücksichtigt die KOF Antworten von mehr als 4500 privatwirtschaftlichen Unternehmen aus der Industrie, dem Baugewerbe und den wichtigsten Dienstleistungsbereichen. Die Firmen werden unter anderem gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen. Die Rücklaufquote beträgt etwa 58 Prozent.
Dieses Szenario geht davon aus, dass es in den Wintermonaten zu einem weiteren Anstieg der Neuinfektionen kommt, der sich aber leicht wieder eindämmen lässt. Im Juni waren die Aussichten für dieses Szenario noch leicht schlechter als jetzt.
Weniger Arbeitslose als erwartet
Auch auf dem Arbeitsmarkt gibt es gute Neuigkeiten: Erste Zahlen zu den abgerechneten Kurzarbeitsstunden sind tiefer ausgefallen, als es die Voranmeldungen vermuten liessen. Zudem fielen die Arbeitslosenzahlen seit Mai besser aus als prognostiziert. Für 2020 rechnet die KOF mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 3,3 Prozent – 4,1 Prozent für 2021. Die international vergleichbare Arbeitslosenquote dürfte für dieses Jahr 5 und fürs Folgejahr 5,7 Prozent erreichen.
Dieser positive Ausblick gilt aber nur, wenn die Neuinfektionen bewältigbar bleiben und es keine zweite Welle gibt, bei der jeder Angesteckte im Schnitt rund zwei weitere Personen ansteckt. In so einem Fall wären erneute Nachfrageeinbrüche, Lockdowns und Stilllegungen einzelner Geschäftszweige zu erwarten. Leider sei die Wahrscheinlichkeit einer zweiten Welle grösser geworden, sagt KOF-Direktor Sturm: «Wenn man die globale Situation anschaut, kann man wirklich nicht sagen, dass wir die Pandemie im Griff haben.»
Zwar geht die KOF davon aus, dass uns die bisherigen Erfahrungen im Umgang mit dem Coronavirus in einer zweiten Welle helfen würden, sodass die Einschränkungen weniger einschneidend sein würden. Weil die Ansteckungsgefahr im Winterhalbjahr grösser sei, würden sie dafür aber länger andauern.
In diesem Szenario sagt die KOF einen BIP-Einbruch von 6 Prozent voraus. Die Arbeitslosenquote würde mit 3,7 Prozent 0,5 Prozentpunkte höher sein als bisher prognostiziert. Trotzdem wäre auch in diesem Fall für 2021 mit einem leichten Wirtschaftswachstum um 2,9 Prozent zu rechnen.