Sport, essen, rauchen - Schweizerinnen und Schweizer assen im Lockdown mehr, dafür gesünder

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Sport, essen, rauchenSchweizerinnen und Schweizer assen im Lockdown mehr, dafür gesünder

Wie hat Corona unser Leben verändert? Eine neue Studie gibt Aufschluss über unser Verhalten und zeigt, wie stark die Pandemie unseren Alltag beeinflusst hat.

Gesunde Ernährung war den Schweizerinnen und Schweizern im Lockdown wichtig. Das zeigt ein neues Papier des Gottlieb Duttweiler Instituts im Auftrag von Curaden.
Weil Restaurants und Kantinen geschlossen hatten, sei mehr zu Hause gekocht und gegessen worden.
18 Prozent der Befragten gaben an, sich seit der Pandemie gesünder zu ernähren, zwölf Prozent ernähren sich schlechter.
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Gesunde Ernährung war den Schweizerinnen und Schweizern im Lockdown wichtig. Das zeigt ein neues Papier des Gottlieb Duttweiler Instituts im Auftrag von Curaden.

20min/Michael Scherrer

Darum gehts

  • Eine neue Studie vom Gottlieb Duttweiler Institut zeigt, wie sich das Verhalten der Schweizerinnen und Schweizer während Corona verändert hat.

  • Die Studie vergleicht länderübergreifend drei Bereiche: Ernährung, Sport und Rauchen.

  • Zudem werden Faktoren identifiziert, die beeinflussen, ob sich das eigene Verhalten eher zum Positiven oder zum Negativen verändert.

Eine neue Studie im Auftrag der Firma Curaden und durchgeführt vom Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) gibt Aufschluss darüber, wie sich der Alltag und die Gewohnheiten der Schweizerinnen und Schweizer während der Pandemie verändert hat.

«Pandemien waren historisch betrachtet immer Treiber für neue Verhaltensnormen», heisst es in der Studie, die verschiedene Untersuchungen zur Verhaltensänderung vergleicht und zusammenfasst. Die Studie identifiziert dafür drei Bereiche der Gesundheitsförderung, bei denen man durch Verhaltensänderungen einen grossen Fortschritt erreicht, erklärt Jakub Samochowiec, Co-Autor der Studie (siehe Box).

Essen

Die Covid-19-Pandemie hat die Ernährungsgewohnheiten vieler Menschen verändert. Weil Restaurants und Kantinen geschlossen hatten, sei mehr zu Hause gekocht und gegessen worden, heisst es in der Studie. Zudem hätten die Menschen im Lockdown mehr Zeit, neue Rezepte auszuprobieren. Samochowiec und sein Team haben mittels verschiedener Daten verglichen, wie sich das Essverhalten in verschiedenen Länder verändert hat. In der Schweiz assen rund ein Viertel der Befragten mehr als vor der Pandemie, in Italien sogar mehr als die Hälfte aller Befragten. Doch gesunde Ernährung war den Schweizerinnen und Schweizern wichtig. 18 Prozent der Befragten gaben an, sich seit der Pandemie gesünder zu ernähren, zwölf Prozent ernähren sich schlechter.

Sport

Es verwundere nicht, dass sich Menschen weniger bewegten, wenn ihnen geraten werde, zu Hause zu bleiben, heisst es in der GDI-Studie weiter. Deshalb finden Samochowiec und sein Team auch in den meisten Studien das Ergebnis, dass sich die körperliche Aktivität während der Pandemie verändert hat. In der Schweiz zeigt sich: Herr und Frau Schweizer wurden wegen Covid zum Sportmuffel. So gaben rund die Hälfte aller Befragten einem Monat nach Lockdownbeginn an, weniger Sport zu treiben. Zwei Monate nach dem «Lockdown» waren es nur noch rund ein Drittel. Immerhin: 21 Prozent der Befragten gaben an, mehr Sport zu machen, zwei Monate nach dem Lockdown waren es bereits 29 Prozent.

Rauchen

In den meisten Ländern rauchen zwischen zehn und 25 Prozent der Menschen. Viele Raucherinnen und Raucher hätten ihre Rauchgewohnheiten geändert, so die Studie. Das sei insofern nachvollziehbar, als das Rauchen sehr stark in den Alltag eingebettet sei. Die Richtung sei allerdings unklar: Einige Menschen hätten während der Pandemie mehr geraucht, andere wiederum weniger. Daten für die Schweiz sind hier nicht verfügbar, ein Blick in die Nachbarländer zeigt aber: Von den Personen, die bereits rauchten, haben viele während der Pandemie vor allem noch mehr geraucht. In Belgien etwa 45 Prozent aller befragten Raucherinnen und Raucher, 15 Prozent rauchten weniger. Und auch eine Studie aus England zeigt: 2020 haben so viele Menschen mit dem Rauchen aufgehört, wie noch nie beobachtet seit Messbeginn 2007. Gleichzeitig findet die Erhebung im Jahr 2020 den höchsten Anstieg der Rauchenden unter den 18- bis 24-Jährigen seit 2007.

Die Studie kommt zu Schluss, dass vor allem die psychische Gesundheit, die soziale Einbettung, Bildung, Einkommen, Alter und Geschlecht einen Einfluss darauf haben, ob Menschen ihr Verhalten in eine positive oder negative Richtung verändert haben. Zwar sei sowohl eine Veränderung in eine günstige wie auch eine ungünstige Richtung möglich, sich in eine negative Richtung zu verändern, sei aber tendenziell einfacher. Zahlreiche Studien belegten zudem, dass der Verlust einer täglichen Struktur mit mehr Alkohol- und Tabakkonsum, ungesünderer Ernährung, unregelmässigerem Schlaf sowie weniger Mundhygiene einhergeht.

Das sagt der Experte

Jakub Samochowiec

Jakub Samochowiec

GDI Gottlieb Duttweiler Institute, Fotografin: Sandra Blaser

Herr Samochowiec, hat uns die Pandemie ungesund gemacht?

Tendenziell kann man über alle Studien hinweg beobachten, dass ein ungesundes Verhalten eher zugenommen hat. Das macht Sinn, denn gerade das Sportangebot war teilweise sehr limitiert. Bemerkenswert ist aber, dass viele Leute das genutzt haben, um einen positiven Wandel durchzusetzen und trotzdem sportlicher und gesünder zu werden. In erster Linie hat die Pandemie vor allem Gewohnheiten und Alltagsroutinen aufgelöst und damit eine Formbarkeit der Gewohnheiten und des Lebensstil erzeugt, die sowohl positiv wie auch negativ sein kann.

Die Pandemie belastet die Menschen aber auch psychisch. Wer ist besonders gefährdet?

Gefährdet sind besonders Junge und Frauen, Menschen die alleine wohnen, keinen hohen Bildungsabschluss haben und arm sind. Das sind Einzelfaktoren, die einen starken Einfluss darauf haben, wie belastend die Pandemie auf einen wirkt.

Viele Menschen sind unzufrieden mit dem eigenen Lebensstil und wollen etwas ändern. Was raten Sie, um das eigene Leben langfristig und positiv zu ändern?

Es gibt gewisse ökonomische und psychische Faktoren, die schwerer zu beeinflussen sind und über die man nur teilweise Kontrolle hat. Was ich aber raten kann: Machen Sie klare Pläne, wie Sie sich ändern wollen und besprechen Sie diese mit anderen Leuten. So entsteht ein soziales «commitment». Wir sind wegen Corona so formbar wie nie, diese Gelegenheit muss man unbedingt nutzen.

Jakub Samochowiec ist Senior Researcher am GDI und Co-Autor unserer Präventions-Studie.

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