LuzernScientology soll bei Standaktion Jugendschutz missachtet haben
Laut einer Scientology-kritischen Organisation hat ein Scientologe mit zwei Mädchen (15) einen «Stresstest» durchgeführt. Damit wurde eine Grenze überschritten, sagt das Bundesamt für Justiz.
Darum gehts
Die Freien Anti-SC Aktivisten (FASA) waren kürzlich an einer Standaktion von Scientology wieder aktiv, um die Leute über die Scientology aufzuklären. Die FASA engagiert sich seit 2019 gegen Scientology und ist gegenüber ihnen kritisch eingestellt. «Scientology kennt uns mittlerweile und es gibt auch schon Flyer, die vor uns warnen. So ging es auch nicht lange, bis ein Scientologe auf uns zukam und ein Gespräch weitab vom Stand unterbrochen hat», sagt Beat Künzi. Der FASA-Aktivist sagt weiter, dass die Scientologen zwei 15-jährige Mädchen angesprochen haben und sie einen «Stresstest» absolvieren liessen. Laut Künzi wurde den Mädchen danach gesagt, dass sie gestresst sind und Probleme hätten. Des Weiteren haben die Scientologen, so vermutet die FASA, noch gegen andere Standauflagen verstossen, unter anderem dass sie ihren Stand nicht klar mit «Scientology» angeschrieben haben.
Das sagen Experten dazu
«Jugendliche unter 16 Jahren sind noch religiös unmündig. Weil sich Scientology selbst als religiöse Gemeinschaft sieht, hätte der Scientologe am Stand deshalb die Eltern zuerst um Erlaubnis fragen müssen. Besonders wenn er beabsichtigte, mit den Mädchen einen Test durchzuführen», sagt Religions- und Sektenexperte Georg Schmid dazu.
Auf die Frage, ob sich der Scientologe am Stand gar strafbar gemacht hat, sagt Marc Schinzel, Zuständiger für religionsrechtliche Fragen beim Bundesamt für Justiz: «Man müsste abklären, wie intensiv die Anwerbung gegenüber den Jugendlichen stattfand, und die Sachverhalte genau prüfen. Dennoch wird mit dem Anbieten eines ‹Stresstests› eine Grenze überschritten. Ohne Einwilligung der Eltern geht das zu weit.» Vor allem, wenn Scientologen ihre Kurse an unter 16-Jährige vermitteln würden, wäre dies laut Schinzel ein zu starker Eingriff in die Rechte der Person. Denn damit wäre die psychische Unversehrtheit nicht mehr gewährleistet. «In extremen Fällen könnten Tests auch den Tatbestand der ‹einfachen Körperverletzung› erfüllen, da darunter auch äusserliche Eingriffe auf die Psyche fallen», so Schinzel.
Scientology weist die Vorwürfe zurück
Jürg Stettler, Präsident der Scientology-Kirche Zürich und Pressesprecher von Scientology, weist die Vorwürfe entschieden zurück: «Wir schreiben unsere Stände immer korrekt an. Zudem wissen die Leute mittlerweile, dass hinter ‹Dianetik› oder L. Ron Hubbard Scientology steht. Die FASA sind in unseren Augen ‹religiöse Rassisten›, weil sie uns schon seit Jahren nur diffamieren.» Bezüglich der Anschuldigung, dass Scientology bei Standaktionen auch Jugendliche ohne elterliche Erlaubnis anspricht und mit ihnen Tests durchführt, erwidert Stettler: «Die Jugendlichen sind sehr neugierig und interessieren sich für ihre Umwelt. Daher kommen sie von sich aus auf uns zu und wir werben sicherlich nicht Jugendliche aktiv an. Wenn jemand einen einfachen Stresstest, der vielleicht ein bis zwei Minuten dauert, bei uns machen möchte, darf er das.»
Weiter sagt Stettler, dass zu Standaktionen in Luzern nie Beschwerden eingegangen sind. «Unsere Erfahrung zeigt, dass die FASA den Behörden und den Medien falsche Informationen zukommen lässt – auch jetzt in diesem Fall. Denn unsere Mitglieder wissen, dass sie bei einer Standaktion die Auflagen zwingend einhalten müssen. Wir werden rechtliche Schritte gegen die FASA in Erwägung ziehen.» Stettler sagt auch, dass innerhalb von Scientology die strikte Regel gilt, dass Jugendliche unter 18 Jahren zwingend die Einwilligung der Eltern brauchen, wenn sie an Kursen von Scientology teilnehmen wollen.
Wirst du oder wird jemand, den du kennst, von einer Glaubensgemeinschaft unter Druck gesetzt?
Hier findest du Hilfe:
Infosekta, Fachstelle für Sektenfragen, Tel. 044 454 80 80
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147